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Birma

Birma

Birma

Birma ist ein fruchtbares und malerisches Land. Es erstreckt sich über 2 000 Kilometer in Nord-Süd-Richtung — von den hohen Bergen Tibets bis zu den tropischen Wassern des Indischen Ozeans. Von Westen nach Osten erstreckt es sich 925 Kilometer, von der Grenze Bangladeschs bis zum Mekong, der Birma von Laos trennt.

Ein hufeisenförmig geschwungener Gebirgszug bildet eine natürliche Grenze nach Bangladesch und Indien im Nordwesten, nach Tibet im Norden, nach China im Nordosten und nach Laos und Thailand im Osten und Südosten. Insgesamt nimmt Birma 678 033 Quadratkilometer ein. Es ist somit fast so groß wie England und Frankreich zusammen.

Hier in Birma scheint der Ausspruch des Psalmisten besonders angebracht zu sein: „Wie viele sind deiner Werke, o Jehova! Sie alle hast du in Weisheit gemacht. Die Erde ist voll deiner Erzeugnisse“ (Ps. 104:24). Im äußersten Norden erhebt sich der 5 887 Meter hohe schneebedeckte Hkakabo Razi, Birmas höchster Berg. Drei Gebirge — die Arakan Yoma, die Pegu Yoma und das Schanhochland — trennen drei parallele Flußtäler voneinander, nämlich das des Irawadi, des Sittang und des Saluen.

GESCHICHTE UND RELIGIONEN

Die birmanischen Chroniken beginnen im Jahre 850 v. u. Z. mit der Gründung Tagaungs am Oberlauf des Irawadi, doch die Frühgeschichte Birmas ist dunkel. Die einheimischen Rassen des Landes sind mongolischer Herkunft, und zwar stammen sie von drei Hauptzweigen, den Tibeto-Birmanen, den Mon-Khmer und den Thai-Chinesen. Die Völkerwanderung der Birmanen in dieses sonnige, südliche Land folgte auf die einer früheren Gruppe, der Mon, die als erste den Weg ebneten, sich in der Nähe des Meeres ansiedelten und eine hohe Kultur entwickelten. Als letztes kamen im dreizehnten Jahrhundert die Thai aus Yunnan. Im neunten Jahrhundert u. Z. siedelten sich die eigentlichen Birmanen in der trockenen Region Zentralbirmas an, und dort findet man ihre alten Hauptstädte — Pagan, Ava, Amarapura und Mandalay.

Die Hügelgegenden Birmas mit ihrem schwierigen, unwegsamen Gelände haben die Hauptrassen in zahlreiche Stämme geteilt, die alle eine eigene Sprache sprechen. So kommt es, daß über 100 verschiedene Hügelvölker, die alle birmanischer Nationalität sind, in den Staaten Kachin, Kayah, Kawthule, Schan und Chin leben. Die übrigen wohnen in den dichtbesiedelten Bevölkerungszentren im Delta und in der Trockenzone.

Die eigentlichen Birmanen sowie die Mon und die Schan sind vorwiegend Buddhisten. Die meisten Chin, Kachin und Karen sind dagegen Namenchristen. Unter diesen Volksstämmen gibt es auch einige Animisten.

Zu Lande hat Birma keine guten Verkehrsverbindungen zu den Nachbarstaaten. Die Birmastraße im Osten, die Birma mit China verbindet, ist zum Reisen sehr schwierig und gefährlich. Die Tamustraße im Westen, die Indien mit Birma verbindet, ist eine weitere schwierige Strecke. Diese Straßen werden jetzt nur noch von Schmugglern benutzt. Birma ist somit vom Schiffs- und Luftverkehr abhängig.

DIE „GUTE BOTSCHAFT“ GELANGT NACH BIRMA

Die Botschaft von Gottes Königreich ist jedoch auf verschiedene Weise nach Birma gelangt. Sie ist inzwischen in alle Winkel und Ecken des Landes vorgedrungen.

Im Jahre 1914 wurde in Birma das Interesse an Gottes Königreich durch das Verkündigen der biblischen Wahrheit entfacht. In jenem Jahr kamen zwei Kolporteure, Hendry Carmichael und ein anderer Bruder, aus Madras (Indien) nach Birma. Sie gaben in der Hauptstadt Rangun einige Bücher und Traktate ab, die von C. T. Russell, dem ersten Präsidenten der Watch Tower Society, geschrieben waren. Von denen, die die Schriften entgegennahmen, bekundeten zwei Personen außergewöhnliches Interesse. Schon nach kurzer Zeit waren sie völlig in das Lesen der Wachtturm-Publikationen vertieft. Sie erkannten schnell die in offenen Worten dargelegte Wahrheit, und es dauerte nicht lange, bis sie ihre Verbindungen zur Christenheit abbrachen.

Damals wurden neuinteressierte Personen nicht geschult, Zeugnis zu geben. So waren die neuen Brüder, Bertram Oscar Marcelline und Vernon French, sich selbst überlassen. Sie gaben nur informell Zeugnis, wann immer sie Freunde und Bekannte trafen.

BEMÜHUNGEN, DIE NEUTRALITÄT ZU BEWAHREN

Anfang 1918 verlangte die britische Regierung in Birma von allen Personen, sich für den Militärdienst einschreiben zu lassen. Aus Gehorsam gegenüber dem Gesetz ließ Bruder Marcelline seinen Namen registrieren, erklärte jedoch, er sei ein Kriegsdienstverweigerer und könne nicht an Kämpfen teilnehmen. Das Ergebnis? Bruder Marcelline erzählt: „Ich wurde ins Hauptquartier mitgenommen, und später erlaubte man mir, zu meiner Arbeitsstelle zurückzukehren. Man forderte mich jedoch auf, vor ein Militärtribunal zu kommen, um dort Anweisungen zu erhalten. Das tat ich, doch das Tribunal sagte, ich sei kein ‚ordinierter Prediger‘ und könne daher nicht vom Militärdienst befreit werden. Man übergab meinen Fall dem Gericht zur Beurteilung. ... Vor dem Richter versuchte ich zu beweisen, daß ich als Christ neutral war und mich auf keine der beiden Seiten stellen konnte. Es war alles vergebens. Das Gericht erhielt die Entscheidung des Tribunals aufrecht, fügte aber hinzu, ich solle eine nichtmilitärische Arbeit erhalten. Darum schickte man mich zu meiner Arbeitsstelle zurück und sagte mir, ich solle weitere Anweisungen abwarten“ (Joh. 17:16).

Im März 1918, als Bruder Marcelline in Maymyo, einem Sommersitz der Regierung, war, verlangten die Militärbehörden von ihm, an einer militärischen Ausbildung teilzunehmen. Er sollte mit Waffen exerzieren. Er exerzierte, aber ohne Waffen. Da er sich ständig weigerte, mit Waffen zu exerzieren, wurde er festgenommen und mußte Zwangsarbeit verrichten, zum Beispiel mit anderen Häftlingen Steine brechen und Straßen bauen. Jeden Tag wurde Bruder Marcelline von zwei bewaffneten Wächtern zum Kriegsgericht geführt, doch jedes Mal wurde er in seine Zelle zurückgeschickt. Nach einem Monat ließ man ihn schließlich frei.

DAS ZEUGNIS WIRD AUSGEDEHNT

Zwischen den Jahren 1914 und 1927 wurde nur sehr wenig gepredigt, von gelegentlichem Zeugnisgeben abgesehen. Doch Bruder French, Bruder Clay, Bruder Wooten und Bruder F. Trutwein sowie einige Interessierte kamen in Bruder Marcellines Haus zusammen. Er erzählt uns: „Wir begannen die Zusammenkunft mit Gebet und lasen den Wacht-Turm und Verkünder der Gegenwart Christi, stellten Fragen und gaben Kommentare. Dann sangen wir eine Hymne und schlossen mit einem Gebet ab. Etwa 18 bis 20 Personen waren anwesend.“

Im Jahre 1926 richtete die Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania ein neues Zweigbüro in Bombay (Indien) ein. Es hatte die Aufsicht über das Königreichswerk in Indien, Afghanistan, Birma, Ceylon und Persien. Zuerst gab es zwischen dem Zweigbüro und der kleinen Schar der Diener Gottes in Rangun (Birma) nur Briefwechsel.

1928 jedoch schickte das Zweigbüro in Bombay George A. Wright nach Birma. Bis dahin war unser Werk nur auf Rangun beschränkt gewesen. Doch als Bruder Wright nach Birma kam, reiste er etwa fünf Monate lang durch das ganze Land und verbreitete die Bücher der Gesellschaft Die Harfe Gottes und Befreiung sowie Bände der Schriftstudien. Zweifellos wurde auf diese Weise der Same der Wahrheit ausgestreut. Auch wurde mit denen, die bereits früher Interesse gezeigt hatten, Kontakt hergestellt. Somit war es erst 1928 möglich, ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, das Zeugniswerk in Birma auszudehnen.

EIFRIGE KOLPORTEURE HELFEN

Im Jahre 1930 schickte das Zweigbüro in Bombay zwei eifrige Kolporteure nach Birma, Claude Goodman und Ronald Tippin, die vorher auf Ceylon gedient hatten. Über ihre Reise von Ceylon nach Birma und ihre Tätigkeit dort erzählt Bruder Goodman:

„In diesen Gewässern ist es üblich, daß die Einheimischen auf dem Deck reisen. Das heißt, man muß seine Bettrolle mitnehmen und sie auf einem zugewiesenen Teil des Decks ausbreiten, und das ist dann die ,Kabine‘, die man für die Dauer seiner Reise hat. Ron und ich buchten eine Deckpassage bei einer der exklusiveren Schiffahrtslinien zwischen England und Birma ... Ich erinnere mich noch gut, wie ich auf einer halbzölligen Matratze lag und mit dem Stampfen des Schiffes auf und ab rutschte, bis sich die Berührungsstellen wie rohes Fleisch anfühlten. Ich erinnere mich auch noch an den englischen Offizier, der uns spöttisch vorwarf, dem Ansehen Englands zu schaden, weil wir mit den Einheimischen zusammen auf dem Deck reisten. Das rührte uns jedoch nicht, und schließlich erreichten wir Rangun.

Man hatte uns die Adresse von einem Bruder Marcelline gegeben. Er und Bruder French, Bruder Clay, Bruder Trutwein und Bruder Wooten waren damals die einzigen Interessierten in Birma. Man schrieb nun den Juni des Jahres 1930. Wie auf Ceylon gab es auch hier kein organisiertes Zeugniswerk. Wir ermunterten die Brüder, uns Sonntag morgens zu begleiten, und allmählich gingen sie darauf ein. Ich erinnere mich noch, wie einer der Brüder fragte, ob er nicht durch einen Stellvertreter Zeugnis geben und dafür uns Pioniere finanziell unterstützen könne. Ron antwortete darauf: ,Selbstverständlich, wenn du auch durch einen Stellvertreter in die neue Welt eingehen möchtest.‘

Ron und ich gingen ähnlich vor wie auf Ceylon, indem wir Orte außerhalb Ranguns besuchten. Und so kamen wir nach Pegu, Toungoo, Pyinmana, Mandalay, Maymyo, Hsipaw, Lashio, Shwebo, Mogok, Bhamo, Myitkyina, Magwe, Bassein, Moulmein, Akyab und in andere Orte.“

SIE FANDEN DIE WAHRHEIT

Ein Erlebnis ist hier von Interesse. Bruder Tippin traf in Kemmendine (Rangun) beim Zeugnisgeben von Tür zu Tür Mr. Sydney Coote, einen Stationsvorsteher, und gab bei ihm einen Satz von 10 Büchern ab. Mr. Cootes älteste Tochter erzählt darüber:

„Noch am gleichen Abend las mein Vater Teile des Buches Die Harfe Gottes, und in derselben Nacht sagte er meiner Mutter, dies sei die Wahrheit. Innerhalb von ein paar Tagen erkannte er, daß er das gefunden hatte, wonach er schon sein ganzes Leben gesucht hatte. Er erinnerte sich, daß er als 14jähriger Bursche seinen Pastor gebeten hatte, ihm die Dreieinigkeit zu erklären. Doch dieser antwortete meinem Vater nur: ,Geh, Sonny. Du bist noch zu jung, um dir über so etwas den Kopf zu zerbrechen.‘ Mein Vater ging natürlich, aber er zerbrach sich immer noch den Kopf über die Dreieinigkeitslehre. Als er die Wachtturm-Publikationen las, wurde sein Problem schließlich gelöst. Schon nach kurzer Zeit brach er alle Verbindungen zu seiner Kirche ab, und er hatte deswegen auch keinerlei Schwierigkeiten, denn man war wahrscheinlich froh, jemanden loszuwerden, der immer biblische Fragen stellte, die man nicht beantworten konnte oder wollte. Meine Mutter brauchte nicht lange, um den Klang der Wahrheit zu erkennen. Ich bin Jehova Gott sehr dankbar, daß mein Vater und meine Mutter Zeugen Jehovas wurden und ihre vier Kinder dazu erzogen, Gott zu lieben und ihm zu dienen.“

Damals gab es kein Buch wie „Vergewissert euch aller Dinge; haltet an dem fest, was vortrefflich ist“. Aber Bruder Coote fertigte selbst ein Buch dieser Art an. Er nannte es: „Wo steht’s?“ Darin waren alle Lehren aufgeführt, und immer, wenn er auf einen Schrifttext stieß, den er für nützlich hielt, trug er ihn unter der entsprechenden Überschrift in sein Buch ein.

Als nächstes schrieb Bruder Coote an das Zweigbüro der Gesellschaft in Indien und fragte, ob es noch andere Zeugen in Birma gebe. Man schickte ihm eine Liste mit einigen Namen und Adressen. Sogleich schrieb er an alle und lud sie ein, zu ihm zu kommen und einen Tag mit ihm zu verbringen, da er sehr darauf bedacht war, zu erfahren, wie das Predigtwerk durchgeführt werden sollte. Fünf oder sechs Brüder besuchten ihn, und sie hatten eine kleine Zusammenkunft. Zwar wurde in Birma nicht von Tür zu Tür Zeugnis gegeben, doch schrieb Bruder Coote an alle seine Verwandten und sandte ihnen unsere Schriften.

Als Bruder Cootes katholische Schwester, Mrs. Daisy D’Souza, von ihm die Broschüre Das Königreich — die Hoffnung der Welt erhielt, „verschlang“ sie ihren Inhalt begierig. Sie schrieb ihrem Bruder, er möge weitere Bücher und eine Bibel schicken. Schon bald traf ein großes Paket mit Literatur ein. Sie las ein Buch nach dem anderen von Anfang bis Ende, bis in die frühen Morgenstunden. Das war es! Sie hatte die Wahrheit gefunden! Mrs. D’Souza ging gleich von sich aus von Haus zu Haus. Sie schickte auch ihre Kinder mit Broschüren zu all ihren Nachbarn. Das blieb ihrem Mann natürlich nicht verborgen. Er war zunächst sehr gegnerisch eingestellt, doch dann dachte er: „Wie kommt es nur, daß sie bis 2 Uhr nachts diese Bücher liest? Da muß doch irgend etwas dahinterstecken.“ Er war für den Erfrischungsraum des Bahnhofs verantwortlich und hatte gewöhnlich um 23.30 Uhr Arbeitsschluß. Eines Nachts sagte er zu seiner Frau: „Was du da liest, muß ja sehr interessant sein, wenn du deswegen so lange wach bleibst. Lies mir doch mal etwas vor!“ Schwester D’Souza ließ sich das nicht zweimal sagen. Danach las sie ihm jede Nacht vor. Bald traten beide aus der katholischen Kirche aus.

