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Australien

Australien

Australien

Unterhalb des Äquators zwischen dem 9. und dem 42. Breitengrad erstreckt sich weithin der Inselkontinent Australien. Die Entfernung beträgt von Osten nach Westen 4 000 km und von Norden nach Süden 3 200 km — wahrhaft gigantische Ausmaße! Das Gebiet übertrifft an Größe den gesamten europäischen Kontinent.

In diesem riesigen Land gibt es jedes Klima, das man sich nur vorstellen kann — von den üppigen Tropen im hohen Norden mit einem jährlichen Niederschlag bis zu 1 000 mm bis zu den ausgedörrten Wüsten im Innern des Landes, wo der Regen manchmal zehn Jahre lang ausbleibt. Im südlichen Hochland gibt es größere Schneegebiete als in der Schweiz.

Obwohl Großbritannien das Land im 18. Jahrhundert beanspruchte, blieb es wegen der schlechten Reise und Nachrichtenverbindungen für den Tourismus praktisch 150 Jahre lang unbekannt. Durch die rasche Entwicklung der viele Millionen Dollar Umsatz erzielenden Touristik war es jedoch in den letzten Jahrzehnten immer mehr Menschen aus anderen Ländern möglich, sich selbst davon zu überzeugen, daß weder das einzigartige Beuteltier, das Känguruh, auf den Hauptstraßen Sydneys und Melbournes entlanghüpft noch der anschmiegsame Koalabär in den von Eukalyptusbäumen gesäumten Straßen zu finden ist, wie Touristen dies aufgrund von Reiseprospekten erwarten mögen.

Obschon im ganzen Land von den 15 Millionen Einwohnern Englisch gesprochen wird, kann man den australischen Akzent als unvergleichlich bezeichnen. Einigen erscheint er wie der Londoner Cockneydialekt mit der besonderen Eigenart, die letzte Silbe der meisten Wörter zu verschlucken. Ein anderes Merkmal ist die breite Aussprache des Vokals „a“, der für die meisten fremden Ohren mehr einem „ei“ gleicht. Eine Sprechgewohnheit, die es dem neuen Siedler noch erschwert, die neue Sprache zu erlernen, ist das Zusammenziehen ganzer Wortgruppen, nicht nur einzelner Wörter.

Australien wurde vor fast 200 Jahren von Großbritannien entdeckt und erforscht und scheint heute noch in den Kinderschuhen zu stecken, wenn man es mit Ländern in anderen Teilen der Welt vergleicht. Die ersten Siedler waren vorwiegend britischer Herkunft. Viele waren Sträflinge, die wegen geringfügiger Vergehen in die Kolonie abgeschoben worden waren. Sie brachten die religiösen Ansichten ihres Geburtslandes mit, und so gehört die Mehrheit der Australier irgendeiner der Sekten der Christenheit an. Die Abgeschiedenheit und die unermeßliche Weite des Landes haben zu einer charakteristisch unabhängigen Einstellung geführt. Die Australier lieben den Sport, den Sonnenschein und das Leben im Freien. Obwohl sie sich zwanglos und unbekümmert geben, sind sie doch beharrlich, wenn es um Glaubensfragen geht.

SAMENKÖRNER DER WAHRHEIT FALLEN ZU BODEN

Einige der ersten Schriftsteller Australiens bezeichnen das Land aufgrund seiner entlegenen geographischen Lage als den „entferntesten Platz am Ende der Welt“. Aber gemäß den Worten Jesu Christi in Apostelgeschichte 1:8 muß selbst in diesem Land, dem „entferntesten Teil der Erde“, die „gute Botschaft“ bekanntgemacht werden.

Im Jahre 1901 wurden die Staaten Australiens zum Australischen Bund zusammengeschlossen, und etwa um diese Zeit sorgte Charles T. Russell, der Präsident der Watch Tower Society, dafür, daß vier Bibelforscher dorthin gesandt wurden. Aber Samenkörner der biblischen Wahrheit waren schon zuvor auf aufnahmebereiten „Boden“ gefallen.

