Der zweite Brief an die Korinther 2:1-17
Studienanmerkungen
Verweis: Oder „Strafe“. Im ersten inspirierten Brief an die Korinther gab Paulus die Anweisung, einen Mann, der sexuell unmoralisch lebte und nicht bereute, aus der Versammlung zu entfernen (1Ko 5:1, 7, 11-13). Diese Erziehungsmaßnahme wirkte sich gut aus. Die Versammlung wurde vor dem schlechten Einfluss geschützt und der Sünder bereute aufrichtig. Weil er seiner Reue entsprechend handelte, schreibt Paulus den Brüdern jetzt: „Dieser Verweis vonseiten der Mehrheit genügt.“ Die Versammlung sollte den Mann wieder freundlich aufnehmen. Darin spiegelt sich Jehovas Persönlichkeit wider, der seine Diener „im richtigen Maß“ zurechtweist (Jer 30:11).
überwältigt: Wtl. „verschlungen“, „verschluckt“, „aufgefressen“. (Siehe Heb 11:29; 1Pe 5:8.) Zu der Formulierung „von übergroßer Traurigkeit überwältigt werden“ heißt es in einem Nachschlagewerk: „so von Trauer und Verzweiflung erfüllt sein, dass man aufgibt“.
ihm eure Liebe zu bestätigen: Das griechische Wort für „bestätigen“ stammt aus der Rechtssprache und bedeutet „bekräftigen“, „rechtskräftig machen“ (in Gal 3:15 ist es mit „rechtskräftig werden“ übersetzt). Die Brüder in Korinth mussten beweisen, dass ihre Liebe echt war. Sie sollten den reumütigen Sünder in Wort und Tat wieder herzlich willkommen heißen. Ihre Liebe zu ihm würde bestätigt bzw. „rechtskräftig“ werden, wenn sie es schafften, wieder ein gutes Verhältnis zu ihm aufzubauen. Sie sollten nicht einfach voraussetzen, dass er ihre Liebe von allein bemerken würde. Ihre Liebe musste deutlich sichtbar werden.
von Satan überlistet: Als Paulus den 1. Korintherbrief schrieb, hatte Satan die Korintherversammlung bereits überlistet. Sie war zu nachsichtig mit dem Sünder gewesen und hatte ihn sein unmoralisches Leben führen lassen ohne Rücksicht darauf, wie viel Schande das auf Jehovas Namen brachte. Dafür hatte Paulus sie zurechtgewiesen (1Ko 5:1-5). Doch inzwischen hatte der Mann bereut. Würde die Versammlung jetzt ins andere Extrem verfallen und ihm nicht vergeben, hätte Satan sie wieder überlistet. Durch Härte und Unbarmherzigkeit würde die Versammlung den Teufel nachahmen und den reumütigen Bruder mutlos machen.
wir kennen seine Absichten: Wtl. „wir kennen nicht nicht seine Gedanken“. Paulus gebraucht hier im Griechischen eine doppelte Verneinung. Dieses Stilmittel, Litotes genannt, verstärkt durch eine Untertreibung die eigentliche Aussage. (Ein weiteres Beispiel dafür ist in Apg 21:39 zu finden, wo Paulus von Tarsus als „einer nicht unbekannten Stadt“ spricht und damit sagen will, dass es eine bedeutende Stadt ist.) Daher wird die Formulierung im vorliegenden Vers in manchen Bibelübersetzungen auch mit „wir kennen seine Absichten nur zu gut“ oder „wir kennen seine Überlegungen ganz genau“ wiedergegeben.
Absichten: Oder „Anschläge“, „Pläne“. Das entsprechende griechische Wort nóēma ist von dem Wort nous abgeleitet, das „Sinn“, „Verstand“, „Denken“ bedeutet. Hier geht es um die hinterlistigen Pläne, die der Teufel schmiedet. Er setzt seine ganze Intelligenz dafür ein, Christen davon abzubringen, Gott zu dienen. In den Evangelien und auch in früheren Bibelberichten, wie dem Buch Hiob, werden seine durchtriebenen Strategien aufgedeckt (Hi 1:7-12; Mat 4:3-10; Luk 22:31; Joh 8:44). Später in diesem Brief schreibt Paulus, dass „die Schlange Eva durch ihre List verführte“, und: „Satan selbst gibt sich immer wieder als Engel des Lichts aus“ (2Ko 11:3, 14). Daher kann Paulus schreiben: „Wir kennen seine Absichten.“ Manche sehen in seiner Ausdrucksweise ein kleines Wortspiel, das man auch mit „unsere Gedanken erkennen seine Gedanken“ wiedergeben könnte.