Nach einiger Zeit kam der Gemeindepriester zu Besuch und versuchte, sie zu bewegen, zur Kirche zurückzukehren. Doch Schwester D’Souza konnte inzwischen das „Schwert des Geistes“ schon gut handhaben (Eph. 6:17). Mit Hilfe der katholischen Bibel bewies sie ihm daher, daß die Lehren der katholischen Kirche falsch sind. Der Priester sagte darauf: „Ich weiß, daß es keine Hölle und kein Fegefeuer gibt. Aber wie soll ich denn die Leute bewegen, zur Kirche zu gehen, wenn ich ihnen nicht diese Lehren beibringe?“

„Wenn Sie ein ehrlicher Mensch und ein Christ sind, werden Sie den Leuten die Wahrheit über Gott sagen und ihn nicht als einen Unhold darstellen“, erwiderte Schwester D’Souza. Darauf stand der Geistliche nervös auf und stapfte hinaus. Beim Hinausgehen sagte er: „Ich lehre diese Dinge schon seit vielen Jahren. Erwarten Sie etwa, daß ich den Leuten jetzt etwas anderes erzähle?“

„Wenn Sie ein wahrer Christ wären, würden Sie dies bestimmt tun“, gab Schwester D’Souza zurück. Schließlich warnte er sie, sie solle seine Herde in Ruhe lassen.

An einem Sonntagmorgen sammelte dieser Priester alle Wachtturm-Publikationen ein, die er von seiner Herde bekommen konnte, und verbrannte sie vor der Kirche zusammen mit einigen Büchern, die er von Bruder D’Souza geliehen hatte. Doch das entmutigte die D’Souzas nicht; sie verkündigten weiter das Wort Gottes.

MIT DER KÖNIGREICHSBOTSCHAFT DURCH BIRMA

Unterdessen setzten Bruder Goodman und Bruder Tippin ihre Reise durch Birma fort, verbreiteten Schriften und verkündigten die gute Botschaft von Gottes Königreich. Hören wir Bruder Goodman zu, während er eines seiner Reiseerlebnisse erzählt:

„Wir erfahren, daß ein Wacht-Turm-Abonnent in die Gegend der Silber- und Bleiminen von Namtu (in den nördlichen Schanstaaten) gezogen war. Man konnte nur mit der Eisenbahn der Bergwerksgesellschaft von einer nahe gelegenen Stadt aus dorthin gelangen. Ich bat schriftlich um die Erlaubnis, diese Eisenbahnlinie zu benutzen, wurde aber abgewiesen. Man teilte mir mit, wir seien dort nicht erwünscht. In jenen Tagen ließen wir jedoch so leicht kein Nein gelten. Als ich daher nach Lashio kam, stellte ich Erkundigungen an und fand heraus, daß ein Dschungelpfad von Lashio nach Namtu führte und daß ein Taxifahrer bereit war, mich dorthin zu bringen. Und so lud ich am nächsten Tag meine vielen Bücherkartons in sein Auto, und wir fuhren ab.

Namtu war ein in den Bergen versteckt liegender Ort mit Verhüttungsanlagen, wohin das Erz aus dem einige Kilometer entfernten Förderschacht gebracht wurde. Ich fand im regierungseigenen Rasthaus Unterkunft und arbeitete von dort aus die Stadt durch. Ich konnte viele Schriften abgeben. Schließlich hatte ich die Stadt bearbeitet, hatte aber immer noch keinen Kontakt mit dem Abonnenten, der in Bawdwin wohnte, in der Nähe des Förderschachtes. Auch gab es keine andere Möglichkeit, dorthin zu gelangen, als mit der Firmenbahn. Daher beschloß ich, meinen Fall dem leitenden Direktor selbst vorzutragen, nachdem ich ihm Zeugnis gegeben hatte.

Offensichtlich wußte er nichts davon, daß man mir den Zutritt verweigert hatte. Der Mann war ein stämmiger Australier, und als ich ihm offen meine Geschichte erzählt hatte (ich sehe heute noch das Zwinkern, das er in seinen Augen hatte, als ich ihm erzählte, ich sei über den Dschungelpfad gekommen), ließ er sofort seine Gäste allein und brachte mich in seinem Wagen zum Verwaltungsgebäude. Dort stellte er mich seinem Privatsekretär vor, einem Katholiken, der dafür verantwortlich war, daß mir der Zutritt verwehrt worden war. Ich sehe heute noch, wie ihm der Mund offenblieb, als er meinen Namen hörte. Der Direktor gab ihm die Anweisung: ,Ich möchte, daß Sie Mr. Goodman als Gast der Gesellschaft behandeln. Er kann überallhin gehen, wo er möchte. Stellen Sie ihm einen Sonderzug zur Verfügung, und sorgen Sie dafür, daß er Unterkunft und Verpflegung hat, solange er sich auf dem Gelände der Gesellschaft befindet.‘ Nun wurde ich mit ,Sir‘ angeredet und gefragt, wann ich meinen Sonderzug haben und wie lange ich an jedem Ort bleiben wolle — und all das von dem Mann, der hatte verhindern wollen, daß ich den dort ansässigen Bewohnern die gute Botschaft verkündigte.“

Bis Januar 1931 hatten die Brüder Birma in einem gewissen Maße bearbeitet und waren nun bereit, nach Singapur weiterzureisen. Ronald Tippin ging voraus, und Claude Goodman nahm einen Küstendampfer, um auf seinem Weg nach Süden noch in Tavoy und Mergui arbeiten zu können.

ANDERE MACHEN WEITER

Die Vorarbeit, die George Wright, Claude Goodman und Ronald Tippin geleistet hatten, wurde von Ewart Francis fortgesetzt, der 1933 aus Indien kam. Bis dahin war unser Werk in Rangun, Martaban und Mandalay schon recht gut organisiert. Bruder Francis wurde jedoch nach Indien zurückgerufen und im Jahre 1934 durch Randall Hopley und Clarence Taylor ersetzt. Bruder Hopley besaß damals Bruder J. F. Rutherfords Schallplattenvorträge. Diese wurden ein paar Wochen lang sogar über den örtlichen Rundfunksender abgespielt. Um den Bedarf an birmanischen Schriften zu decken, wurden 1934 die Broschüren Das Königreich — die Hoffnung der Welt und Zuflucht zum Königreich übersetzt und gedruckt. Andere Publikationen in Birmanisch und Karen sollten folgen.

Bruder Hopley konzentrierte sich zunächst auf Rangun. Während er dort im Straßendienst tätig war, nahm ein junger Grieche, der in einem Restaurant arbeitete, einige Schriften an. Dieser Mann erfaßte die biblische Wahrheit schnell und wollte mehr wissen. Er schrieb daher an das Zweigbüro der Gesellschaft in Bombay und bestellte einige Bücher. Gleichzeitig bemerkte er in seinem Brief: „Warum schicken Sie niemanden, um diese gute Botschaft den Menschen hier zu predigen? Soweit mir bekannt ist, bin ich hier der einzige, der etwas darüber weiß.“ Sogleich schrieb das Zweigbüro an die Versammlung Rangun und bat darum, daß jemand ihn besuchen möge. Durch die Gemeinschaft mit den Brüdern wurde dieser Grieche, Basil Tsatos, ein treuer Christ. Nach einiger Zeit diente er als Versammlungsdiener (vorsitzführender Aufseher) der Versammlung Rangun.

In den Jahren 1935 und 1936 konzentrierten sich die Brüder auf die Karen, die Anglo-Birmanen und die Anglo-Inder, denn sie schienen für die Botschaft von Gottes Königreich empfänglicher zu sein. Es sollte erwähnt werden, daß die meisten Karen Angehörige der Sekten der Christenheit sind. Während Clarence Taylor in Pyinmana arbeitete, konzentrierte sich Randall Hopley auf Mandalay und andere Städte im Norden. In dieser Zeit drang die Botschaft nach Nordbirma vor.

Birma war damals übrigens eine Provinz, die der indischen Regierung unterstand; es wurde nicht als eigenes Land angesehen. Bis zum Jahre 1937 waren daher sämtliche Predigtdienstberichte in dem Bericht von Indien enthalten, und es gibt keine Aufzeichnungen darüber, wie viele birmanische Zeugen in jenen Jahren berichteten.

EIN ANDERES ZWEIGBÜRO ÜBERNIMMT DIE AUFSICHT

Im Jahre 1938 wurde die Aufsicht über die Königreichspredigttätigkeit in Birma einem anderen Zweigbüro übertragen. Bis zum Anfang jenes Jahres beaufsichtigte das Zweigbüro der Watch Tower Society in Indien das Werk in Birma. Dann erhielt das australische Zweigbüro diese Verantwortung. Im Jahre 1938 kehrten daher die Pioniere aus Indien in jenes Land zurück, und Pioniere aus Australien sorgten dafür, daß der ausgesäte Same ‘bewässert’ wurde. Während diese Brüder und die Königreichsverkündiger in Birma treu ihr Teil taten, gab Gott das Wachstum (1. Kor. 3:6).

Kurze Zeit nahm sich Bruder S. Keltie der Königreichstätigkeit in Birma an. Doch er mußte nach Australien zurückkehren. Von März bis Juli 1938 kümmerte sich daher Frank Dewar um das Werk hier.

NEUE PIONIERE TREFFEN EIN

Als das Dienstjahr 1938 endete, berichteten in den drei Versammlungen in Birma 25 Versammlungsverkündiger. Inzwischen waren Hector Oates und Fred Paton aus Australien in Rangun eingetroffen, um sich des Werkes anzunehmen.

Die Innenstadt von Rangun ist fein säuberlich in Parallelstraßen und rechteckige Häuserblocks aufgeteilt. Die Haupt- und Nebenstraßen und sogar die Hintergassen sind alle systematisch benannt und numeriert. Am östlichen Stadtrand befindet sich ein großer Komplex mit Regierungsgebäuden, der als das „Sekretariat“ bekannt ist. Die Straßen dort sind sauber gepflastert und von gutgepflegten Bäumen gesäumt. In Rangun gibt es lange Reihen gleich aussehender vierstöckiger Mietshäuser, die sich ohne Zwischenräume von einer Straße zur anderen erstrecken. In den 1930er Jahren gehörten zu den Verkehrsmitteln in Rangun Straßenbahnen, Busse, Rikschas und Pferdekutschen.

Um die Ankunft von Fred und Hector vorzubereiten, hatte Frank Dewar in einem Haus in der Dalhousie Street in Rangun gegenüber dem Sekretariat eine Wohnung im Obergeschoß gemietet. Die neuen Pioniere hatten ein Grammophon, Musikschallplatten und Schallplatten mit Vorträgen von J. F. Rutherford, dem damaligen Präsidenten der Watch Tower Society, mitgebracht. Sobald sie eingezogen waren, stellten sie das Grammophon auf ihrem kleinen Balkon auf, den Lautsprecher auf das Sekretariat gerichtet. Sie legten zuerst eine Musikschallplatte auf, und schon nach wenigen Sekunden erschienen Köpfe in den vielen Fenstern jedes Stockwerks. Dann legte Fred Paton eine der kurzen Reden von Bruder Rutherford auf. Sie enthielt einige offene, harte Tatsachen über das gegenwärtige alte System sowie Aufschluß über das neue, von Gott verheißene System. Eine ganze Reihe Angestellter im Sekretariat waren Baptisten. Viele andere waren katholisch, und die große St.-Mary’s-Kathedrale lag am anderen Ende des Sekretariats. Man kann sich daher vorstellen, wie aufrüttelnd die Botschaft war.

Schließlich verließ Frank Dewar Birma und reiste nach Singapur. Er erzählt: „Am 14. Juli 1938 wurde mein Paß in Rangun erneuert, und bald danach sagte ich Fred und Hector auf Wiedersehen und fuhr mit der Eisenbahn und dem Bus die Küste Birmas entlang. Zwischen Tavoy und Mergui benutzte ich sieben Fähren. Ich bearbeitete diese Städte sowie die kleineren Orte mit der Königreichsbotschaft. Von Mergui aus fuhr ich auf dem Deck eines Dampfers bei Nacht nach Victoria Point (heute Kawthaung), dem kleinen britischen Posten an der äußersten Südspitze Birmas. Nach einer Nacht im Dak-Bungalow (ein hübsches kleines Wohnhaus, das es in den meisten Städten des alten indischen Reiches gab und das reisenden Beamten als Unterkunft diente) gab ich einem Sampanschiffer eine Rupie und bat ihn, mich und mein Gepäck über die Mündung des Pakchan zur Hafeneinfahrt von Pinang zu fahren.“

AUSBREITUNG DER „GUTEN BOTSCHAFT“

Unterdessen drang die Königreichsbotschaft nicht nur in viele Städte Birmas vor, sondern auch in die Herzen schafähnlicher Menschen. Zum Beispiel nahmen damals Ruby Goff und ihre Kinder die Wahrheit an. Schwester Goff gab sich nicht mit einem Minimum an Dienst zufrieden. Sie nahm daher mit ihrem Sohn Desmond den Pionierdienst auf. Sie waren die ersten einheimischen Pioniere.

Mit dem Auto der Gesellschaft und dem großen Lautsprecherwagen gaben die Pioniere in Pegu, Nyaunglebin, Toungoo, Letpadan, Tharrawaddy, Prome und anderen Orten Zeugnis. Sie parkten ihr Auto jeweils in der Marktgegend, spielten kurze Zeit Musik und legten dann einen von Bruder Rutherfords Vorträgen auf. Hunderte von Menschen auf dem Markt hörten die Botschaft. Die meisten ignorierten sie natürlich, doch fast in jedem Fall kamen einige und baten um Literatur.

Schwester Goff arbeitete in Insein, sechzehn Kilometer von Rangun entfernt. In Insein leben sehr viele baptistische Karen (die dort bis heute ein theologisches Seminar haben), und diese wollten mit der Botschaft, die Schwester Goff für sie hatte, nichts zu tun haben. Eines Abends, nachdem sie den ganzen Tag lang abgewiesen worden war, betete sie still: „Jehova, laß mich bitte nur ein einziges Schaf finden, bevor ich nach Hause gehen muß.“ Schon im nächsten Haus fand Schwester Goff eine demütige Dame, Daw Hmwe Kyaing, eine Baptistin vom Volk der Karen. Sie nahm von Schwester Goff eine Bibel und bat sie, am Samstagnachmittag wiederzukommen, wenn ihre Kinder zu Hause wären. An diesem Abend erzählte die Frau ihren beiden Töchtern, sie glaube, Schwester Ruby Goff sei ein bißchen verrückt, weil sie fortwährend alle anderen Religionen verurteilt habe.

Schwester Goff machte den Rückbesuch und begann ein Bibelstudium mit Daw Hmwe Kyaing und ihren Töchtern, Ma Chu May (jetzt Daisy Ba Aye) und Ma Hnin May (jetzt Lily Dewar). Alle drei erkannten sogleich, daß diese Botschaft die Wahrheit war. Später waren die Töchter eine große Hilfe bei unserer Übersetzungsarbeit. Ma Hnin May schloß sich Schwester Goff im Haus-zu-Haus-Dienst an und war somit der erste Zeuge aus dem Volk der Karen.

Als Schwester Goff eines Tages am Bahnhof von Thamaing Zeugnis gab, sprach sie einen jungen Mann an. Er hatte den größten Teil seines Lebens als Tippelbruder verbracht, war illegal in andere Länder gegangen, hatte Juwelen gestohlen, sich Zirkussen angeschlossen, an Boxkämpfen teilgenommen usw., ohne dem Leben irgendeine Befriedigung abgewonnen zu haben. Da er die Literatur nicht bezahlen konnte, schenkte ihm die Schwester freundlicherweise eine Broschüre und gab ihm die Adresse des örtlichen Königreichssaals. Das war der Wendepunkt in seinem Leben. Während einer Bahnfahrt las er die Broschüre, und als er in Rangun eintraf, war er zu dem Schluß gekommen, daß dies die Wahrheit sei.

Gleich am nächsten Tag ging dieser junge Mann, Cyril Gay, zu den Zeugen und stellte ihnen viele Fragen. Bruder Hector Oates spielte ihm als Antwort auf seine Fragen auf Schallplatten aufgenommene Predigten vor. Von dieser Zeit an war dieser ehemalige Vagabund ein anderer Mensch, und bald schloß er sich den Reihen der Pioniere an.