Im Jahre 1896 erhielt Arthur Williams sen., ein Minenarbeiter auf den Goldfeldern von Kalgoorlie (Westaustralien), ein Exemplar des Buches Der göttliche Plan der Zeitalter. Arthur Williams war fasziniert von der großartigen Wahrheit, die in dieser Veröffentlichung dargelegt wurde. In Perth, der Hauptstadt Westaustraliens, schloß er sich einer Gruppe von 12 Personen an. Im Jahre 1902 zog er in den südwestlichen Teil des Staates, und schließlich ließ er sich in Donnybrook nieder, wo heute schon die dritte Generation seiner Familie Jehova anbetet. Arthur Williams verbreitete in seiner Gegend viele Sätze der Schriftstudien, doch einen Großteil seiner Zeugnistätigkeit verrichtete er in seinem Laden, indem er mit Kunden sprach.

Arthur Williams jun. erinnert sich noch an die Tätigkeit seines Vaters in jenen Tagen und berichtet, daß sein Vater, nachdem die Kunden ihre Waren erhalten hatten, mit jedem einzelnen über das Jahr 1914 sprach, in dem die Heidenzeiten enden und die Anarchie beginnen würde. Er lud Leute zu sich nach Hause ein, wo sie sich um den Tisch herum versammelten und Gedanken aus dem Buch Der göttliche Plan der Zeitalter betrachteten.

ZWEIGBÜRO ERÖFFNET

Im Jahre 1904 bezogen in Australien mehr als 100 Personen die Zeitschrift Zions Wacht-Turm. Es schien angebracht zu sein, in Melbourne ein Zweigbüro der Gesellschaft zu eröffnen, damit das Traktat Die Volkskanzel und andere Traktate, die mit einer australischen Adresse versehen waren, verbreitet werden konnten.

Der erste Zweigdiener, E. C. Henninges, gab bekannt, daß schon nach den ersten achteinhalb Monaten der Tätigkeit im Zweigbüro die Liste der Abonnenten auf die Zeitschrift Zions Wacht-Turm im Staate Victoria um das 18fache angestiegen war. Ein Abonnent spendete 10 Pfund für den Traktatfonds (was damals 40 US-Dollar entsprach) und bat, die Mittel für den Postversand der Traktate zu verwenden. Die Brüder waren mit dieser Summe in der Lage, 4 800 Pakete zu versenden! Wie kamen sie zu den Adressen? Die Brüder entnahmen sie den Wählerlisten und versandten von einem Ende des Landes bis zum anderen Tausende von Exemplaren des Traktats Volkskanzel, und zwar für den Preis von einem Schilling (10 US-Cent) pro hundert Stück.

Arbeiter und einsam wohnende Kleinbauern entlang der Eisenbahnlinie erfuhren von der Botschaft des kommenden Königreiches durch Freunde, die Bündel von Traktaten aus den Zugfenstern warfen. So erreichte die Wahrheit auch einige dieser einsam lebenden Menschen. Es wurden viele Tonnen Traktate hergestellt, die von Gruppen begeisterter Bibelforscher in die Briefkästen geworfen wurden. Mitunter verbreiteten solche Gruppen samstags nachmittags jeweils bis zu 500 Exemplare des Monatsheftes Der Schriftforscher, das auch die Versammlungszeiten enthielt. Schiffe, die am Kai der Stadt festmachten, wurden besucht, und in Tageszeitungen sowie in Zeitschriften wurden wöchentlich spaltenlange Predigten abgedruckt.

Im Jahre 1907 wurde in der George Street, im Osten Melbournes, ein Gebäudekomplex erworben, der aus zwei völlig gleich aussehenden nebeneinanderliegenden Häusern bestand, aber wofür zwei Urkunden ausgestellt waren. Dort wohnte die derzeitige Bethelfamilie. Das Büro wurde schließlich in einem Gebäude in der Collins Street in Melbourne eingerichtet.

An der Rückseite des Hauses in der George Street 20a befand sich ein kleines Gebäude (ein früherer Stall), das die Brüder „Stiftshütte“ nannten. Im Jahre 1925 erhielt man eine Miehle-Druckpresse aus den Vereinigten Staaten. William Schneider und später Bert Shearmur bedienten diese Druckpresse in der „Stiftshütte“, wo Traktate und andere Veröffentlichungen gedruckt wurden, die in ganz Australien und Neuseeland verschickt wurden. Vor dieser Zeit wurde das Drucken von weltlichen Firmen ausgeführt. Seit den frühen Anfängen benutzte die Ekklesia oder Versammlung in Melbourne für ihre Zusammenkünfte die Masonic Hall in der Collins Street.