verspürte ich keine Erleichterung, weil ich meinen Bruder Titus nicht fand: Paulus hatte den ersten Brief an die Korinther geschrieben, während er sich in Ephesus aufhielt. Darin wies er sie streng zurecht. Dann schickte er Titus wegen der Sammlung für die bedürftigen Brüder in Judäa nach Korinth (2Ko 8:1-6). Paulus hatte gehofft, Titus danach in Troas zu treffen – sicher um zu erfahren, wie die Korinther auf seinen strengen Brief reagiert hatten. Da es jedoch nicht zu dem Treffen kam, empfand Paulus „keine Erleichterung“. Dass er den Brüdern in Korinth so offen seine Gefühle mitteilt, zeigt, wie sehr sie ihm am Herzen lagen. Später „reiste [Paulus] nach Mazedonien ab“, wo er Titus traf. Zu seiner großen Erleichterung und Freude konnte Titus Gutes berichten: Die Versammlung hatte den Rat angenommen (2Ko 7:5-7; siehe Anm. zu 2Ko 7:5).
im Triumphzug mitführt: Das entsprechende griechische Wort thriambeuō kommt in der Bibel nur zwei Mal vor, in beiden Fällen im übertragenen Sinn (2Ko 2:14; Kol 2:15). Ein römischer Triumphzug war eine Militärparade zu Ehren eines siegreichen Generals und zum Dank an die Götter. Triumphzüge wurden in Gemälden, als Skulpturen und auf Münzen dargestellt. Auch in Theaterstücken und anderen literarischen Werken spielten sie eine Rolle. Der Titusbogen in Rom erinnert an den Triumphzug, der im Juni 71 u. Z. veranstaltet wurde. Auf einem Flachrelief sieht man, wie römische Soldaten Gegenstände aus dem zerstörten Tempel in Jerusalem tragen.
den Duft … verbreitet: Oder „den Duft … wahrnehmbar macht“. Dieses Bild kam Paulus wahrscheinlich in den Sinn, weil bei Triumphzügen am Straßenrand Weihrauch verbrannt wurde. Er vergleicht das Verbreiten der Erkenntnis über Gott mit dem Verbreiten eines angenehmen Geruchs.
ein lieblicher Duft von Christus: Im Griechischen steht hier für „lieblicher Duft“ das Wort euōdía. In Eph 5:2 und Php 4:18 kommt euōdía zusammen mit dem Wort osmḗ („Duft“, „Geruch“) vor. Diese Wortkombination wird ebenfalls mit „lieblicher Duft“ wiedergegeben. In der Septuaginta findet man sie oft als Übersetzung des hebräischen Ausdrucks für „angenehmer Geruch“, der im Zusammenhang mit den Opfern für Jehova erscheint (1Mo 8:21; 2Mo 29:18). In diesem und im vorhergehenden Vers spricht Paulus von Triumphzügen und gebraucht den Weihrauch, der dabei verbrannt wurde, als Vergleich. Er spricht von dem lieblichen Duft von Christus, der durch das Predigen verbreitet wird. Dieser „Duft“ löst unterschiedliche Reaktionen aus – die einen nehmen die christliche Botschaft an, die anderen lehnen sie ab.
Geruch: Oder „Duft“. Das entsprechende griechische Wort osmḗ kommt in diesem Vers zwei Mal vor – in dem Ausdruck „ein Geruch des Todes“ und in dem Ausdruck „ein Duft des Lebens“. Das Wort kann einen angenehmen Geruch meinen (Joh 12:3; 2Ko 2:14, 16; Eph 5:2; Php 4:18), aber auch einen unangenehmen. In der Septuaginta erscheint es in Jes 34:3, wo von „Leichengestank“ die Rede ist. Bei römischen Triumphzügen wurde Weihrauch verbrannt – für die mitgeführten Kriegsgefangenen „ein Geruch des Todes“, denn sie wurden nach dem Festzug hingerichtet. Auf diesen Brauch nimmt Paulus im vorliegenden Vers Bezug. Er verwendet den „Geruch“ bzw. „Duft“ als Bild für die Botschaft, die Jesu Nachfolger verbreiten. Es hängt von den Zuhörern ab, ob sie diese Botschaft als einen „Geruch des Todes“ oder als einen „Duft des Lebens“ wahrnehmen und entsprechend reagieren.
dafür: D. h. für den Dienst, um den es zuvor ging. Paulus fragt, wer tatsächlich die Erfordernisse erfüllt, ein wahrer Diener Gottes zu sein und den „Duft der Erkenntnis“ über Gott überall zu verbreiten.