Die Pioniere breiteten die „gute Botschaft“ immer weiter in die Außenbezirke aus. Einmal fuhren sie mit ihrem Lautsprecherwagen eilig nach Henzada, um den Delegierten einer Baptistentagung Zeugnis zu geben. Die Baptisten wollten aber die Botschaft nicht hören. Mit Hilfe eines Polizeibeamten gelang es ihnen, die Brüder zu vertreiben. Die Pioniere fuhren jedoch zum Marktplatz und spielten dort die Schallplatten mit den Vorträgen J. F. Rutherfords ab. Außerdem verbreiteten sie viele Schriften. Konnten sie dadurch etwas bewirken?

Einige Zeit später ging eine Gruppe von Zeugen in diese Gegend. Während sie dort Zeugnis gaben, sprachen sie bei einem Karen vor, der die Literatur ablehnte. Er sagte, er brauche unsere Schriften nicht, da er selbst ein biblisches Handbuch habe, das er und seine Familie bei ihren Gebeten benutzten. Als die Brüder ihn baten, es ihnen zu zeigen, brachte er eines der Bücher der Watch Tower Society.

In einem anderen Fall fuhr ein Mann aus Henzada nach Rangun, um nach den Zeugen zu suchen. Er fand sie, während sie auf der Straße Passanten unsere Zeitschriften anboten. Wie hatte er von Jehovas Zeugen erfahren, und warum suchte er nach ihnen?

Als die Pioniere in Henzada waren, hatte ein Katholik vom Volk der Karen einige Bücher entgegengenommen und war dann in sein Dorf, Thinganain, zurückgekehrt, das etwa 20 Kilometer von Henzada entfernt ist. Dort las er die Bücher und nahm ihre Botschaft schnell als die Wahrheit an. So begann er, die „gute Botschaft“ in seinem Dorf zu verbreiten. Doch bevor er mit den Brüdern Verbindung aufnehmen konnte, brach der Zweite Weltkrieg aus, und so führte er Zusammenkünfte mit Hilfe der Schriften durch, die er hatte, und leitete sie auf seine eigene Weise. Gewöhnlich versammelte er sonntags seine Angehörigen und las ihnen aus den Schriften der Gesellschaft vor, die er in ihre Sprache, Karen, übersetzt hatte. Bald nahmen zwölf seiner Verwandten die Wahrheit an und trennten sich von der katholischen Kirche. Der Ortspriester versuchte, diese Personen wieder in seine „Hürde“ zu bringen, aber sie traten fest für die Wahrheit ein. Nach dem Krieg hörte dieser Mann, daß es in Rangun einige Zeugen gab. Er schickte daher einen Mann mit einem Brief dorthin, um mit ihnen Verbindung aufzunehmen, obwohl er ihre Adresse nicht kannte. Doch während sich der Mann in Rangun nach den Zeugen erkundigte, traf er sie zufällig auf der Straße.

Somit war die Zeugnistätigkeit, die die Brüder mit dem Lautsprecherwagen und den Schallplattenvorträgen Bruder Rutherfords auf Marktplätzen durchführten, sehr erfolgreich. Interessierte Personen nahmen aufgrund dessen Schriften entgegen, und einige nahmen das wahre Christentum an.

DER ERSTE KONGRESS IN BIRMA

Die birmanischen Zeugen waren begeistert, als sie 1938 erfuhren, daß vom 26. bis 28. November in Rangun ein Kongreß stattfinden sollte und daß der Zweigaufseher von Australien, Bruder Alex MacGillivray, anwesend sein werde. Die Pioniere aus Singapur, Malaya und Siam (jetzt Thailand) wurden zu dem Kongreß eingeladen, der in der Stadthalle, einem palastähnlichen Gebäude mit großen Bronzetüren, stattfinden sollte.

Es war wie ein kleiner internationaler Kongreß. Delegierte kamen auch aus Australien und Thailand. Unter den Anwesenden befanden sich Bruder J. E. Sewell und Bruder F. Dewar aus Thailand. Ihre Reise nach Rangun war nicht leicht gewesen. Von Bangkok aus waren sie mit dem Zug und mit dem Autobus nach Rahaeng gefahren. Über den restlichen Teil der Reise erzählt Bruder Sewell:

„Wir blieben über Nacht [in Rahaeng] und überquerten am nächsten Morgen bei Tagesanbruch den Meping in einem großen Einbaum. Dann begannen wir unseren langen, abenteuerlichen Fußmarsch von 80 Kilometern über die Berge in einem unberührten tropischen Dschungel. Eine Telefonleitung lief durch dieses Gebiet, und wir folgten ihr. (Sie verband Siam mit Birma.) Es war ein gefährlicher Weg — wir könnten ihn keinem empfehlen.

Wir fürchteten uns vor den wilden Tieren des Dschungels. Man hatte uns erzählt, daß es in dieser Gegend Tiger gebe. Wir sahen viele Affen, aber keine Tiger, Elefanten oder Schwarzbären. Einige schöne Zwerghühner leben wild in dieser Gegend, und sie flogen manchmal über unseren Pfad. Nachdem wir den ersten Tag gewandert waren, fühlten wir uns sehr müde. Doch wir fanden zwei Träger. Diese Männer waren in Wirklichkeit Schmuggler, die Waren von einem Land ins andere brachten. Wir konnten voraussehen, daß wir Schwierigkeiten haben würden, wenn wir diese weite Strecke wandern wollten, ohne zu wissen, wo wir nachts schlafen oder wie wir uns schützen sollten. So fragten wir diese beiden Schmuggler, die mit leeren Körben (einen an jedem Ende einer Stange) aus Birma zurückkehrten, ob sie uns helfen würden. Für ein geringes Entgelt erklärten sie sich bereit. Wir legten unsere Sachen in ihre Körbe und folgten ihnen. Nachdem wir eine Nacht auf einem Hochstand in einem Baum und in der darauffolgenden Nacht in einem kleinen Dorf geschlafen hatten, erreichten wir schließlich Mae Sot, einen Ort an der siamesischen Grenze. Dort überquerten wir einen Fluß und konnten dann die Reise mit einem kleinen Bus etwa 80 Kilometer weit fortsetzen. Der Weg führte durch eine sehr bergige und felsige Gegend. Diesmal übernachteten wir in einem Karendorf, wo uns ein freundlicher Mann in sein Haus einlud und uns einen Platz zum Schlafen anbot. Schließlich fuhren wir mit dem Bus 30 Kilometer weiter und nahmen dann einen kleinen Flußdampfer, der uns die etwa 60 Kilometer von Pa-an nach Moulmein brachte. Dort überquerten wir die Mündung des Saluen und gelangten nach Martaban, der Endstelle der Eisenbahnlinie. Darauf fuhren wir mit der Eisenbahn nach Rangun. Für die ganze Reise brauchten wir eine Woche, doch dann hatten wir einen wunderbaren Kongreß in der Stadthalle von Rangun.“

Viele Brüder und Interessierte aus Mandalay, Martaban, Insein und anderen Orten besuchten den Kongreß ebenfalls. Der öffentliche Vortrag war gut angekündigt worden, und die Halle war zum Bersten gefüllt. Sie hatte 850 Sitzplätze, und 1 000 Personen waren anwesend. Die Ordner versuchten, die großen Tore zu schließen, um die nachdrängenden Menschenmengen fernzuhalten. Dies gelang ihnen jedoch erst nach dem dritten Versuch. Einige findige junge Männer kamen aber durch die kleineren Seitentüren herein. Draußen standen vielleicht 1 000 Personen und konnten nicht hereinkommen. Das Thema des Vortrags und die gründliche Bekanntmachung sind wahrscheinlich der Grund für die Rekordbesucherzahl gewesen. Bruder MacGillivray, der Zweigaufseher aus Strathfield (Australien), hielt den Vortrag mit dem Thema „Universeller Krieg nahe“. Was auch immer der Grund für den Erfolg des Kongresses gewesen sein mag — er war gewiß ein Höhepunkt in der Geschichte des Volkes Jehovas in Birma.

HINDERNISSE ÜBERWUNDEN

Gegen Ende 1939 schickte das Zweigbüro der Gesellschaft in Strathfield einen weiteren Pionier, Mick Engel, der sich des Literaturlagers in Birma annehmen sollte. Inzwischen war die Zahl der Pioniere in Birma gestiegen, und Ma Hnin May (Lily) war eine von ihnen. Vier einheimische Pioniere verkündigten das Wort Gottes Schulter an Schulter mit den australischen Pionieren. Am Ende des Dienstjahres 1939 berichteten in den drei Versammlungen Birmas 28 Zeugen über ihren Predigtdienst.

Als die Königreichsverkündigung an Schwung gewann, begann auch die Verfolgung. Gegen Ende 1940 drängten die anglikanischen, methodistischen, katholischen und baptistischen Geistlichen in Birma die britische Verwaltung, unsere Literatur zu verbieten. Doch schon bevor die Regierungsbehörden in Rangun die Anordnung herausgaben, erfuhren die Brüder davon. Wie?

Zwei unserer Brüder, die im Telegrafenamt arbeiteten, hatten ein Telegramm gesehen, das den Befehl enthielt, unsere gesamte Literatur in Birma zu verbieten und zu beschlagnahmen. Sie setzten unverzüglich Bruder Mick Engel davon in Kenntnis, und dieser sorgte dafür, daß der größte Teil unserer Literatur an verschiedenen Orten versteckt wurde, unter anderem in den Häusern freundlicher Karen in Thamaing und anderen Vororten.

Damals wurde eine gewaltige Menge Kriegsmaterial aus den Vereinigten Staaten an die nationalchinesische Regierung unter Chiang Kai-shek geschickt, um ihn in seinem Krieg gegen die Japaner zu unterstützen. Diese Vorräte wurden alle nach Lashio im Norden Birmas geschickt und von dort aus über die gewundene, gefährliche Birmastraße nach Tschungking transportiert. Tausende von Militärlastwagen bildeten eine ununterbrochene Kette von Rangun in Richtung Norden. Sie waren mit Reifen, Treibstoff, Munition und anderem Kriegsmaterial beladen. Die Brüder dachten, sie könnten unsere Literatur mit einem dieser Lastwagen nach Tschungking befördern, wo sie vor einer Beschlagnahme sicher war. Doch dies gelang nicht.

Bruder George Powell beschloß darauf, nach Singapur zu fahren, dort ein Fahrzeug zu besorgen, nach Birma zurückzukehren, unsere Literatur aufzuladen und die Publikationen nach Tschungking zu bringen. Unglücklicherweise war jedoch kurz vor seiner Ankunft in Singapur eine Anordnung herausgegeben worden, durch die die Ausfuhr jeglicher Fahrzeuge verboten wurde. Was würde nun mit unseren Publikationen geschehen? Würden sie beschlagnahmt und vernichtet werden?

Unterdessen hatte Bruder Engel einen hohen amerikanischen Beamten angesprochen, und es war ihm gelungen, eine amtliche Erlaubnis zu erhalten, unsere Literatur auf den Armeefahrzeugen zu transportieren. Mit diesem Brief gingen Mick Engel, Fred Paton und Hector Oates Dadn Lashio. Als sie dort den Beamten trafen, der die riesige Lastwagenkolonne nach China leitete, und ihn darum baten, uns auf seinen Lastwagen Platz zu geben, bekam dieser fast einen Anfall. „Was?“ schrie er. „Wie kann ich euch kostbaren Platz in meinen Lastwagen für eure dämlichen Traktate geben, wenn ich noch nicht einmal genug Platz für die dringend benötigten militärischen und medizinischen Vorräte habe, die hier im Freien verrotten, und wo bald der Monsunregen beginnt? “

Fred blickte ihn an, hielt inne und holte dann aus seiner Aktentasche den Brief des hohen Beamten aus Rangun. Er überreichte ihn dem Aufsichtsbeamten und sagte, es sei eine ernste Sache, wenn er die Behörden in Rangun ignorieren und seine Hilfe verweigern würde. Freds Argument verfehlte seine Wirkung nicht. Der Aufsichtsbeamte sorgte nicht nur dafür, daß zwei Tonnen Bücher transportiert werden konnten, sondern stellte den Brüdern auch noch einen kleineren Lastwagen zusammen mit einem Fahrer und Proviant zur Verfügung. So fuhren die beiden unerschrockenen Pioniere, Fred Paton und Hector Oates, mit dem Lastwagen nach Tschungking, wo sie ihre Ladung verteilten. Im Tschungking trafen sie Chiang Kai-shek und gaben ihm Zeugnis.

Als die Japaner in Birma einfielen, verließen die meisten Zeugen das Land. Mick Engel kehrte nach Australien zurück, und die meisten anglo-indischen und anglo-birmanischen Brüder gingen nach Indien. Bruder Coote und seine beiden Töchter flohen nach Indien, aber er starb, bevor sie das Land erreichten.

Von August bis Oktober 1941 berichteten nur 18 Verkündiger über ihren Predigtdienst in Birma, und es gab keine Pioniere mehr. Bis November hatten alle Zeugen bis auf drei — Bruder Cyril Gay und die Schwestern Ma Chu May und Ma Hnin May — Birma verlassen. Sie gaben nur informell Zeugnis.

Am 8. März 1942 fiel Rangun, die Hauptstadt Birmas, an die japanischen Streitkräfte. Danach fiel rasch eine Stadt nach der anderen. Die Engländer befanden sich ständig auf dem Rückzug. Die Japaner hätten kaum erfolgreicher sein können. In fünf Monaten überrannten sie ein Land, das größer war als Frankreich und in dem fast so viele Menschen lebten wie in Australien und Kanada zusammen (zu jener Zeit). Ende Mai 1942 war ganz Birma in japanischen Händen.

Während der japanischen Besatzung, die von 1942 bis 1945 dauerte, kam das Werk der Verkündigung der „guten Botschaft“ in Birma praktisch zum Stillstand. Da die drei Zeugen keine Publikationen erhielten, studierten sie immer wieder dieselben Ausgaben des Wachtturms. Vier Jahre lang benutzten sie das Jahrbuch 1942 der Zeugen Jehovas, um den Tagestext zu betrachten.

Birma war jedoch nur kurze Zeit Teil des japanischen Reiches. Wieder begannen Bombenangriffe; diesmal kamen sie von den Engländern. Ihre Flugzeuge ließen tonnenweise Bomben herabregnen. Tausende von Gebäuden wurden zerstört und Abertausende von Menschen getötet. 1945 war der Krieg vorüber, und die Engländer hatten Birma wieder in der Hand.

EIN NEUER ANFANG

Gleich nach dem Krieg kehrten die Brüder und Schwestern, die nach Indien geflohen waren, nach Birma zurück. So begann das Zeugniswerk erneut, und am 20. April 1946 wurde wieder eine Versammlung in Rangun gegründet. Acht Verkündiger waren dort tätig. Nach dem Krieg leitete eine Zeitlang das Zweigbüro der Gesellschaft in Indien das Königreichspredigtwerk in Birma.

Bruder R. W. Kirk, der erste Gileadabsolvent, der hierhergesandt wurde, traf Anfang 1947 ein. Im gleichen Jahr kamen der dritte Präsident der Gesellschaft, N. H. Knorr, und sein Sekretär, M. G. Henschel, zum ersten Mal zu Besuch. Anläßlich dieses Besuches wurde für die 19 Zeugen im Land ein Kongreß organisiert.

Bruder Knorr und Bruder Henschel kamen mit einem Wasserflugzeug aus Siam. Es landete am 12. April 1947 auf der anderen Seite des Rangun. Die beiden Brüder wurden mit einem Motorboot auf die andere Seite des Flusses übergesetzt, wo ein Bus wartete, der sie ins Stadtzentrum von Rangun brachte. Auf der Fahrt konnten sie sehen, wieviel Zerstörung der Krieg angerichtet hatte. Entlang den Straßen waren behelfsmäßig Bambushütten errichtet worden, in denen Tausende von Menschen lebten. Als die Besucher ins Stadtzentrum gelangten, stellten sie fest, daß die Gebäude aus Ziegeln hergestellt und recht modern waren. Doch viele waren völlig ausgebrannt.