LOYALITÄT GEPRÜFT

Im Jahre 1908 kam es in der Organisation in Australien zu einer Umwälzung. Wie in der Zeitschrift Der Wacht-Turm von 1910 berichtet wurde, ging das Freiwilligenwerk zurück. Der Zweigdiener Henninges wurde abtrünnig und riß den Großteil der Versammlung Melbourne mit sich wie der Wacht-Turm berichtete. Von 100 Mitverbundenen blieben nur 20 treu.

Edward Nelson, der in der Prüfung feststand, beschrieb die Abtrünnigen in einem Bericht an Bruder Russell wie folgt: „Viele von ihnen sind überhaupt nicht als Leser zu bezeichnen, und sie sind zu seinen [Henninges’] Zusammenkünften eher durch seine Redegewandtheit als durch die Wahrheit angezogen worden. Einige von ihnen erkennen nicht einmal die ,parousia‘ an, und andere vertreten noch die Meinung, der Mensch habe eine unsterbliche Seele.“ Während Jehova seine Organisation segnete, hörte die Henninges-Gruppe schon bald auf zu existieren. Bruder Russell ernannte R. E. B. Nicholson anstelle von Henninges zum Schriftführer des Zweiges.

DAS AUSTRALISCHE „FELD“ WIRD ERSCHLOSSEN

Im Jahre 1910 belud Arthur Davey, ein amerikanischer Kolporteur, sein Fahrrad mit einem Karton Bücher und machte sich auf, die biblische Wahrheit den Menschen im Süden Westaustraliens zu bringen. Arthur Williams, der in Donnybrook wohnte, freute sich sehr über seine Ankunft. Er sagte: „Bruder Davey war über 60 Jahre alt, ein Mann von kleiner Statur, vornübergebeugt, gebrechlich, und er war lungenkrank. Sein Eifer und seine Loyalität gegenüber Jehova waren etwas Wunderbares.“ Zu jener Zeit hatte sich Arthur Williams aufgrund der eifrigen Bekanntmachung von dem herannahenden Ende der Heidenzeiten den Spitznamen „Verrückter alter 1914-Prophet!“ zugezogen.

Ermunterung für die Brüder kam aus vielen Richtungen, sogar vom Meer her. John Smith, der im Jahre 1912 als Kapitän für die Linie „White Star“ fuhr, machte sein Schiff am Kai fest und erledigte das Geschäftliche so schnell wie möglich, so daß er die verbleibende Zeit dafür nutzen konnte, die Brüder zu ermuntern und biblische Vorträge zu halten. Er überbrachte Neuigkeiten über die Tätigkeit der Brüder von einem zum anderen und stellte so die Verbindung zwischen den Versammlungen von Brisbane an der Ostküste bis Perth im Westen her, was zur Einheit der Brüder im ganzen Land beitrug.

Im Jahre 1914 war man im Innern Australiens überallhin vorgedrungen, und die Tätigkeit wurde von 21 Kolporteuren angeführt. Etwa 35 Tageszeitungen veröffentlichten im ganzen Land Predigten, und 908 Personen in Australien und in Neuseeland hatten den Wacht-Turm abonniert. Das „Feld“ war gut bestellt worden, wie dies in der Zeitschrift Zions Wacht-Turm von 1906 bestätigt wird: „Die beste Tagesarbeit eines Kolporteurs in diesem Teil des Feldes bestand darin, 105 Bestellungen der Schriftstudien-Bände aufzunehmen; 103 davon wurden später an einem halben Tag geliefert. Dem gleichen Kolporteur gelang es, in zwei aufeinanderfolgenden Monaten einen Durchschnitt von 50 Bänden pro Tag zu erreichen.“

DAS SICHTEN DES „WEIZENS“

Das bedeutungsvolle Jahr 1914 brach an. Als der Weltkrieg ausbrach, begannen Jehovas Diener mit einer aufsehenerregenden Tätigkeit. Das Photo-Drama der Schöpfung war eine Kombination von Filmen und Lichtbildern, die sehr zur Bereicherung der geistigen Speise beitrug, mit der die Kinder des Königreiches versorgt wurden, und viele lernten dadurch die Wahrheit kennen.