Wir: Paulus beantwortet hier seine Frage aus dem vorhergehenden Vers. Wenn er sagt, dass er und seine Mitarbeiter für diesen Dienst befähigt sind, ist das nicht anmaßend. Mit der Formulierung „als von Gott gesandt sprechen wir“ macht er deutlich, wie sehr sie sich ihrer Abhängigkeit von Gott bewusst sind; ihre Befähigung kommt von ihm. Außerdem führen sie ihren Dienst in aller Aufrichtigkeit durch, also aus ehrlichen Beweggründen (2Ko 3:4-6).
wir hausieren nicht mit dem Wort Gottes: Oder „wir machen keine Geschäfte mit Gottes Botschaft“, „wir schlagen keinen Profit aus Gottes Botschaft“. Paulus, die anderen Apostel und ihre Mitarbeiter verkündeten Gottes Botschaft – im Gegensatz zu falschen Lehrern – aus edlen Beweggründen und unverfälscht. Das mit „hausieren“ übersetzte griechische Verb (kapēleuō) bezeichnete ursprünglich einen fahrenden Händler oder Weinverkäufer. Mit der Zeit beschrieb es jedoch jemanden, der betrügerisch oder habgierig handelt. Ein verwandtes griechisches Substantiv erscheint in der Septuaginta in der Formulierung „deine Händler vermischen den Wein mit Wasser“ (Jes 1:22). In der griechisch-römischen Welt war es zwar üblich, mit Wasser verdünnten Wein zu trinken, aber manche Händler, verdünnten den Wein besonders stark, um ihre Gewinnspanne zu erhöhen. Einige Textforscher vermuten, dass Paulus hier auf solche Weinpanscher anspielt. Das gleiche Sprachbild wurde in der griechischen Literatur auf umherreisende Philosophen angewendet, die gegen Geld lehrten. Paulus hatte mit den vielen anderen, die mit dem Wort Gottes „hausieren“, offensichtlich falsche Lehrer im Sinn. Sie verwässerten das Wort Gottes mit menschlichen Philosophien, Traditionen und religiösen Irrlehren. Dadurch zerstörten sie den Duft und Geschmack der Wahrheit und nahmen ihr die Kraft, das Herz zu erfreuen (Ps 104:15; siehe Anm. zu 2Ko 4:2).
Medien
Triumphzüge waren eine besondere Ehrung, die der Senat zur Zeit der römischen Republik siegreichen Generälen gewährte. Diese groß angelegten Prozessionen wurden von Musikern angeführt, gefolgt von Männern, die Opfertiere mitführten. Als Nächstes wurde die Kriegsbeute präsentiert. Dann folgten gefangen genommene Könige, Fürsten und Generäle sowie ihre Familien und anschließend weitere Gefangene in Ketten, hinter denen die Henker marschierten. Danach kam der prunkvoll geschmückte Kriegswagen mit dem General. Triumphzüge wurden in Gemälden, als Skulpturen und auf Münzen dargestellt. Auch in Theaterstücken und anderen literarischen Werken spielten sie eine Rolle. Der Apostel Paulus nutzt Triumphzüge zweimal als Vergleich (2Ko 2:14; Kol 2:15). Das griechische Verb thriambeuō („im Triumphzug mitführen“) kommt in der Bibel nur in diesen beiden Versen vor.
Auf dem linken Foto sieht man den sogenannten Titusbogen, einen Triumphbogen auf dem Forum Romanum in Rom. Er wurde zum Gedenken an den Sieg des römischen Feldherrn Titus über Jerusalem und Judäa (70 u. Z.) errichtet. Im Juni 71 feierten Titus und sein Vater, Kaiser Vespasian, diesen Sieg in Rom, der Hauptstadt des Römischen Reiches. Titus wurde als Nachfolger Vespasians im Jahr 79 römischer Kaiser. Zwei Jahre später verstarb er unerwartet. Ihm zu Ehren wurde kurz darauf der Titusbogen errichtet. Auf beiden Seiten des Bogendurchgangs wird in einem Flachrelief (ursprünglich mit leuchtenden Farben bemalt) der Triumphzug von Titus dargestellt. Auf der einen Seite des Durchgangs sind römische Soldaten zu sehen, die heilige Gegenstände aus dem Tempel in Jerusalem tragen (1). Unter den Beutestücken erkennt man deutlich den siebenarmigen Leuchter und den Schaubrottisch, auf dem die heiligen Trompeten liegen. Auf der anderen Seite sieht man den siegreichen Titus in einem Streitwagen stehen, der von vier Pferden gezogen wird (2). Die Reliefs verdeutlichen, was Paulus im Sinn hatte, als er in zwei seiner Briefe Triumphzüge als Veranschaulichung gebrauchte (2Ko 2:14; Kol 2:15). Den Lesern der Briefe von Paulus waren Triumphzüge – Großereignisse, die vom römischen Kaiser oder seiner Familie veranstaltet wurden – zweifellos ein Begriff. Der Titusbogen belegt die Erfüllung einer Prophezeiung Jesu. Er hatte vorausgesagt, dass Jerusalem erobert und die Bewohner als Gefangene verschleppt werden würden (Luk 21:24).