Bruder Knorr sollte seinen öffentlichen Vortrag am Sonntagmorgen um 10 Uhr halten. Die Ansprache war von den 18 Versammlungsverkündigern und dem Missionar, der damals in Rangun tätig war, gut angekündigt worden. Man hatte dafür ein Kino, das New Excelsior Theatre, ausgewählt. Etwa eine Stunde vor dem Vortrag erlitt der Kinoverwalter jedoch einen Herzanfall und starb. Seine Assistenten hängten daher schnell ein Schild auf, auf dem stand, daß das Kino wegen des Todesfalls an jenem Tag geschlossen sei. Die Brüder beredeten jedoch die Verantwortlichen und baten sie, die Zusammenkunft zu gestatten; und so wurde das Kino wieder geöffnet. Ja, es war eine angenehme Überraschung, zu sehen, daß 287 Personen anwesend waren.

In Rangun ist es warm und feucht, und schon um 10 Uhr morgens braucht man nicht viel zu tun, um ins Schwitzen zu kommen. Bruder Knorr hatte keine Tropenkleidung mit, und während er den öffentlichen Vortrag hielt, war er bald naß geschwitzt. Auf der Bühne gab es keine Ventilation, und die Türen waren geschlossen, um die Hitze fernzuhalten. Er war daher in Schweiß gebadet. Es war etwas völlig Neues für ihn, einen Vortrag zu halten und dabei zu fühlen, wie ihm das Wasser den Rücken hinab- und in die Schuhe lief. Am Ende des Vortrags hatte er nasse Füße!

Doch das war nur eine Möglichkeit, in Rangun naß zu werden. Bevor die Reisenden zu einer Nachmittagsversammlung in den neugebauten Königreichssaal gingen, mußten sie sich im Büro der Fluggesellschaft melden, um sich ihren Abflug nach Kalkutta bestätigen zu lassen. Es war gerade der erste Tag des Thinyan (des Wasserfestes), einer religiösen Feier, bei der sich die Buddhisten gegenseitig mit Wasser überschütten. Die Brüder Knorr, Henschel, Kirk und Tsatos stiegen in einen Jeep und fuhren in Richtung Stadtzentrum. Die jungen Leute waren an diesem ersten Tag des Festes voller Schwung. Sie standen an beiden Seiten der Straßen an den Hydranten. Jeder Fußgänger und jedes Fahrzeug, das vorüberkam, wurde mit Wasser überschüttet. Blechkannen, Eimer, Töpfe, Wasserpistolen und Schläuche wurden benutzt, um die Passanten mit Wasser zu begießen. Der Wachtturm berichtete darüber:

„Wir vier waren durchnäßt, ehe wir noch weit gekommen waren, doch lachten wir und suchten jedesmal, da wir übergossen wurden, unsere mißliche Lage mit Spaß aufzunehmen. Wir hätten ebensogut aus dem Irawadi kommen können, denn so sahen wir aus, als wir auf dem Flugverkehrsbüro eintrafen. Und dabei war das erst der Anfang, denn nachdem unsere Billette in Ordnung waren, mußten wir in denselben Stadtteil zurückkehren, aus dem wir gekommen waren, nämlich zum Königreichssaal.

Als wir vor dem Königreichssaal vom Jeep herabstiegen und das Wasser etwas abtropfen ließen, fanden wir einige Geschwister vor, die sich bereits im Saale versammelt hatten. Auch ihnen war Ähnliches widerfahren. Sie waren aber mit den Bräuchen des Landes vertraut und hatten in wasserdichten Hüllen Kleider zum Wechseln mitgebracht. So zogen sie denn andere Kleider an und durften sich sehen lassen. Die drei Redner des Nachmittags aber, die Brüder Kirk, Knorr und Henschel, sahen aus, als ob sie eben aus dem Regen gekommen wären. Wie gut, daß die Geschwister die Sachlage verstanden! Die Sprechenden gaben schriftgemäßen Rat und Ermahnung. Die einzige Unterbrechung gab es etwa in der Hälfte der Veranstaltung, als einige kecke, junge Leute sich erkühnten, an die Tür des Saales zu kommen und einen Eimer Wasser hineinzuschütten. Doch wurde niemand getroffen. Die 37 Geschwister, welche die Versammlung besuchten, hatten große Freude.“

Während dieser Reise wurden Vorkehrungen für die Gründung eines Zweigbüros der Gesellschaft in Rangun getroffen, das seine Arbeit am 1. September 1947 aufnehmen sollte. Auch wurden Pläne gemacht, weitere Missionare nach Birma zu schicken.

MEHR HILFE AUS GILEAD

Am 4. Juli 1947 versammelten sich die Brüder am Landungssteg, um Norman H. Barber, den zweiten Missionar in Birma, zu begrüßen. Welch freudige Überraschung, zwei Brüder statt einen an Land kommen zu sehen! Der unerwartete Besucher war ein alter Bekannter. In Singapur hatte Bruder Barber Frank Dewar getroffen, und dieser hatte beschlossen, ihn nach Birma zu begleiten.

Damals bemühte sich Birma gerade um die Unabhängigkeit von England. Nach vielen Verhandlungen wurde das Land schließlich am 4. Januar 1948 um 4 Uhr morgens unabhängig. Würde dies unser Werk beeinträchtigen? Nein, denn die birmanische Regierung versprach Religionsfreiheit.

Zwei weitere Gileadabsolventen, Bruder R. W. Richards und Bruder H. A. Smedstad, trafen am 15. Januar 1948 ein, gerade elf Tage nach Erlangung der Unabhängigkeit. Als sie landeten, fragten die Einwanderungsbeamten: „Wo sind Ihre Visa?“ „Wir haben keine Visa“ war die Antwort. Die Brüder erklärten, daß sie Kanada (ein autonomes Dominion des britischen Commonwealth) im November 1947 verlassen hätten, als Birma noch ein Teil des Britischen Reiches gewesen sei, und daß sie erwartet hätten, in Birma einzutreffen, bevor es die Unabhängigkeit erlange. In diesem Fall hätten sie keine Visa benötigt. Das machte auf die Beamten jedoch keinen Eindruck. Ihr Land war jetzt unabhängig. „Wie können Sie erwarten, in Birma ohne Visum einzureisen?“ fragten sie beharrlich. Nach langer Beratung gab einer der Beamten nach. Welche Erleichterung für die neuen Missionare! Nachdem dieses Problem gelöst worden war, wurden sie in das kurz zuvor gemietete Missionarheim in Rangun, Signal Pagoda Road 39 gebracht.

Die Missionare waren angenehm überrascht, als sie feststellten, daß die Birmanen im allgemeinen zugänglich, freundlich und gastfrei waren. Selbst wenn ein Fremder an ihrer Tür vorsprach, wurde ihm oft Tee und Kuchen angeboten, und man gab ihm das Gefühl, willkommen zu sein.

Da wir gerade vom Essen reden, ist es erwähnenswert, daß die Birmanen den Geruch gebratener Speisen fürchten, besonders wenn jemand im Haus krank ist. Sie behaupten, daß durch diesen Geruch Personen, die irgendwelche Wunden haben, sowie ein neugeborenes Baby und seine Mutter sterben können. Aus diesem Grund schließen sie Türen und Fenster und decken die „geruchsgefährdete“ Person mit einer dicken Decke zu, selbst im heißen Sommer, bis der Geruch abgezogen ist. Deshalb warnt eine birmanische Hausfrau laut ihre Nachbarn, bevor sie etwas in ihrer Wohnung brät.

Die Missionare wußten nichts von dieser birmanischen Ansicht. Als sie daher einmal etwas zum Mittagessen brieten, kam die Birmanin, die über ihnen wohnte, herab und rief ärgerlich aus: „Das ist ja die Höhe! Wenn Sie etwas braten wollen, sagen Sie uns gefälligst vorher Bescheid und braten es auf der Straße. Haben Sie verstanden?“ Die verwirrten Missionare konnten dies nicht verstehen, bis die einheimischen Brüder sie aufklärten. Nun, eines Tages briet Bruder Barber draußen auf der Straße Fisch, als zu seiner Überraschung eine Schar Kinder mit Geld in der Hand zu ihm lief. Sie warteten geduldig, um den Fisch zu kaufen. Hier in Birma sieht man oft Männer, die auf der Straße Eßwaren braten und verkaufen.

UNRUHEN

Nicht lange nachdem Birma die Unabhängigkeit erlangt hatte, rebellierten verschiedene oppositionelle Gruppen und Stämme gegen die neugegründete Regierung. Sie gingen in den Untergrund und versetzten Regierung und Bevölkerung in Angst und Schrecken. Sie sprengten Brücken und Eisenbahnlinien und richteten viel Schaden an. Die meisten Aufständischen waren Karen und Kachin, die von der amerikanischen Baptistenmission bekehrt worden waren. Häufig hörte man, daß die Aufständischen Personenzüge entgleisen ließen, Ortschaften plünderten und Wasserleitungen sprengten.

Unter diesen Verhältnissen reisten die Zeugen von Maymyo nach Rangun zum Bezirkskongreß. Nach dem Kongreß — am 19. Januar 1949 — ging Frank Dewar nach Maymyo, um der kleinen Gruppe dort zu helfen.

Am 4. Februar 1949 verhaftete die birmanische Polizei alle verdächtigen Karen in Maymyo und steckte sie ins Gefängnis. Sie kamen nach Mandalay und später nach Shwebo. Am 6. Februar ließ der Geheimdienst Bruder Dewar verhaften, der im Haus eines Bruders, eines Karen, wohnte. Man hatte ihn in Verdacht, für die rebellischen Karen Spitzeldienste zu leisten. Nach einer Nacht wurde er jedoch freigelassen.

Im März griffen die rebellischen Streitkräfte der Karen Maymyo und Mandalay an. Darauf folgten erbitterte Kämpfe zwischen den Rebellen und den birmanischen Regierungstruppen. Mehrere Nächte lang mußten die Bewohner in Gräben schlafen, während über ihren Köpfen die Kugeln pfiffen. Am 7. März war die Schlacht vorüber. Die aufständischen Karen hatten beide Städte besetzt. Die Rebellen nahmen noch viele weitere Städte ein und gelangten sogar bis Insein, 16 Kilometer von der Hauptstadt Rangun entfernt. Ihr gewaltiger Vorstoß war jedoch nicht von langer Dauer. Die Regierungstruppen wurden neu organisiert und mit modernen Waffen ausgerüstet und drängten so die Aufständischen in den Dschungel zurück. Während dieser Kämpfe war unser Zeugniswerk auf Rangun, Insein, Maymyo und Thinganain beschränkt. Die Verbindung zwischen den Brüdern war völlig abgerissen.

„DAS IST DIE WAHRHEIT!“

Im Jahre 1948 fand ein Königreichsverkündiger eine Arbeitsstelle bei der Burma Oil Company und wurde auf das Ölfeld in Chauk versetzt. Sobald er und seine Familie dort Fuß gefaßt hatten, begannen sie, an Sonn- und Feiertagen Zeugnis zu geben. Während sie die „gute Botschaft“ von Haus zu Haus verkündigten, trafen sie einen schafähnlichen Tamilen an. Noch in der gleichen Woche, in der dieser Mann, M. C. Nathan, die Zeugen kennengelernt hatte, löste er sämtliche Beziehungen zur katholischen Kirche und wurde unverzüglich ein Zeuge Jehovas.

Zu dieser Zeit verbrachte gerade sein Neffe die Schulferien bei ihm, und so hörte er unwillkürlich die Königreichsbotschaft, während sein Onkel seinen eigenen Angehörigen Zeugnis gab. Obwohl der Jugendliche katholischer Priester werden wollte, gab er schließlich zu: „Was Onkel sagt, ist wahr.“ Immer, wenn sein Onkel nicht zu Hause war, nahm er die Schriften der Gesellschaft zur Hand und las darin. Die Botschaft war so überzeugend, daß er sagte: „Das ist die Wahrheit!“ Und so kam es, daß dieser junge Mann, Maurice A. Raj, am 24. Dezember 1949 im Irawadi getauft wurde. Später nahm er den Pionierdienst auf, und im Jahre 1963 wurde er Kreisaufseher. 1966 wurde Bruder Raj sowohl zum Bezirks- als auch zum Zweigaufseher ernannt.

EIN WEITERER NÜTZLICHER BESUCH

Nach dem Aufstand der Karen wurde das Dorf Thinganain von einer ruchlosen Räuberbande dem Erdboden gleichgemacht. Unsere Brüder verloren nicht nur all ihre Habe, ihre biblischen Schriften und ihre Häuser, sondern einer von ihnen wurde sogar ermordet. Die übrigen wurden zerstreut, und man verlor praktisch jeden Kontakt mit ihnen. Später stellte man fest, daß aufgrund der vielen Mühsale bis auf vier alle gestorben waren.

Im Jahre 1951, nachdem die Regierung in den wichtigsten Regionen des Landes die Ordnung wiederhergestellt hatte, war es uns möglich, unsere Zeugnistätigkeit neu zu organisieren, und das Werk machte gute Fortschritte. Als N. H. Knorr, der Präsident der Gesellschaft, und sein Sekretär, M. G. Henschel, Birma im Jahre 1947 besucht hatten, gab es in diesem Land nur 18 Verkündiger und einen Gileadabsolventen. Als sie nun am 10. April 1951 zum zweiten Mal kommen sollten, hatte Birma eine neue Höchstzahl von 94 Verkündigern.

Anläßlich des Besuchs von Bruder Knorr und Bruder Henschel, die sich auf einer Weltreise befanden, wurde ein Kongreß organisiert. Nach einer stürmischen Begrüßung am Flughafen wurden unsere Besucher eilig zum Kongreß gefahren, der im Königreichssaal bereits im Gange war. Sie wurden mit Applaus begrüßt. Bruder Henschel hielt als erster seine Ansprache, und dann folgte Bruder Knorr. Ihre Ansprachen wurden ins Birmanische übersetzt.

Am Mittwoch sprach Bruder Knorr zu 256 Personen, die sich in der Stadthalle von Rangun versammelt hatten, um den öffentlichen Vortrag „Verkündet Freiheit im ganzen Land“ zu hören. Während dann Bruder Henschel einen Vortrag hielt, wurde Bruder Knorr zum staatlichen Rundfunksender in Rangun gefahren, wo er eine 15minütige Ansprache über Rundfunk hielt. Dieses Programm war auch im Kongreßsaal zu hören. Der Kongreß selbst dauerte noch bis zum nächsten Tag. Bei der Schlußveranstaltung waren 90 Personen zugegen.

Während dieses Besuchs traf Bruder Knorr Vorkehrungen dafür, daß der neuernannte Zweigaufseher, Robert W. Richards, die Brüder im Norden besuchte, wo es wegen der Aufständischen noch Probleme gab. Seine Besuche erwiesen sich als sehr erbaulich und fruchtbar.

Einige Zeit vorher hatte es einen Wechsel in der Stellung des Zweigaufsehers gegeben, nachdem Robert W. Kirk (Birmas erster Zweigaufseher) aus seiner Zuteilung abgereist war, um Claire D’Souza, eine Pionierschwester, zu heiraten. Im Jahre 1954 besuchte Schwester Kirk die 22. Klasse der Gileadschule, und in jenem Jahr wurde Bruder Kirk wieder als Zweigaufseher eingesetzt. In den Jahren 1955 bis 1959 sandte Birma sechs weitere einheimische Pioniere nach Gilead. Bruder D. J. O’Neill und Schwester Norma Barber absolvierten die Schule 1956; eine einheimische Sonderpionierin aus dem Stamme der Lushai, Joyce Ralte, absolvierte die Schule 1958; Dorinda Smedstad, Georgianna Redmond und Doris Ba Aye (jetzt die Frau von Maurice Raj) absolvierten die Schule im Jahre 1959.

1956 lag Birma wieder auf der Reiseroute Bruder Knorrs, als er verschiedene Länder im Osten besuchte. Diesmal waren 268 Personen anwesend, um seinen Vortrag „Die ganze Menschheit unter ihrem Schöpfer vereinen“ zu hören. Nach dem öffentlichen Vortrag fuhren Bruder Knorr und Bruder Kirk eilig zur birmanischen Rundfunk-Station, wo Bruder Knorr interviewt wurde. Bedeutsamerweise gab er während dieses Kongresses den neuen birmanischen Wachtturm frei.