Durch das Photo-Drama der Schöpfung und die verbreitete Literatur wurde der Samen in aufnahmebereite Herzen gesät, der nun bewässert werden mußte. Das pastorale Werk nahm seinen Anfang, als Brüder bei Interessierten Besuche machten, um Studiengruppen zu organisieren. Ausgewählte Schwestern luden die Interessierten ein, und als sie sich im Saal eingefunden hatten, beantworteten die Brüder ihre Fragen und hielten Vorträge über Themen wie z. B. „Die Drei Welten“ Das pastorale Werk wurde noch ziemlich lange fortgesetzt, nachdem das Photo-Drama seinen Zweck nämlich Interesse zu wecken, erfüllt hatte. Auf einem im Jahre 1915 in Melbourne organisierten Kongreß waren 250 Personen anwesend, und 14 wurden getauft.

Es ist interessant zu erfahren, was sich damals am Schluß solcher Kongresse zutrug. Die Brüder und Schwestern standen im Kreis, hielten sich an den Händen gefaßt und sangen: „Gott mit dir, bis wir uns wiedersehn.“ Viele hatten Tränen in den Augen. Dann wurde eine Schale mit Weintrauben von einem zum anderen gereicht. Dies nannte man ein Liebesmahl. So erfreuten sich die Brüder und Schwestern einer herzlichen Gemeinschaft, bevor sie nach Hause zurückkehrten

AUSHARREN UND GLAUBEN TROTZ SCHWERER PRÜFUNGEN

Im Jahre 1916 löste die wachsende geistige Wohlfahrt zufolge der Königreichstätigkeit in Australien feindliche Angriffe aus Zeichen einer Krise innerhalb der Organisation waren nicht zu übersehen. Als die Nachricht vom Tod Bruder Russells Australien erreichte, brachte der Schriftführer des Zweiges, Nicholson, Gefühle zum Ausdruck, die alle teilten: „Über ein Vierteljahrhundert habe ich ihn nicht nur wegen seiner Arbeit, sondern auch wegen seines wunderbaren Charakters geschätzt.“ Der Tod Bruder Russells versetzte Bruder Nicholson einen Schlag, den er nicht verkraften konnte. Die spätere Ernennung Bruder Rutherfords zum Präsidenten der Gesellschaft stimmte nicht mit seinen persönlichen Ansichten überein, und daher wandte er sich von der Organisation ab.

Als Bruder Nicholson abtrünnig wurde, folgten ihm die meisten der Ekklesia, denn er wurde von vielen sehr verehrt. Außerdem eignete er sich eine der Grundstücksurkunden des Gebäudekomplexes der Gesellschaft an. So mußten sich die loyalen Brüder so gut es ging — mit dem einen angrenzenden Haus behelfen, das zum Besitz der Gesellschaft gehörte.

Schwester Jane Nicholson schloß sich ihrem Mann in seinem abtrünnigen Lauf nicht an. Was würde diese zerbrechliche christliche Frau nun tun, nachdem sie sozusagen von einer doppelten Tragödie betroffen worden war? Ihr Mann hatte die Wahrheit und sie verlassen. Ohne Frage würden viele Frauen unter einer solchen Belastung zusammenbrechen oder mindestens an ihrem Glauben Schaden nehmen. Aber Jane Nicholson gehörte nicht zu diesen Frauen! Sie setzte ihren ganzherzigen Vollzeitdienst bis zu ihrem Tode — in den 50er Jahren — fort. Ihre Pionierpartnerin Enid Duff und sie wurden unter den Kosenamen „Nicky und Duff“ im ganzen Staat Victoria und in vielen anderen Teilen Australiens bekannt.