Als Bruder Knorr mit den Missionaren sprach, hob er besonders hervor, wie wichtig es sei, die birmanische Sprache zu lernen. Die Missionare gaben zu, daß sie immer noch nicht fließend Birmanisch sprechen konnten. Von seinen Worten beeindruckt, machten sie sich jedoch ernsthaft daran, die Sprache zu lernen.

Als erstes versuchten die Missionare natürlich, zu lernen, was sie bei ihrer Zeugnistätigkeit von Haus zu Haus an den Türen sagen sollten. Sie lernten daher kurze biblische Zeugnisse und einen Schlußsatz, Ta-ouk tamma, was „Jede Broschüre vier Annas“ bedeutet. Als ein Missionar dies im Predigtdienst ausprobierte, war eine Wohnungsinhaberin ganz verwirrt und fragte eine Frau, die neben ihr stand: „Was hat er gesagt?“ „Er sagt, er habe Eier zu verkaufen“ war die prompte Antwort. „Wieviel verlangt er dafür?“ fragte die erste Frau. Die andere erwiderte: „25 Annas für ein Ei.“ Statt Ta-ouk hatte der Missionar Ta-ook gesagt, als wolle er Eier verkaufen.

Für Ausländer ist es wirklich sehr schwer, birmanische Wörter richtig auszusprechen. Wenn man nicht jede Silbe ganz korrekt ausspricht, kann man genau das Gegenteil von dem sagen, was man sagen wollte. So kann zum Beispiel aus dem Ausdruck „eine neue Welt“ (kabaa’thit) „eine tote Welt“ (kaba-a’theyt) werden, wenn er nicht richtig ausgesprochen wird. Es kam recht oft vor, daß der Wohnungsinhaber zu den Missionaren, die versucht hatten, in Birmanisch Zeugnis zu geben, sagte: „Sprechen Sie bitte Birmanisch. Ich verstehe kein Englisch.“

DURCH EINEN WEITEREN BESUCHER ERMUTIGT

Wenden wir nun unsere Aufmerksamkeit dem Besuch eines weiteren Beauftragten der Watch Tower Society zu. Am Sonntag, dem 30. Dezember 1956, landete um 5 Uhr früh ein Flugzeug mit F. W. Franz, dem damaligen Vizepräsidenten der Gesellschaft, auf dem Flughafen in Mingaladon. Welch ein freudiger Anlaß es doch war, als wir mit dem Bus nach Rangun fuhren, Königreichslieder sangen und Bruder Franz uns auf seiner Mundharmonika begleitete! Als wir im Königreichssaal eintrafen, ging gerade das Wachtturm-Studium zu Ende. Prompt wurde Bruder Franz in das Programm eingeschaltet, um uns einen einstündigen Reisebericht zu geben. Drei Tage später sollte ein fünftägiger Kongreß beginnen, doch für die 55 im Königreichssaal Versammelten war es so, als habe er bereits begonnen.

Während seines achttägigen Aufenthalts in Birma hatte Bruder Franz das Vergnügen, mit den fünf Gileadabsolventen im Missionarheim zu wohnen. Er war überrascht, zu erfahren, daß auch im buddhistischen Birma Neujahr gefeiert wurde. Ja, am Montag, dem 31. Dezember, begann um Mitternacht mit dem letzten Glockenschlag des Nachtwächters eine wahre Kettenreaktion. Feuerwerkskörper gingen los, und Sirenen der Schiffe auf dem Rangun heulten.

Die Kongreßbesucher kamen aus einem ungewöhnlich großen Gebiet. Ganze Familien reisten Hunderte von Kilometern mit dem Zug auf harten Holzsitzen, ohne zu wissen, wieviel Verspätung sie aufgrund der unruhigen Verhältnisse im Land haben würden. Sie trafen jedoch unbehelligt ein und waren glücklich, rechtzeitig zum Kongreß dazusein. Eine Delegierte, die um die Kongreßzeit ein Kind erwartete, kam frühzeitig nach Rangun und brachte dort das Kind zur Welt. Schon ein paar Tage später hörte sie sich mit dem Kind im Arm die Kongreßansprachen an.

Am Samstag symbolisierten 11 Personen (eine Rekordzahl in jener Zeit) ihre Hingabe an Jehova Gott durch die Wassertaufe. Sie wurden in den Royal Lakes untergetaucht, wo man das Spiegelbild der Shwe-Dagon-Pagode sehen kann, deren goldener Überzug in der Sonne glänzt. Die Täuflinge gehörten vier verschiedenen Rassen an; es waren sechs Tamilen, drei Karen, ein Anglo-Inder und ein Gurkha.

Fast alle Vorträge wurden aus dem Englischen ins Birmanische übersetzt, und die Taufansprache wurde teilweise ins Tamil gedolmetscht. Am Samstag wurden die Hauptvorträge des Kongresses in Tamil zusammengefaßt.

Bis Donnerstag schien es, daß F. W. Franz daran gehindert würde, den weithin angekündigten Vortrag „Der Friede einer neuen Welt in unseren Tagen — Warum?“ zu halten. Doch durch die geschickte Lenkung des allmächtigen Gottes, Jehovas, wurde der Weg dafür geebnet, daß dieses öffentliche Ereignis wie angekündigt stattfinden konnte. Und so fand am Sonntag, den 6. Januar 1957, um 16 Uhr der öffentliche Vortrag im Railway-Institute-Saal statt, und 237 Personen waren anwesend. Nach der Ansprache wurde der Film „Die glückliche Neue-Welt-Gesellschaft“ zum ersten Mal in Birma gezeigt, und der Saal war zum Bersten gefüllt. Am Montag sagte uns Bruder Franz um 10.30 Uhr Lebewohl und flog nach Bangkok.

Der Besuch von F. W. Franz ermutigte uns sehr. Nach dem Kongreß kehrten die Brüder geistig wohlgenährt nach Hause zurück. Gleich nach dem Kongreß wurden einige Pioniere in neue Gebiete gesandt, um dort die Königreichsbotschaft zu predigen. Inzwischen ging unser Werk in Insein, Bassein, Maymyo, Taunggyi und anderen Orten gut voran.

FORTSCHRITTE IN DER „GOLDENEN STADT“

Der Missionar Robert W. Richards und seine Frau, die als Sonderpionier ernannt war, erhielten eine Zuteilung in Mandalay, der zweitgrößten Stadt Birmas, in der 180 000 Menschen leben. Diese Stadt war 1857 von König Mindon gegründet worden. Die Birmanen nennen sie oft Shweman, was „Goldene Stadt“ bedeutet. Warum? Nun in der Nähe von Mandalay Hill baute König Mindon einen herrlichen goldüberzogenen Palast aus Holz, der von hohen, dicken Mauern umgeben war. Unglücklicherweise wurde dieser Palast während des Zweiten Weltkrieges zerstört, aber die quadratischen Steinmauern, die den Palast schützen sollten, stehen immer noch.

Eine weitere für den Besucher in Birma interessante Sehenswürdigkeit ist der etwa 300 Meter hohe von Pagoden gekrönte Hügel von Mandalay. Drei überdachte Treppen, an denen in regelmäßigen Abständen Buddhastatuen stehen, führen den Hügel hinauf. Von dort aus hat man eine herrliche Aussicht auf Mandalay und seine Umgebung. Alles an diesem Hügel scheint von König Mindon zu sprechen, der hier mehrere Pagoden baute.

Bei weitem die bedeutendste ist die Kuthodaw-Pagode, die im Südosten des Hügels liegt. Dort kann man eine wirklich bemerkenswerte religiöse Arbeit bewundern. Innerhalb des Pagodenkomplexes steht eine Reihe kleiner weißer Pagoden. Jede dieser kleinen Pagoden ist über eine aufrechtstehende Marmortafel gebaut worden, in die ein Teil der buddhistischen Schriften in Pali eingemeißelt worden ist. Die Tafeln sind etwa 1,50 Meter hoch und 1 Meter breit. Schon allein die Inschrift für eine einzige Tafel erforderte eine langwierige und mühevolle Arbeit; doch dort stehen Hunderte solcher Tafeln. Man sagt, daß dort nicht weniger als 729 Tafeln stehen. Diese bemerkenswerte Arbeit wurde im Auftrag von König Mindon im Jahre 1857 verrichtet. Er berief zu diesem Zweck 2 400 Mönche in seinen Palast. Sie besprachen und untersuchten die buddhistischen Schriften fünf Monate lang, und dann wurden diese in die 729 Marmortafeln eingemeißelt.

Im Jahre 1957 wurde ein Kreiskongreß in Mandalay geplant, der erste, der außerhalb Ranguns stattfinden sollte. Auf diesem Kongreß wurde nur eine Person getauft. Es handelte sich um den ersten Kachin, der das wahre Christentum annahm. Niemand ahnte damals, daß durch ihn viele weitere Kachin die Wahrheit erkennen und bis zum Jahre 1978 sechs Versammlungen und viele abgelegene Gruppen bilden würden. Dieser Bruder wurde später der vorsitzführende Aufseher einer dieser Versammlungen unter den Kachin.

In Mandalay herrschen übrigens extreme Klimabedingungen. Im Winter wird es sehr kalt, aber im Sommer ist es unerträglich heiß und trocken. Tatsächlich konnten einige Brüder, die aus anderen Teilen des Landes zu diesem Kongreß kamen, die Hitze nicht aushalten. Sie befeuchteten daher ihre Bettlaken mit Wasser, bevor sie sich zur Ruhe legten, und einige schliefen sogar auf nassen Matratzen. Tagsüber waren die Hemden der Brüder mit Schweiß getränkt. In dieser Stadt gab jedoch Bruder Robert W. Richards, ein Kanadier, zusammen mit seiner Frau und einheimischen Pionieren Zeugnis, ohne sich je zu beklagen.

AUSHARREN AN ANDEREN ORTEN

Mittlerweile waren Frank Dewar und seine Frau Lily in Bassein eifrig tätig, und es gelang ihnen, dort eine Versammlung zu gründen. Bassein ist eine Küstenstadt im Süden, wo viele baptistische Karen leben. Wie in Mandalay haben die baptistischen Geistlichen auch dort ihre Mitglieder fest im Griff. Und wie an anderen Orten beschweren sie sich: „Warum predigt ihr nicht den Buddhisten? Warum wollt ihr unsere Schafe wegnehmen?“ Frank Dewar wurde in Bassein als der „weißgesichtige“ Schafsdieb bezeichnet.

Doch ganz gleich, wie Jehovas Zeugen in Birma genannt werden, sie haben den Menschen weiterhin geholfen, aus Babylon der Großen, dem Weltreich der falschen Religion, zu fliehen. Doch es ist nicht ganz leicht, in den Landgebieten Birmas von Haus zu Haus und von Dorf zu Dorf zu gehen. Im Sommer müssen die Brüder auf heißen und staubigen Pfaden gehen. Wenn sie nach Hause kommen, sind sie erschöpft und völlig verstaubt. Während des Monsuns kommen sie lehmverschmiert nach Hause, nachdem sie überschwemmte Felder überquert haben.

In den Dörfern sind die meisten Häuser auf Bambuspfählen gebaut. Die Seiten dieser Häuser sind mit Bambusmatten verkleidet, und die Dächer sind mit Stroh gedeckt. Diese Häuser werden immer ein bis zwei Meter über dem Erdboden gebaut. Der Fußboden ist eine Art gewebte Bambusmatte, die fest über Bambusstangen gespannt wird. Die Treppen bestehen gewöhnlich aus Bambusstangen oder Holzstücken. Auf den Stufen findet man einen Wasserkrug und eine Kanne. Das Regenwasser, das vom Dach rinnt, füllt diese Gefäße. Der Krug steht dort, damit man sich die Füße waschen kann, bevor man in das Haus eintritt. Wenn man also von Tür zu Tür Zeugnis gibt, muß man sich seine Füße waschen, bevor man ins Haus eintritt. Wenn man dann fortgeht, tritt man wieder in den Staub oder in den Schlamm (je nach Jahreszeit) und stapft zum nächsten Haus. Dort wäscht man sich dann wieder die Füße, bevor man eintritt. Und so geht es weiter, bis man am Ende des Tages seine Zeugnistätigkeit beendet.

In Rangun nimmt man natürlich einen Bus, um ins Gebiet zu fahren, wo man dann in den vierstöckigen Wohngebäuden anfängt, Treppen zu steigen. Diese Häuser haben sechs bis acht Wohnungen. Klingelt man, so schaut jemand durch einen Spion. Wir können den Leuten keine Vorwürfe machen, wenn sie nicht sofort die Tür öffnen, denn nicht selten kommen Betrüger, geben sich als Freunde aus und dringen dann ins Haus ein und rauben die Bewohner mit Waffengewalt aus. Oft passiert es daher, daß wir einen ganzen Häuserblock durcharbeiten, ohne die Gelegenheit zu erhalten, in eine Wohnung einzutreten oder die Königreichsbotschaft darzulegen.

Stell dir vor, du müßtest auf deiner Schulter eine Tasche voller Bücher und Broschüren in verschiedenen Sprachen (Rangun ist eine weltoffene Stadt) tragen und dazu zwei Bibeln (eine in Englisch und die andere in Birmanisch). Wenn man dann noch von Kopf bis Fuß schwitzt, kann man ganz schön ermüden. Jehovas Zeugen in Birma sind jedoch genauso glücklich wie anderswo, denn die „Schafe“ hören die Stimme Jehovas, des großen Hirten.

Im Jahre 1958 wurden Bruder Robert W. Richards und seine Frau in den Kachinstaat geschickt. Stützpunkt für ihre Tätigkeit war der Ort Bhamo in Nordbirma. Bruder Richards erzählt uns:

„Die Bevölkerung Bhamos setzte sich aus Kachin, Karen, Chinesen und ein paar Schan und Birmanen zusammen. In den verstreut liegenden Dörfern in der Umgebung lebten hauptsächlich Schan und Kachin. Von den letzteren waren die Hälfte Katholiken und Baptisten. Die übrigen waren Animisten. Da meine Frau und auch ich ein Fahrrad hatten, verbrachten wir den größten Teil der ersten Woche damit, die Dörfer in der Nähe unseres Ortes zu besuchen. Am Sonntag arbeiteten wir im Ort. Überall wurden wir freundlich empfangen. Viele Dorfbewohner hielten Hühner, und bevor wir ihr Haus verließen, brachten sie uns Hühnereier als Willkommensgeschenke.

In der folgenden Woche kehrten wir zu denen zurück, die Interesse bekundet hatten, doch auf den Empfang, den man uns nun bereitete, waren wir überhaupt nicht vorbereitet. Die Dorfbewohner waren immer noch freundlich, aber sie sagten uns fest und bestimmt: ,Wenn Sie nicht einen von der Ministerial Alliance [Predigervereinigung] unterzeichneten Brief mitbringen, der Ihnen die Erlaubnis gibt, in dieser Gegend zu predigen, dürfen wir mit Ihnen nicht über Religion sprechen.‘ Welch eine Überraschung! Die Geistlichkeit der Christenheit war bereits eifrig dabei, ihre Herde davor zu warnen, Jehovas Zeugen zuzuhören. Was sollten wir tun? Nun, was hätte Jesus Christus an unserer Stelle getan? ... Wir predigten weiter.

Die Bibel in Kachin, die zumindest unter den baptistischen Kachin weit verbreitet war, enthielt den Namen Jehova in den Hebräischen Schriften Hunderte von Malen. Welche Einstellung hatte die Geistlichkeit der Christenheit zu diesem herrlichen Namen? Bald hatten wir die Gelegenheit, dies festzustellen. Ich hatte bei einem pensionierten Armeeobersten, der gut Englisch sprach, ein Bibelstudium eingerichtet. Einige seiner Angehörigen waren Kirchgänger. Eines Tages kam der Baptistenpfarrer zu Besuch, und jemand brachte den Mut auf, ihn zu fragen, was er von Jehovas Zeugen halte. Seine Antwort war schockierend. Er sagte: ,Den Namen Jehova höre ich genausogern, wie ich Menschenkot rieche!‘ “

Über eine Fahrt in die Hauptstadt des Kachinstaates schreibt Bruder Richards:

„Meine Frau und ich bereiteten uns darauf vor, über eine holprige Bergstraße nach Myitkyina, 185 Kilometer nordwestlich von Bhamo, zu fahren. Dies sollte unser letzter Besuch dort sein. Es war gewöhnlich eine ermüdende Fahrt mit einem überladenen Jeep, die sechs Stunden dauerte. Wir bemühten uns daher, so früh wie möglich aufzubrechen.

An jenem Morgen schien alles schiefzugehen. Statt den ersten Jeep zu nehmen, der von der Stadt abfuhr, schafften wir erst den dritten. Natürlich ärgerten wir uns über die verlorene Zeit. Wir ahnten nicht, daß uns die Verzögerung eine Entführung, wenn nicht noch Schlimmeres, erspart hatte. Die Reisenden wußten nicht, daß Aufständische an einer besonders gefährlichen Strecke der Straße, etwa 100 Kilometer von Bhamo entfernt, im Hinterhalt lagen. Sie hatten bereits die beiden Autos in ihre Gewalt gebracht, die vor uns gefahren waren. Unser Auto war als nächstes an der Reihe. Plötzlich jedoch wurden die Rebellen selbst überrascht, als ganz zufällig ein Offizier mit einer starken Eskorte aus der entgegengesetzten Richtung kam. Die Aufständischen schossen auf den vorausfahrenden Lastwagen, und mehrere Soldaten wurden getötet und verwundet. Die nachfolgenden Soldaten trieben die Rebellen jedoch zurück. Ein Jeep, der die verwundeten Soldaten transportierte, hielt uns an, und man sagte uns, wir sollten einige Zeit warten, bis die Straße wieder frei sei. Das taten wir, und schließlich kamen wir in Myitkyina an, spät zwar, doch unversehrt. Aus vollem Herzen dankten wir Jehova Gott für diese Rettung.“

FRUCHTBARES GEBIET IN DEN CHIN HILLS

Bis 1959 wurde die gute Botschaft hauptsächlich unter den Karen, den Kachin und den Mon verkündigt. Doch im November 1960 begannen wir, in jungfräulichem Gebiet Zeugnis zu geben — in den Chin Hills im Westen, in der Nähe der indischen Grenze. Dieses Gebiet erwies sich als sehr fruchtbar. Jetzt haben wir dort 20 Versammlungen. Maurice Raj, einer der Sonderpioniere, die in diese Gegend zogen, berichtet uns:

„Tahan liegt in einer staubigen Ebene am Fuße der Chin Hills. ... Damals hatte die Stadt etwa 5 000 Einwohner und war eigentlich ein großes, ausgedehntes Dorf, das hauptsächlich von Lushai bewohnt war, die aus Indien gekommen waren, sowie von ein paar Chin von den Hügeln. Die Lushai gehörten verschiedenen Glaubensgemeinschaften der Christenheit an, und die Chin waren Katholiken und Baptisten, während die übrigen Einwohner Animisten waren.

Die Lushai und die Chin lesen viel in der Bibel und sprechen gern über Religion. Noch am gleichen Abend, als wir in Tahan eintrafen, versammelten sich etwa 40 Personen, um mit uns über die Bibel zu sprechen. Wie sie von unserer Ankunft erfuhren, weiß ich nicht. Aber sie waren da, jeder mit seiner eigenen Bibel in Lushai. Sie überschütteten uns geradezu mit Fragen, und wir mußten die Hilfe von Dolmetschern in Anspruch nehmen, denn sie konnten weder Birmanisch noch Englisch sprechen. Diese Menschen saßen da und stellten uns Fragen bis 11 Uhr nachts oder Mitternacht. Das ging so viele Tage lang. ...

Nach einiger Zeit kamen immer weniger zu den nächtlichen Besprechungen, und nur ein paar Echte blieben zurück. Ich wandelte diese Besprechungen bald in fünf reguläre Zusammenkünfte um. Sie wurden mit Hilfe von Dolmetschern durchgeführt.

Nach einem Monat gingen fünf Personen in den Predigtdienst. Die Gesellschaft schickte einen weiteren Sonderpionier, der mit mir in Tahan arbeiten sollte. ... Auf dem Weg ins Gebiet sprachen wir miteinander in Lushai, um Übung zu bekommen. Gleichzeitig suchten wir jemanden, der unsere Zeugnisse an den Türen übersetzen könnte. Eines Tages fanden wir einen jungen Burschen, der Kühe hütete. Wir fragten ihn, ob er Birmanisch sprechen könne und unser Dolmetscher sein wolle. Er erklärte sich sofort bereit, und schon nach einigen Häusern begann er selbst, Zeugnis zu geben. (Als ich die Versammlung Tahan zwei Jahre später als Kreisaufseher wieder besuchte, lenkte der vorsitzführende Aufseher, Bruder James Xavier, mein früherer Pionierpartner, meine Aufmerksamkeit auf einen jungen, lebhaften Verkündiger, der mir bekannt vorkam. Es war der Junge, der uns als Dolmetscher gedient hatte.)

Nach sieben Monaten wurden zwei Sonderpionierschwestern nach Tahan geschickt, und ich wurde nach Rangun zurückgerufen. Innerhalb eines Jahres lernten die Pioniere fließend Lushai sprechen ... Das Werk ging sehr schnell voran, eine Versammlung wurde gegründet und ein Königreichssaal gebaut. Es war der erste Königreichssaal, der von Zeugen in Birma gebaut wurde. Diese Versammlung brachte 13 Lushai sprechende Sonderpioniere hervor.“

Im Jahre 1960 erreichte Birma aufgrund des Wachstums im Chinstaat eine Höchstzahl von 201 Königreichsverkündigern. Eine Rekordzahl von 38 Personen wurde in jenem Jahr getauft. Die Höchstzahl stieg im Jahre 1962 auf 216 Verkündiger.

In jenem Jahr wurde, als die Brüder gerade einen Kreiskongreß in Moulmein besuchten, über Rundfunk bekanntgegeben, daß am 2. März 1962 ein Staatsstreich stattgefunden hatte. Natürlich bewahren wir immer unsere christliche Neutralität. Aber wir fragten uns, ob sich der Regierungswechsel auf unser Werk auswirken würde. Würde die neue Regierung die Einreise von weiteren Missionaren erlauben? Würde sie unseren Sonderpionieren erlauben, die Gileadschule zu besuchen? Die vorherige Regierung hatte sich im Jahre 1961 geweigert, zweien unserer Pioniere die Ausreise zur Gileadschule zu gestatten. Ein zweiter Versuch, Pässe zu bekommen, war ebenfalls fehlgeschlagen. Doch wie würde es nun werden?

Die neue Militärregierung versprach Religionsfreiheit. Ihre Politik ist, sich nicht in die Religion einzumischen, solange sich die Religion nicht in die Politik einmischt. Die Regierung wurde auf ihren Wunsch hin über unser Werk vollständig informiert.

KONGRESS „EWIGE GUTE BOTSCHAFT“

Welch eine Begeisterung war es für Jehovas Zeugen in Birma, einem Land, in dem es damals nur wenig mehr als 200 Königreichsverkündiger gab, als sie erfuhren, daß sie die Gastgeber eines der rund um die Welt abgehaltenen Kongresse des Volkes Gottes sein sollten! Wir blickten diesem Kongreß „Ewige gute Botschaft“, der im August 1963 in Rangun stattfinden sollte, mit großer Erwartung entgegen. Aufgrund der strengen Vorschriften über das Abhalten von Zusammenkünften und die Verwendung von Lautsprecheranlagen mußte eine besondere Erlaubnis der Polizei erlangt werden. Obwohl diese lange im voraus beantragt worden war, war sie nicht erteilt worden. Wir hatten bereits alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Dann erwähnte der Zweigaufseher das Problem beiläufig in einem Gespräch mit einem freundlichen Buddhisten, der die Kongreßprogramme druckte. Dieser bot seine Hilfe an, stellte die nötigen Verbindungen her und legte uns die erforderlichen Genehmigungen rechtzeitig in die Hände.

Der Kongreß fand in der Stadthalle von Rangun statt. Bei der Einrichtung der Cafeteria stießen wir auf ein für Birma typisches Problem: den sogenannten „Bratengeruch“. Wie bereits erwähnt, glauben die Birmanen fest, daß Bratengeruch schädlich ist, besonders für Kranke. Da in der Umgebung der Stadthalle viele Büros liegen, verlangte die Hallenverwaltung, nachdem sie die Erlaubnis gegeben hatte, in einem bestimmten Raum zu kochen, daß die Brüder keinerlei „Bratengeruch“ verursachten. Das bedeutete, daß einige unserer Köche schon vor vier Uhr früh mit ihrer Arbeit beginnen mußten, damit nach 8 Uhr morgens nichts mehr da war, was auch nur im geringsten an „Bratengeruch“ erinnerte. Sonst wäre wahrscheinlich die Cafeteria wegen eingehender Beschwerden geschlossen worden. Zur Ehre der Brüder muß gesagt werden, daß es mit den Nachbarn der Stadthalle zu keinerlei Schwierigkeiten kam. Übrigens sagte ein Angestellter der Stadthalle, unserer Gruppe sei es als erster erlaubt worden, dort zu kochen.

Der Kongreß war unvergeßlich. Wir hatten noch nie so viele unserer ausländischen Brüder und Schwestern auf einmal gesehen. Unter den Besuchern waren Bruder N. H. Knorr, Bruder F. W. Franz und Bruder Grant Suiter.

Der Kongreß begann am 8. August. 310 Personen waren anwesend. Am Abschluß einer ergreifenden Ansprache gab Bruder Suiter an jenem Abend die lang erwartete birmanische Ausgabe des Buches Vom verlorenen Paradies zum wiedererlangten Paradies frei.

Am Samstag hielt Bruder Knorr um 18 Uhr den öffentlichen Vortrag „Wenn Gott König ist über die ganze Erde“. Zur Freude aller Brüder war die Zahl der Anwesenden bis dahin auf 603 geklettert. Da schätzungsweise 100 Anwesende ausländische Brüder waren und etwa 200 einheimische Verkündiger, waren bei dem Vortrag etwa 300 Außenstehende anwesend. Das war tatsächlich ausgezeichnet.

An jenem Abend hatten die 10 Missionare, die in Birma dienten, mit Bruder Knorr und Bruder Franz ein besonderes Essen. Nachdem sie interessante Erfahrungen ausgetauscht hatten, hörten alle aufmerksam Bruder Knorr zu, der passenden Rat darüber gab, wie die Missionare weiterhin treu tätig sein und ihre Brüder erbauen könnten. Ob die Organisation in Birma der feurigen Prüfung der Verfolgung standhalten könne, hänge hauptsächlich davon ab, wie reif sie zu diesem Zeitpunkt wäre.

Ein bedeutender Vortrag am Schlußtag des Kongresses war die Ansprache „Die Welt — Gottes Ackerfeld“, die Bruder F. W. Franz hielt. Nach einer kurzen Pause brachte er den denkwürdigen Kongreß mit einer zweistündigen Ansprache und einem Gebet zum Abschluß.

AUSLÄNDISCHE MISSIONARE AUSGEWIESEN

Im Jahre 1965 erreichten wir eine Höchstzahl von 270 Königreichsverkündigern, und unser Werk machte ständig Fortschritte. Doch im Mai 1966 hörten wir bestürzende Nachrichten. Die Regierung setzte das Zweigbüro davon in Kenntnis, daß all unsere ausländischen Missionare bis zum 30. Juni 1966 das Land zu verlassen hätten. Natürlich wurden nicht nur unsere Missionare, sondern auch alle Missionare der Christenheit aufgefordert, bis zum 30. Juni abzureisen. Später stellte es sich heraus, daß der Grund für diese Maßnahme offensichtlich darin bestand, daß die Missionare der Christenheit sich in die politischen Angelegenheiten des Landes eingemischt hatten. Es blieb nichts anderes übrig: Bruder Kirk mußte nach England zurückkehren, wo er seine kranke Frau wiedersah, und Bruder Barber und Bruder Richards mußten mit ihren Frauen nach Indien abreisen. Frank Dewar und seine Familie gingen nach Thailand.

Was würde nun aus unserem Werk in Birma werden? Alle ausländischen Brüder waren abgereist. Wären die einheimischen Zeugen in der Lage, das Werk allein fortzusetzen?

Obwohl die Brüder schockiert waren, waren sie doch nicht entmutigt. Sie wußten, daß Jehova Gott mit ihnen war (1. Chron. 28:20). Schnell ernannte die Gesellschaft Bruder Maurice Raj zum Zweigaufseher, und Bruder Dunstan O’Neill wurde als Kreisaufseher eingesetzt. Ja, die Organisation des Volkes Gottes in Birma funktionierte wie normal. Tatsächlich machte unser Werk weitere Fortschritte, was zeigt, daß Jehovas Hand nicht zu kurz ist (Jes. 59:1).

DAS WERK DEHNT SICH AUS

Gegen Ende 1966 eröffnete das Zweigbüro das Zeugniswerk in Myitkyina, der Hauptstadt des Kachinstaates im Norden Birmas. Die Mehrzahl der Kachin gehört einer Religionsgemeinschaft der Christenheit an, doch sie sind, wie die meisten anderswo, in die Finsternis geführt worden. Der Großteil der jungen Menschen hatte sich den Aufständischen angeschlossen und trieb sein Unwesen in den Dschungelgebieten. Sie sprengten Brücken, ließen Personenzüge entgleisen usw. Doch einige Kachin, besonders die Älteren, suchten woanders eine Anleitung. Es war genau die richtige Zeit, diesen Menschen die Botschaft von Gottes Königreich zu verkündigen.

Labang Gam, der Kachin sprechende Sonderpionier, der nach Myitkyina ging, arbeitete sehr hart. In den ersten Monaten ging er von morgens bis abends von Haus zu Haus. Bevor es die Geistlichkeit merkte, war die Stadt mit unseren Zeitschriften überflutet, und jeder sprach über die Zeugen. Dann kamen die Angriffe. Jeden Sonntag wurden in allen Kirchen Predigten gegen Jehovas Zeugen gehalten. Die Kirchgänger wurden aufgefordert, nicht mit dem Pionier zu sprechen und keine Schriften von ihm anzunehmen. Das Interesse wuchs jedoch. Für einen Pionier war es schon zuviel Arbeit; so wurde ein zweiter geschickt, um ihm zu helfen. Als sie mit dem Zuwachs nicht mehr allein fertig wurden, wurden weitere Pioniere geschickt. Nach sechs Monaten wurde eine Versammlung gegründet. Und im Jahre 1968 baute die Versammlung Myitkyina einen Königreichssaal.

Viele Verkündiger der Versammlung Myitkyina wurden zu Sonderpionieren ernannt und nach Monhyin, Bhamo, Katha und Putao gesandt. Die Pioniere, die nach Lashio gingen, hatten einen solchen Erfolg, daß innerhalb eines Jahres eine Versammlung gegründet werden konnte. Die Zeugen dort haben auch einen Königreichssaal gebaut, einen mit Bambusmatten und einem Strohdach. Jetzt wird unser Werk im Kachinstaat in neun verschiedenen Orten durchgeführt. Obwohl das Interesse unter den Kachin im Landesinneren sehr groß ist, ist es uns wegen der Rebellen unmöglich gewesen, Pioniere in diese Gegenden zu schicken.

Im Dezember 1966 machte der Zweigaufseher eine große Rundreise, besuchte alle Versammlungen und abgelegenen Gruppen sowie einige unberührte Orte. Viele neue Sonderpioniere wurden ernannt und in jungfräuliches Gebiet geschickt. Auf diese Weise dehnte sich unser Werk weiterhin aus.