Ein Bruder, der in der Mitte der 30er Jahre einer Pioniergruppe angehörte, zu der auch Schwester Nicholson und Schwester Duff gehörten, berichtet von ihrer damaligen Pionierzeit: „Sie verrichteten den Pionierdienst zu Fuß, und viele Jahre lang bearbeiteten sie die Städte entlang der Eisenbahnlinie. Sie fuhren mit dem Zug in eine x-beliebige Stadt und suchten eine Unterkunft, während sie von Haus zu Haus predigten. Die jeweilige Unterkunft benutzten sie dann als Ausgangspunkt. * So weit sie ihre Fuße trugen gingen sie in das Landgebiet und bemühten sich, kein Haus auszulassen. Dann begaben sie sich in die nächste Stadt und wieder in die nächste, und das taten sie so lange, bis es an der betreffenden Strecke keine Stadt mehr gab, die sie nicht bearbeitet hatten. Dann gingen sie zurück und kümmerten sich um das vorgefundene Interesse. Einige Städte bearbeiteten sie zwei bis dreimal. Ein Mann, der ihre Treue über Jahre hinweg beobachtete und von ihrem unermüdlichen Eifer und ihrer christlichen Standhaftigkeit beeindruckt war, schenkte ihnen ein Auto, und zwar einen Ford, Modell A, den dann die Gruppe benutzte.“

Zweifellos sind diese Schwestern ein wunderbares Beispiel des Glaubens und des Ausharrens, besonders für jeden der heute ähnliche Prüfungen seines christlichen Glaubens und seiner Lauterkeit bestehen muß. Wer diese Schwestern kannte, war davon überzeugt, daß sie zu denen zählen von denen bei ihrem Tode gesagt werden kann, daß ‘die Dinge die sie getan haben, gleich mit ihnen gehen’ (Offb. 14:13).

NOTWENDIGE ÄNDERUNGEN

In der Zwischenzeit mißbrauchte Nicholson die Mittel der Gesellschaft. Bruder Ebenezer Brewster (ein Pilgerbruder) telegrafierte Bruder Rutherford wie folgt: „Nicholson leistet der Gesellschaft Widerstand. Bitte sendet Hilfe!“ Die Antwort lautete: „Nicholson seines Amtes enthoben. Brewster ernannt, bis Johnston aus Südafrika eintrifft.“

Der mildgesinnte „Onkel Eb“ (Bruder Brewster) kümmerte sich fast ein Jahr lang um die Angelegenheiten der Gesellschaft, nämlich von 1917 bis 1918, bis Bruder Johnston aus Südafrika eintraf. Der Sturm hatte sich gelegt, und die Mehrzahl der Gegner hatte sich abgesondert. Der neue Zweigaufseher, William Johnston, strahlte Zuversicht aus und wirkte mit seinem gewinnenden Lächeln und demütigen Geist auf die Brüder wie ein erfrischender Regenschauer im Sommer.

Auf einer seiner Reisen nach Neuseeland lernte Bruder Johnston Maude Murray kennen, und im Jahre 1923 wurden sie getraut. Schwester Murray war 1912 nach Neuseeland gekommen, weil sie im Jahre 1910 durch einen Vortrag von Bruder Russell in Belfast (Irland) tief beeindruckt worden war. Nach ihrer Heirat mit Bruder Johnston wurde sie ein Teil der Bethelfamilie in Australien. Trotz ihrer 87 Jahre ist die weißhaarige „Tante Maude“ dort immer noch voller Lebenskraft tätig.

Aufgrund des anhaltenden Kriegsfiebers wurde das Buch Das vollendete Geheimnis im Jahre 1917 von der Regierung verboten. Als die Brüder feststellten, daß nur einige wenige Seiten des Buches Anstoß erregten, schnitten sie sie heraus und fuhren dann fort, die Veröffentlichung ohne diese Seiten zu verbreiten. Die Seiten wurden jedoch nicht vernichtet, und so konnten viele Neugierige sie lesen. Ein Armeehauptmann sagte einem Verkündiger, daß er nicht an dem Buch interessiert sei, aber gern bereit wäre, fünf Schillinge für die drei entfernten Seiten zu bezahlen!

EINE ZEIT DER STÄRKUNG

Vom Kongreß in Cedar Point (Ohio, USA) entsandte Bruder Rutherford im Jahre 1919 J. P. MacPherson, einen reisenden Vertreter (Pilgerbruder) nach Australien. Er hatte das Manuskript für den Vortrag „Die Welt ist am Ende — Millionen jetzt Lebender werden nie sterben!“ mitgebracht. Dieser Vortrag wurde von sechs Rednern jeweils vor einer großen Zuhörerschaft im ganzen Land gehalten. Die Tageszeitungen in den Städten brachten des öfteren halbseitige Anzeigen dieser Vorträge. Die Zahl der Anwesenden stieg manchmal auf 1 500, und selten sank sie unter 500. Personen, deren Interesse geweckt worden war, nahmen freudig große Mengen Literatur entgegen.