HILFE DURCH HART ARBEITENDE ZONENAUFSEHER

An dieser Stelle scheint es angebracht, die Zonenaufseher zu erwähnen und die mühevolle Arbeit zu würdigen, die sie leisteten, wenn sie diesen Zweig besuchten. Eine Zeitlang gestattete die birmanische Regierung Touristen keine Einreise in das Land. Also mußte einer der Zonenaufseher, Ronald Jacka, mit einem Transitvisum kommen, das ihm nur einen 24stündigen Aufenthalt erlaubte. Er kam um 19 Uhr auf dem Flughafen Mingaladon an, und nach der üblichen Zollabfertigung traf er um 21 Uhr im Zweigbüro ein. Noch am gleichen Abend begann Bruder Jacka um 22 Uhr mit der Arbeit. Er und der Zweigaufseher, Bruder Raj, arbeiteten die ganze Nacht durch, ohne auch nur an Schlaf zu denken. Um 5 Uhr früh fuhren sie dann zum Flugplatz. Das gleiche geschah, als Bruder T. H. Sanderson aus Indien als Zonenaufseher nach Birma kam. Obwohl diese Besuche sehr kurz waren, wurden sie doch sehr geschätzt.

EIN KONGRESS, DER ANDERS WAR

Der Bezirkskongreß „Friede auf Erden“, der 1969 stattfand, unterschied sich von früheren Kongressen dadurch, daß er nicht wie üblich in Rangun stattfand, sondern in Myitkyina. In Birma reisen die meisten Leute mit dem Zug oder mit dem Boot, und gewöhnlich sind alle Verkehrsmittel überfüllt. Oft sitzen viele Fahrgäste auf dem Dach. Die Gesellschaft arrangierte Sonderzüge für die Fahrt nach Myitkyina. Die Eisenbahnverwaltung war sehr hilfsbereit und stellte zwei Waggons für die Fahrt von Rangun nach Mandalay zur Verfügung, wo zwei weitere angehängt werden sollten. Ohne diese Vorkehrung wäre es fast unmöglich gewesen, in dem überfüllten Zug zwei Tage und zwei Nächte die 1 260 Kilometer von Rangun nach Myitkyina zurückzulegen.

Delegierte aus Niederbirma reisten am Samstag von Rangun ab, und am Sonntag schlossen sich ihnen in Mandalay Kongreßteilnehmer aus dem Chin- und dem Schanstaat an. Da sie nicht vor dem späten Abend aus Mandalay abfuhren, predigten sie dort von Haus zu Haus.

Die Gesellschaft sorgte dafür, daß die Delegierten in Mandalay und in Mohnyin etwas zu essen bekamen. Wenn ein Zug um die Essenszeit im Bahnhof einläuft, eilen die Fahrgäste gewöhnlich zu den Essenständen, um etwas einzukaufen. Doch viele bekommen nichts zu essen, weil schon vorher alles ausverkauft ist. Die Zeugen bekamen ihr Essen jedoch im Waggon. Wie dankbar waren sie doch, als sie erfuhren, daß das Essen für sie 80 Pyas pro Mahlzeit (12 US-Cent) kostete, während die sonst am Bahnhof verkauften Essenpakete mindestens 2 Kyat (29 US-Cent) kosten! Aus Wertschätzung sagte ein Bruder: „Wie dankbar bin ich doch der Gesellschaft für diese Rücksichtnahme! Ohne diese Vorkehrung hätte ich pro Mahlzeit etwa 20 K [2.86 US-Dollar] für meine 8köpfige Familie ausgeben müssen. Doch jetzt habe ich nur 6,40 K [0.91 US-Dollar] ausgegeben, und dennoch war das Essen gut.“

Diese reisenden Christen wurden nicht nur mit physischer Nahrung, sondern auch mit geistiger Speise versorgt. Achtzig Pioniere wurden beauftragt, im Zug biblische Ansprachen zu halten.

Für den Kongreß war ein riesiges Bambusdach errichtet worden. Das Hauptauditorium, das in der Mitte keine Stützpfeiler hatte, wurde mit Ausnahme des Daches aus Bambusstangen konstruiert. Die Bambusstangen wurden zuerst in gleichmäßigen Abständen einander gegenüber im Boden versenkt, dann kletterten die leichteren und geschickteren Männer an den Stangen hoch, um sie zusammenzubiegen. Das Klettern mußte sehr sorgfältig und langsam geschehen. Die Bambusstangen bogen sich aufeinander zu, und wenn sich die Spitzen in der Mitte trafen, wurden sie zusammengebunden. Auch für das Zusammenbinden wurde Bambus benutzt. Wie? Bambusstangen wurden in sehr dünne Streifen geschnitten und ins Wasser getaucht, bis sie sich als Stricke eigneten. Es ist wirklich erstaunlich, wenn man zusieht, wie geschickt und schnell die Männer den Bambus aufschnitten. Schließlich wurde die Bambuskuppel mit Stroh gedeckt.

Die Cafeteriatische wurden ebenfalls aus Bambusstangen und -matten hergestellt. Übrigens wurden auch in der Mitte aufgespaltene Bambusstangen als Wasserrinnen verwendet, durch die Wasser aus einer nahe gelegenen Quelle abgeleitet wurde. Während des Kongresses wurde Bambus auch als Behälter für Wasser und Suppe benutzt.

Die Delegierten wurden reich belohnt, denn noch nie zuvor waren während eines Kongresses drei neue birmanische Publikationen freigegeben worden. Die Anwesenden waren begeistert, als sie die Bücher „Dinge, in denen es unmöglich ist, daß Gott lügt“ und „Dein Wort ist eine Leuchte meinem Fuß“ erhielten sowie das neue Liederbuch „Singt und spielt dabei Jehova in euren Herzen“. Außer diesen Freigaben in Birmanisch wurden die Kongreßbesucher mit fünf neuen englischen Publikationen gesegnet.

Drei biblische Dramen wurden aufgeführt. Doch wie beschafften wir die nötigen Kostüme? Nun, es ist wirklich erstaunlich, wie gut sich die einheimische Kleidung in Kleider alten israelitischen Stils umwandeln läßt. Die Sarongs der Lushai eignen sich für diesen Zweck besonders gut. Jeder Teilnehmer brachte sein eigenes Kostüm mit. Doch der Bruder, der den Propheten Daniel darstellen sollte, vergaß, sein Kostüm und seinen grauen Bart mitzubringen! Jetzt mußte schnell etwas geschehen!

Der Vorhang ging auf. Das Drama begann. Und da war der betagte Daniel. In der Schminkabteilung hatte man etwas Watte und zwei Streifen Klebeband aus der Ersten Hilfe geholt. Die beiden Streifen Klebeband wurden mit der Klebeseite nach außen aneinandergenäht. Die eine Seite wurde auf das Gesicht aufgeklebt und die Watte an der anderen Seite festgeklebt. Um die gewünschte Farbe zu erhalten, wurden zerriebene Holzkohle und Asche mit Speiseöl vermischt und in die Watte gerieben. Und so war „Daniel“ fertig!

ZU GRÖSSERER AUSDEHNUNG ENTSCHLOSSEN

Im Jahre 1970 bemühten wir uns, das Werk weiter auszudehnen. Die Botschaft von Gottes Königreich wurde damals noch nicht in den Naga Hills, im Nordwesten des Landes, verkündigt. Daher wurden im April zwei Sonderpioniere nach Hkamti geschickt. Dort fanden sie viele Interessierte. Schon nach einer Woche besuchten fünf Personen die Zusammenkünfte.

Doch der schnelle Fortschritt war nur von kurzer Dauer. Die Regierung gab eine Anordnung heraus, die besagte, daß die Brüder die Provinz Hkamti (Naga Hills) innerhalb von 24 Stunden verlassen müßten, sonst würden sie ins Gefängnis gesperrt. Für diese Anordnung wurde kein Grund genannt. Die Pioniere legten Berufung ein, doch vergebens; der verantwortliche Beamte wollte unbedingt, daß sie Hkamti verließen. Hkamti war nur mit dem Flugzeug zu erreichen und es gab keine täglichen Flüge. Die Brüder sagten dem Beamten daher, daß sie nicht innerhalb von 24 Stunden weggehen könnten, da sie auf das nächste Flugzeug warten müßten, das nicht in der festgesetzten Zeit eintreffen würde.

Der Beamte bestand jedoch immer noch darauf, daß sie innerhalb von 24 Stunden weggingen. „Aber wie?“ fragten die Brüder. „Macht euch ein Bambusfloß, und fahrt damit“ war die Antwort. Mit einem Floß Hunderte von Kilometern auf einem reißenden Fluß zu fahren war ein Ding der Unmöglichkeit. Es halfen jedoch keine Argumente. Die Sonderpioniere, Bruder Win Pe und Bruder Aung Naing, waren in großer Verlegenheit, aber Jehova ließ sie nicht im Stich. Unerwartet landete ein Flugzeug der Luftwaffe auf dem Flugplatz von Hkamti. Man steckte daher die Brüder in dieses Flugzeug und gab ihnen einen freien Flug nach Myitkyina. Danach wurden die Interessierten brieflich betreut.

Damals tauchte auch plötzlich ein unerwartetes Problem in Tiddim (Chinstaat) auf. Rebellische Mizo aus Indien waren über die Grenze gekommen, hatten einige Gebäude in Tiddim in Brand gesteckt und waren dann in ihr Land zurückgekehrt. Die Mizo sind in Birma als Lushai bekannt. Viele Lushai wurden daher verdächtigt, diese ausländischen Rebellen zu unterstützen. Lal Chhana und Chal Liana, zwei Sonderpioniere aus dem Stamm der Lushai, wurden fälschlich angeklagt, Agenten für die Rebellen zu sein, und wurden in Haft genommen. Erst nach sechs Monaten ließ man sie wieder frei. Zur gleichen Zeit und aus dem gleichen Grund wurden B. T. Ruala und Vai Chunnunga, Sonderpioniere aus Khampat, in Tamu ins Gefängnis gesteckt. Sie wurden nach sechs Monaten freigelassen, ohne daß irgendwelche Anklagen gegen sie erhoben worden wären.

WEITERE SCHWIERIGKEITEN

Nicht lange danach stießen die Brüder aus Vanna (Chinstaat) wegen ihrer Haltung als neutrale Christen auf Widerstand. Es wurden Wahlen abgehalten, und die Teilnahme daran war obligatorisch. Als sich die Brüder weigerten, sich wegen ihrer religiösen Überzeugung und ihres Entschlusses, sich von der Welt getrennt zu halten, politisch zu betätigen, wurde ihnen verboten, von Haus zu Haus Zeugnis zu geben (Jak. 1:27). Auch wurden Kinder von Zeugen aus der Schule entlassen. Daraufhin fuhren der Zweigaufseher und seine Frau in diese Gegend, um die Brüder zu sprechen und sie zu ermuntern. Von Rangun nach Kalemyo reisten sie mit dem Flugzeug und von dort aus mit dem Bus nach Haka. Obwohl dieser „Bus“ nur für 22 Fahrgäste bestimmt war, hatten sich über 50 hineingezwängt, und 10 weitere fuhren auf dem Dach mit. Die Reise dauerte zwei Tage, obwohl sie nur 180 Kilometer weit war. Wegen des Wetters waren die Straßen sehr schlammig und schlüpfrig. Die gefährliche kurvenreiche Straße führte bis in 1 800 und 2 400 Meter Höhe. Von Haka aus reisten sie dann zu Pferd und zu Fuß bis nach Vanna und Hmaika weiter, wo es zu den Schwierigkeiten gekommen war. Es bot sich die Gelegenheit, mit den verschiedenen Behörden Unterredungen durchzuführen und unsere auf unserem Glauben beruhende neutrale Haltung zu erklären. Die Brüder und Schwestern wurden durch diesen Besuch ermuntert und schätzten ihn sehr. Sie haben einen starken Glauben und sind entschlossen, Gott treu zu bleiben.

Als sich alles etwas beruhigt hatte und bei den Behörden von Hkamti personelle Veränderungen eintraten, schickten wir vier weitere Sonderpioniere dorthin, die den Interessierten helfen sollten. Innerhalb von ein paar Monaten wurden drei Gruppen gegründet, und 16 Personen berichteten über ihren Predigtdienst.

Die Pioniere drangen tief in den Dschungel vor und sprachen mit allen Dorfbewohnern über die Königreichsbotschaft. Das ärgerte natürlich die Geistlichen der Christenheit. Mit schlauen Worten und Lügenmethoden vergifteten sie die Einstellung der Ortsbehörden, indem sie die Brüder fälschlich anschuldigten, Agenten der Aufständischen zu sein. Nach vielen Verhören wurden die Pioniere aufgefordert, die Provinz innerhalb von sieben Tagen zu verlassen. Keine Erklärung half. Als der letzte Tag kam, gingen die Pioniere ins Büro des Provinzrats, um zu erklären, daß für diesen Tag keine Transportmittel zur Verfügung ständen und daß sie ein oder zwei weitere Tage bleiben müßten. Doch die Behörden bestanden darauf, daß die Pioniere noch am gleichen Tag vor Sonnenuntergang abreisten. Die Brüder S. Dewar, B. Mawia und Ba Yee sowie Schwester Z. Liani mußten daher ihre Habe zusammenpacken und Hkamti unverzüglich verlassen. Sie gingen so lange, bis sie am Abend ein Dorf erreichten. Die Brüder und Interessierten, die sie zurückließen, sind immer noch stark in der Wahrheit und verkündigen regelmäßig die „gute Botschaft“.

SCHWIERIGKEITEN IN VERBINDUNG MIT DEM DRUCKEN

Unsere Produktion des Kinhmyozin (des birmanischen Wachtturms) nahm schnell zu, bis wir im Januar 1967 8 500 Exemplare pro Monat herstellten. Dann machte die Regierung dem Wachstum ein Ende, indem sie uns mit der Ausgabe vom Mai 1967 monatlich nur noch 5 000 Exemplare zu drucken erlaubte. Doch es kam noch schlimmer. Im April 1972 informierten uns die Behörden, daß sie uns nur noch für 3 000 statt für 5 000 Exemplare Papier zum Drucken geben könnten. Das waren für uns zuwenig Zeitschriften. Was sollten wir tun? Nun, wir konnten nichts anderes tun, als die Sache Jehova Gott im Gebet vorzutragen.

Maurice Raj, der Zweigaufseher, bat um eine Unterredung mit dem Leiter des Handelsverbandes Nr. 9, und diese wurde sogleich gewährt. Bruder Raj erklärte, daß die Watch Tower Society Papier mit ausländischem Geld, das heißt mit US-Dollar, kaufen könne. Das klang für ihn sehr verlockend. „Wir könnten dies aber nur tun“, erklärte Bruder Raj, „wenn wir Papier für 10 000 Exemplare kaufen könnten.“ Das Ergebnis? Schon im nächsten Monat durften wir 10 000 Exemplare drucken. Seit Januar 1975 haben wir sogar das Vorrecht, zwei Ausgaben monatlich zu drucken — 20 000 Exemplare pro Monat!

An dieser Stelle sollte erwähnt werden, unter welchen Umständen wir hier drucken. Von jeder zu druckenden Ausgabe müssen die Manuskripte in vierfacher Ausfertigung der Drucker- und Verlegerkommission zur Genehmigung unterbreitet werden. Es kann eine Woche, manchmal aber auch einen Monat, dauern, bis wir die Genehmigung erhalten. Nachdem wir die Druckerlaubnis erhalten haben, stellen wir einen Antrag für Papier. Das beansprucht eine weitere Woche. Mit der Erlaubnis der Papierkontrollstelle gehen wir zu dem godown (einem Lagerhaus, wo das Papier gelagert wird), um Papier zu kaufen. Dort müssen wir uns anstellen und warten, bis wir an der Reihe sind.

Nachdem die Ausgabe gedruckt worden ist und bevor die Zeitschriften von der Druckerei zum Zweigbüro gebracht werden, müssen wir 17 Exemplare an die Drucker- und Verlegerkommission schicken, die sorgfältig prüft, ob der Inhalt der Zeitschriften mit dem ursprünglich eingereichten Manuskript übereinstimmt. Keine Auslassung und kein Zusatz sind zulässig. Nachdem wir die entsprechende Bescheinigung erhalten haben, legen wir sie zusammen mit fünf Exemplaren des Wachtturms der Papierkontrollstelle vor, damit an der Druckmaschine überprüft werden kann, ob das ausgegebene Papier wirklich zu dem in unserem Antrag genannten Zweck verwendet wurde. Diese Prozedur wiederholt sich bei jeder Ausgabe, Monat für Monat.

MIT DEN REISENDEN AUFSEHERN UNTERWEGS

Besonders nach 1967 begann unser Werk, schnell Fortschritte zu machen. Jehova hat die birmanischen Christen, einschließlich der Sonderpioniere und der beiden reisenden Aufseher, D. J. O’Neill und J. T. Xavier, so reichlich gesegnet, daß sich die Zahl der Zeugen in Birma innerhalb von vier Jahren fast verdoppelt hat. 1968 hatten wir eine 24prozentige Zunahme an Verkündigern, 1969 eine 26prozentige Zunahme, 1970 stieg die Zahl um 18 Prozent und 1971 um 12 Prozent. In diesen vier Jahren symbolisierten 276 Personen ihre Hingabe an Gott durch die Wassertaufe. Im Jahre 1971 waren somit fast die Hälfte aller Zeugen in Birma erst höchstens vier Jahre getauft. Bis zum Jahre 1971 hatten wir drei Kreise organisiert. Der dritte Kreisaufseher war Donald Dewar, der Sohn des Sonderpioniers Frank Dewar, der 1966 ausgewiesen worden war.

An dieser Stelle sollten wir erwähnen, welche Schwierigkeiten Kreisaufseher erleben. Um ihre Glaubensbrüder zu besuchen, reisen sie oft in überfüllten Zügen, Bussen oder auf Schiffen. Manchmal fahren sie auch auf dem Dach eines Zuges, eines Busses oder einer Barkasse mit. In einigen Gegenden werden von Rebellen Brücken gesprengt oder die Straßen vermint. In den Chin Hills muß man fast alle Strecken zu Fuß zurücklegen. Das ist jedoch nicht leicht, denn man muß bis in 2 400 Meter Höhe klettern. Um alle Versammlungen in den Bergen zu besuchen, müssen die reisenden Aufseher 800 Kilometer zu Fuß gehen. Auch müssen sie ihre Nahrung und ihre Kochutensilien mitnehmen. Außerdem droht Gefahr durch wilde Tiere. Ein Beispiel mag dies veranschaulichen: Als James Xavier einmal von Tonzang nach Tiddim unterwegs war, stieß er auf eine Gruppe Paviane. Als der größte ihn anstarrte, war Bruder Xavier zu Tode erschrocken. „Ich hob einen Stock auf und schrie, so laut ich konnte“, erinnert er sich. „Als sie sich ein wenig von der Stelle bewegten, ging ich so schnell wie möglich weiter. Dann setzte ein schwerer Regen ein. Mir war schrecklich kalt, und ich war fast völlig erschöpft, als ich auf dem Weg ein Dorf erreichte. Ich fand Unterschlupf in dem Haus eines sehr freundlichen Baptistenpastors. Während ich mich aufwärmte, führte ich ein schönes biblisches Gespräch mit ihm.“

Donald Dewar hat es für das beste gehalten, die 68 Kilometer von Haka nach Leitak (Chinstaat) an einem einzigen Tag zurückzulegen. Er stand vor Sonnenaufgang auf, wickelte sein Essen in ein Bananenblatt ein und machte sich auf den Weg. Ohne sich unterwegs viel auszuruhen, gingen er und sein Begleiter mit schnellen Schritten bergauf und bergab. Die letzten fünf Kilometer waren eine ständige Kletterpartie über einen sehr steilen felsigen Berg. Mit großer Mühe und mit Hilfe seines Begleiters gelang es Bruder Dewar, sein Ziel wie geplant zu erreichen, doch am nächsten Tag konnte er kaum aufstehen.

Selbst Busfahrten sind an einigen Orten hier mit Gefahren verbunden. Eines Tages ereignete sich ein Unglück, als ein vollbeladener Bus die kurvenreiche Straße von Mogok herabkam, wo Birmas berühmte Rubine abgebaut werden. Donald Dewar und viele andere Fahrgäste saßen auf dem Dach, als der Fahrer plötzlich die Gewalt über das Fahrzeug verlor. Es kam zu einem Unfall, bei dem einige Mitfahrer das Leben verloren. Bruder Dewar kam mit einem gebrochenen Bein in Mandalay an.

Es gibt aber auch andere Gefahren. James Xavier erinnert sich noch: „Als ich einmal in einem Bus von Loikaw (Kayahstaat) nach Taunggyi (Schanstaat) fuhr, geriet das Fahrzeug plötzlich in ein Kreuzfeuer zwischen den Regierungstruppen und den Aufständischen. Wir mußten vom Bus springen und darunter Zuflucht suchen, bis der Kampf vorüber war. Danach transportierten wir die toten und verwundeten Soldaten in ein nahe gelegenes Krankenhaus im Dorf Sisaing.“

HILFE DURCH GLIEDER DER LEITENDEN KÖRPERSCHAFT

Die Besuche von Gliedern der leitenden Körperschaft sind immer sehr nützlich und ermutigend gewesen. Besonders beeindruckt hat uns die Art und Weise, wie diese Brüder ihre Demut und ihr liebevolles Interesse an Gottes Volk bekunden. Als zum Beispiel Bruder M. G. Henschel vom 21. bis 27. Januar 1973 in Birma zu Besuch war, mischte er sich ungezwungen unter die einheimischen Brüder, und jeder bewunderte seine Demut.

Bruder N. H. Knorr und Bruder F. W. Franz besuchten uns im Januar 1975. Kurz bevor sie in der Gandhi-Gedächtnishalle in Rangun sprechen sollten, erfuhren wir, daß die Behörden Zusammenkünfte in öffentlichen Sälen nicht erlauben würden. Warum? Wegen der Unruhen, die radikale Studenten und einige kriminelle Elemente in Verbindung mit der Beerdigung des verstorbenen UN-Generalsekretärs U Thant verursacht hatten. Die etwa 500 Brüder und Interessierten, die sich bereits in der Gandhi-Gedächtnishalle versammelt hatten, wurden daher gebeten, zu einem nahe gelegenen Königreichssaal zu gehen. Obwohl der Saal nur etwa 150 Personen faßt, quetschten sich 270 Personen hinein, um Bruder Knorr und Bruder Franz an jenem Abend zu hören. Über 200 Personen mußten nach Hause gehen, ohne die Besucher gehört zu haben. Doch an den nächsten beiden Tagen versammelten sich über 600 Personen im Hof von Eric Marcelline; sie setzten sich wie bei einem Picknick unter die Bäume und erfreuten sich der geistigen Speise. Die einheimischen Brüder gaben eine Aufführung für die Besucher, und als Erwiderung darauf spielte F. W. Franz mit seiner Mundharmonika, während seine Reisebegleiter Lieder sangen.

Im März 1977 kam John Booth, ein weiteres Glied der leitenden Körperschaft, zusammen mit Bruder Don Adams und seiner Frau aus dem Brooklyner Bethel nach Birma zu Besuch. Auch das war für Jehovas Diener in diesem Land ein freudiger Anlaß, und viele kamen aus Oberbirma, um den Kongreß zu besuchen, der in Verbindung mit diesem Besuch stattfand. Der Kongreß wurde auf dem Zionshügel in Insein abgehalten, etwa 16 Kilometer von Rangun entfernt. Auch diesmal führten die birmanischen Zeugen eine sehr interessante Darbietung für die Besucher auf.

Der letzte Besuch eines Gliedes der leitenden Körperschaft war der Besuch von L. A. Swingle im Januar 1978. Auf einem Kongreß in Okkalapa hörten 302 Personen seine ermutigende Ansprache, durch die sie ermuntert wurden, genauso auszuharren wie Gottes Prophet Jeremia. Bei diesem Besuch hielt Bruder Swingle auch eine Ansprache zur Bestimmungsübergabe unseres neuen Bethelheims. 248 Zuhörer waren anwesend. Doch nun etwas über den Erwerb dieses Eigentums.

WIE WIR UNSER NEUES BETHELHEIM ERWARBEN

Eines Sonntags besuchte der Zweigkoordinator nach dem Predigtdienst einen bestimmten Bruder. Im Laufe der Unterhaltung wurde erwähnt, daß Bruder Knorr schon bei seinem Besuch im Jahre 1962 gewünscht hatte, daß wir neue Räumlichkeiten für ein Zweigbüro und ein Bethelheim suchten. Gleich bereit zu helfen, erwähnte der Bruder, daß er ein sehr schönes Grundstück ganz in der Nähe kenne. Bruder Raj, der Zweigkoordinator, folgte ihm daher zu dem Grundstück und fand es sehr geeignet. Es handelte sich um ein zweistöckiges Gebäude auf einem viertel Hektar Land. Das Haus hatte genügend Platz für Schlafzimmer und Büroräume sowie für einen Königreichssaal. Außerdem war es groß genug für weitere Ausdehnung.

Am nächsten Tag nahm der Zweigkoordinator andere Glieder des Zweigbüros zu dem Gebäude mit. Seine Frau Doris war überrascht, festzustellen, daß die Frau des Besitzers eine ehemalige Schulfreundin war. Schwester Raj konnte bald ein Bibelstudium mit den Kindern einrichten. Als Bruder Raj das Angebot machte, mit den Eltern zu studieren, sagte die Mutter: „Ich will gern studieren, aber ich werde nie meine Religion wechseln.“ Dem Vater war es egal, da er von der katholischen Kirche sehr enttäuscht war. So begann Bruder Raj ein Bibelstudium mit ihnen. Nach drei Monaten Studium erkannten sie, daß sie die Wahrheit gefunden hatten. Sie entfernten religiöse Bilder aus ihrem Haus und gingen nicht mehr zur Kirche. Auf dem nächsten Bezirkskongreß symbolisierten die Eltern und der älteste Sohn ihre Hingabe an Jehova durch die Wassertaufe. Danach wurde das Eigentumsrecht auf das Haus offiziell Jehovas christlichen Zeugen überschrieben. So konnte Bruder Swingle im Januar 1978 die Einweihungsansprache für unser Zweigbüro und unser Bethelheim halten.

DAS WERK GEHT WEITER VORAN

Trotz Rückschlägen geht unser Werk ständig voran. Am Ende des Dienstjahres 1972 hatten wir 644 Königreichsverkündiger, eine 7prozentige Zunahme. Im Jahre 1974 hatten wir eine 5prozentige Mehrung; 762 berichteten über ihren Predigtdienst, und 111 symbolisierten ihre Hingabe an Gott, indem sie sich taufen ließen. 1975 waren die birmanischen Brüder sehr eifrig tätig und wurden mit einer 14prozentigen Zunahme gesegnet. In jenem Jahr wurden 108 Personen getauft, und wir hatten eine Höchstzahl von 822 Königreichsverkündigern. Das Dienstjahr 1976 endete mit einer Höchstzahl von 845 Verkündigern. Im Oktober jenes Jahres hatten Bruder Maurice Raj und seine Frau das Vorrecht, einige Zeit im Hauptbüro der Gesellschaft in Brooklyn (New York) zu verbringen, als dort eine Zusammenkunft der Zweigkoordinatoren stattfand.

Im Dienstjahr 1977 hatten wir einen einprozentigen Rückgang in der Zahl der Königreichsverkündiger. Dies war der erste Rückgang in der Geschichte der Zeugen Jehovas in Birma. Wie kam es dazu?

Die Inflation scheint einer der Gründe zu sein. Die Lebenshaltungskosten sind ständig gestiegen. Zum Beispiel kostete noch vor ein paar Jahren ein Pfund Kaffee 7 K (1 US-Dollar), doch bis Anfang 1978 war der Preis auf 85 K (12.14 US-Dollar) angestiegen. Das ist eine 1 114prozentige Verteuerung! Viele Zeugen und Interessierte mußten daher hart arbeiten, um den Lebensunterhalt zu verdienen, und das scheint bewirkt zu haben, daß einige ihre Wertschätzung für geistige Dinge verloren haben.

Andere, die bereits aufgehört hatten, zu rauchen oder die Betelnuß zu kauen, sind zu ihren früheren unreinen Gewohnheiten zurückgekehrt. Allein aus diesem Grund wurde von 1975 bis 1977 32 Personen die Gemeinschaft entzogen.

Einige haben aufgehört, mit uns Gemeinschaft zu pflegen, weil sich im Jahre 1975 die Dinge nicht so entwickelten, wie sie erwartet hatten. Als ihr Interesse an Gottes Verheißungen nachließ, gaben sie weltlichen Interessen nach. Als somit das Dienstjahr 1977 zu Ende ging, stellten wir einen einprozentigen Rückgang in der Zahl der Königreichsverkündiger in Birma fest.

Die meisten Brüder haben jedoch keine geistigen Rückschritte gemacht. Sie verrichten weiterhin eifrig heiligen Dienst und empfangen viele Segnungen. Mit dem Beginn des Dienstjahres 1978 war eine weitere Zunahme unserer Zeugnistätigkeit im ganzen Land zu beobachten. Wir hatten jeden Monat eine neue Verkündiger-Höchstzahl. Im September 1977 hatten wir eine 4,3prozentige Zunahme. Im Oktober betrug die Zunahme 5 Prozent; im November 8 Prozent und im Dezember 11 Prozent. In jenem Monat berichteten 903 über ihren Predigtdienst. Zum ersten Mal hatten wir also mehr als 900 Verkündiger. Dadurch wurde es erforderlich, in diesem Land einen vierten Kreis einzurichten.

Hier in Birma verbinden sich Menschen aller Arten mit Jehovas Dienern. Zum Beispiel wurde T. Tamang, ein überzeugter, jogapraktizierender Hindu, ein christlicher Zeuge Jehovas. Seit 20 Jahren ist er nun ein Aufseher. Durch seine Bemühungen konnte vielen Hindus geholfen werden, Babylon die Große, das Weltreich der falschen Religion, zu verlassen und Lobpreiser des wahren Gottes, Jehovas, zu werden (Offb. 18:1-5).

EIN BLICK IN DIE ZUKUNFT

Im Jahre 1914 war der erste Funke der biblischen Wahrheit nach Birma vorgedrungen. Doch erst im Jahre 1926 war das Königreichswerk hier ordentlich organisiert worden. Während des Zweiten Weltkrieges war es zu einem Stillstand gekommen. Doch nach dem Krieg hatte unsere Tätigkeit wieder mit acht Verkündigern im Jahre 1946 begonnen. Auslandsmissionare waren zum ersten Mal 1947 und 1948 ins Land gekommen, doch sie wurden 1966 ausgewiesen. In den 32 Jahren seit 1946 sind wir von 8 Verkündigern auf 903 Verkündiger im Dezember 1977 angewachsen. Im März 1978 erreichten wir eine Höchstzahl von 905 Königreichsverkündigern, und wir waren begeistert darüber, daß sich am 23. März 1978 2 174 Personen versammelten, um des Todes Jesu Christi zu gedenken.

Wir wissen, daß Gott gewiß alle schafähnlichen Menschen mit der Christenversammlung in Verbindung bringen wird, bevor das endgültige Ende dieses bösen Systems der Dinge kommt. Jesus sagte: „Diese gute Botschaft vom Königreich wird ... gepredigt werden, ... und dann wird das Ende kommen“ (Matth. 24:14). Bis Gott sagt, daß das Werk getan ist, werden wir daher ohne Unterlaß fortfahren, den König und sein Königreich zu verkündigen. Und wir warten mit großer Spannung darauf, welche Segnungen die Zukunft den wahren Christen in Birma bringen wird.

[Karte auf Seite 36]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

INDIEN

CHINA

BANGLADESCH

LAOS

THAILAND

BIRMA

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Hkamti

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Kalemyo

Lashio

Maymyo

Mandalay

Henzada

Rangun

Bassein

Moulmein

Tavoy

Mergui

Golf von Bengalen

Andamanensee

Golf von Siam