Im Jahre 1919 traf eine Familie aus Schottland in Brisbane (Queensland) ein. Die Mutter war eine Bibelforscherin, und ihr Sohn, Richard Kinninmonth, der schlagfertig und von furchtloser Entschlossenheit war, wurde in ganz Australien als Kämpfer für Jehova bekannt. Er beendete seinen irdischen Lauf im Jahre 1969.

Tom Kitto, der später mit seiner Frau Rowena seinen Dienst für Jehova in Papua-Neuguinea fortsetzte und sehr beliebt war, hatte die Wahrheit auf eine ungewöhnliche Weise kennengelernt. Seine Schwester Marjorie kam im Jahre 1920 in Tasmanien zur Wahrheit, aber Tom war ein Gegner. Als er eine Broschüre seiner Mutter mit dem Thema „Hölle“ in die Hände bekam, schrieb er mit sarkastischen Worten auf die Innenseite des Umschlags: „Gnä’ Frau, es gibt keine Hölle!“ Marjorie bemerkte scherzhaft: „Als Mutter ihm die Meinung gesagt hatte, nachdem er dies in eine ihrer liebsten Broschüren geschrieben hatte, war er sich seiner Sache nicht mehr so sicher!“

Auf jeden Fall war es genau diese Broschüre, die ihm half die Wahrheit kennenzulernen. Als seine Schwester eines Morgens beim Bettenmachen Toms Bibel und die Broschüre unter seinem Kopfkissen fand, war sie sehr erstaunt. Als nächstes unterrichtete Tom seine Sonntagsschulklasse in der Methodistenkirche von der Tatsache, daß die Bibel nichts über eine feurige Hölle lehrt. Kurz danach trat er aus der Kirche aus und nahm die Wahrheit an.

In jenen Tagen pflegte Anne Beck, die die Wahrheit im Jahre 1913 durch eine bei ihr wohnende Schwester kennengelernt hatte, um 2 Uhr morgens in Yass, einer Kleinstadt im Staate Neusüdwales, einen Zug zu besteigen. Am Bestimmungsort angekommen, wartete sie bis es Tag wurde, und dann gab sie den ganzen Tag lang allen Personen, die sie erreichen konnte, Zeugnis und kehrte abends um 23 Uhr wieder nach Hause zurück.

Die Zahl der Königreichsverkündiger wuchs ständig. Als im Jahre 1921 ein Landeskongreß in der Newtown Town Hall (Sydney) abgehalten wurde, waren 300 Personen anwesend. Im Jahre 1922 freute man sich über den Besuch von Bruder M. A. Howlett aus den Vereinigten Staaten. Anläßlich seines Besuches fand in der Collingwood Town Hall in Melbourne ein Kongreß statt. Wie auch bei anderen Kongressen, die in jener Zeit überall in der Welt abgehalten wurden, wurde auf diesem Kongreß ein Transparent mit dem aufsehenerregenden Motto „VERKÜNDET, VERKÜNDET, VERKÜNDET DEN KÖNIG UND DAS KÖNIGREICH!“ entfaltet. Das Werk erhielt dadurch neuen Auftrieb.

BAHNBRECHEND IN DER NUTZUNG DES RUNDFUNKS

Um alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszukaufen, den Namen Jehovas in diesem „entferntesten Teil der Erde“ zu verherrlichen, gingen die Brüder im Jahre 1924 in der Nutzung des Radios bahnbrechend voran, und zwar mit einem Versuchssender in Launceston (Tasmanien). Die Gesellschaft stellte Manuskripte für das Rundfunkprogramm zur Verfügung, das unter Mitwirkung eines Bruders und seiner Frau jeden Sonntag ausgestrahlt wurde.

Ende der 1920er Jahre begannen Verhandlungen über die erste Radiostation, die von der Gesellschaft betrieben werden sollte. Es handelte sich um die Station 2HD in Newcastle (Neusüdwales). Drei weitere folgten in Südaustralien Tasmanien und Queensland.

Einmal hatte die australische Öffentlichkeit Gelegenheit die Königreichsbotschaft über 20 Radiostationen zu empfangen. Und zu Kongreßzeiten wurde dem Volk Jehovas durch den Anschluß an das Netz der Vereinigten Staaten viel Erbauung zuteil. Örtlich wurden auch biblische Hörspiele, bei denen bis zu 20 Personen mitwirkten, zum Nutzen der Radiohörer übertragen.

DAS ZWEIGBÜRO ZIEHT UM

Im Jahre 1928 kehrte Bruder Johnston, der Zweigaufseher, von einem Kongreß in den Vereinigten Staaten zurück und gab Bruder Rutherfords Entscheidung bekannt das Hauptbüro von Melbourne nach Sydney zu verlegen was in vielerlei Hinsicht günstiger war. So wurde das Zweigbüro im Jahre 1929 in ein neues Haus verlegt.

Damals bestand die Bethelfamilie aus 11 Brüdern und Schwestern. Wie schön doch die Umgebung des neuen Heimes in der Beresford Road in Strathfield war! Kurze Zeit später wurde ein neues Backsteingebäude errichtet, in dem das Büro und die Versandabteilung untergebracht wurden.

Im Jahre 1930 erfolgte mit der Ankunft eines weiteren Bruders aus Schottland, Alexander MacGillivray, ein Wechsel in der Verwaltung des Zweigbüros. Er war ein Mann mit Weitblick und Eifer, der im Hauptbüro in New York mit den Beamten der Gesellschaft 10 Jahre lang eng zusammengearbeitet hatte. Er brachte nicht nur frischen Wind in das Werk in Australien und Neuseeland, sondern half auch, das Werk in folgenden Gebieten zu erschließen: Fidschiinseln, Tahiti und was heute als Papua-Neuguinea bekannt ist, Indonesien, Singapur, Malaysia, Thailand, Birma und sogar Vietnam Hongkong und China. Heute sorgen dreizehn Zweige für die Belange dieses riesigen Gebietes. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte das australische Zweigbüro die Aufsicht inne, und so setzte die Gesellschaft ihr Boot Lichtträger sowie einsatzbereite Pioniere ein, um in diese Gebiete vorzudringen.

DIE JAHRE DER WELTWIRTSCHAFTSKRISE

Um das Jahr 1930 wurde die gute Botschaft in Australien von 66 Pionieren und 400 Verkündigern bekanntgemacht, und der zu Beginn des 20. Jahrhunderts gesäte Same ging auf, und es entstanden Versammlungen. Während sich das Volk Jehovas an geistiger Wohlfahrt erfreute, bekam die australische Nation ein Schwinden der materiellen Wohlfahrt zu spüren, als sie in die weltweite Wirtschaftskrise der 30er Jahre hineingezogen wurde.

David Ward, ein Ältester in der Versammlung Denmark (Westaustralien), berichtet von einer herzerfreuenden Erfahrung, die zeigt, wie Jehova sich in diesen krisenreichen Jahren um seine Familie kümmerte. Er schreibt:

„Außer Nahrungsmitteln war alles knapp. Unsere Ernteprodukte brachten sehr niedrige Gewinne, und vieles konnten wir überhaupt nicht verkaufen. Das bedeutete, daß wir zwar genügend Grundnahrungsmittel hatten, es uns aber nicht leisten konnten, Zucker oder Kleidung zu kaufen. Was sollten wir tun, damit wir im Predigtdienst von Haus zu Haus ansprechend und ordentlich aussahen? Jehova ermahnt in seinem Wort zu gütiger Wohltätigkeit, und wie unsere Brüder und Schwestern in Perth darauf reagierten, geht daraus hervor, daß ohne eine Bitte um Hilfe unsererseits ein großes Paket gut erhaltene Kleidung bei uns eintraf. Und wir waren froh, daß sich auch noch eine vielköpfige Familie, die in unserer Nähe wohnte, einkleiden konnte.“

PIONIERE MELDEN SICH ZU WORT

Trotz der mannigfachen finanziellen Schwierigkeiten in den Jahren der Weltwirtschaftskrise gedieh das Pionierwerk. Die Pioniere taten sich zusammen und bildeten Wohngemeinschaften. Ihre Wohnungen benutzten sie als Ausgangspunkt für das Predigen in den Städten. Diese Lösung sowie die von Brüdern gespendeten Lebensmittelpakete erleichterten die Situation der Brüder. Wie Ted Sewell berichtet, bestand die Hauptnahrung der Pioniere aus Weizen, den sie selbst mit einer Mühle mahlten.

Pioniere, die großen Städten zugeteilt waren, gebrauchten ihren Einfallsreichtum, um „Menschen von allen Arten“ zu helfen, die gute Botschaft kennenzulernen. Eine Pioniergruppe in Sydney unternahm besondere Anstrengungen um jede Person auf dem Frucht und Gemüsemarkt der Stadt, der rund um die Uhr geöffnet war, anzusprechen Einige Wochen lang organisierte man jeden Freitag einen 24-Stunden-Zeugnistag (nonstop). Eine Autogruppe war jeweils drei oder vier Stunden unterwegs, dann kehrte sie nach Hause zurück, und eine andere Gruppe übernahm den Dienst für etwa vier Stunden. Die Pioniere rüsteten sich mit italienischen Broschüren aus, denn die meisten der Gemüsegärtner und Bauern sprachen italienisch. Einige der italienischen Familien, die heute in der Wahrheit sind, lernten sie mitten in der Nacht durch diese Pioniertätigkeit kennen.

Obwohl die australischen Landpioniergruppen treu und zuverlässig waren, wirkten doch einige etwas rauh und draufgängerisch. Einigen Gruppen stand ein großes altes Auto zur Verfügung oder ein Wohnwagen mit einem Lautsprecher, und gewöhnlich besaßen sie ein Zelt. Jeder in der Gruppe hatte ein Fahrrad, das mit Büchern beladen wurde. Einige Pioniere entfernten sich für zwei oder drei Tage vom Lager und gingen in der einen Richtung von Haus zu Haus, während andere der Gruppe entgegengesetzte Richtungen einschlugen. Zu einer vereinbarten Zeit kehrten alle in das Lager zurück, um weiterzuziehen.

Literatur wurde für einen geringen Beitrag zurückgelassen oder gegen Naturalien eingetauscht. Oftmals stellten die Pioniere bei ihrer Heimkehr ins Lager am Abend fest, daß der eine Kartoffeln, ein anderer einen Kürbis, wieder ein anderer Eier, Fleisch oder andere Lebensmittel mitgebracht hatte. Dies wurde sogar noch mehr geschätzt als Geld, denn es war etwas zu essen. Mit ausreichender Kleidung, Nahrung und Obdach waren die Pioniere zufrieden und konnten das Zeugniswerk fortsetzen.

‘SEINES SCHÖPFERS GEDENKEN’

Marjorie Fry, ein 17jähriges Mädchen, hörte zum ersten Mal Anfang der 30er Jahre von der Wahrheit. Sie war auf einer Farm zu Hause, etwa 10 km von Bathurst (Neusüdwales) entfernt, und die einzige, die von ihrer großen Familie Interesse zeigte. Sie berichtet von den besonderen Anstrengungen, die sie unternahm, um trotz starken Widerstandes von seiten ihrer Mutter und ihrer sieben Brüder mitten in der Woche eine Zusammenkunft in Bathurst zu besuchen. Einer ihrer Brüder hatte ihr versprochen, sie mit dem Motorrad hinzubringen, weil er dachte, sie wolle ins Kino gehen. Aber irgendwie bekam er heraus, daß sie eine Zusammenkunft besuchen wollte. Als sie für die Abfahrt fertig war, entschied ihr Bruder, er wolle nun doch nicht fahren. Was sollte sie tun, um die Zusammenkunft dennoch zu besuchen?

Marjorie ging schnurstracks auf die Pferdekoppel und sattelte ihr kleines Pony. Bei ihrer Ankunft war sie jedoch sehr bestürzt, als ein Bruder zu ihr sagte: „Schwester, wir können dich nicht in Männerkleidung in die Zusammenkunft lassen!“ Sie erklärte, daß es sich um ein Paar Damenreithosen handle, und berichtete von den Anstrengungen, die sie unternommen habe, um anwesend zu sein. Natürlich wurde sie dann hineingelassen, und die Freude, eine Zusammenkunft besuchen zu können, glich alles wieder aus.

Schwester Fry machte in der Wahrheit schnell Fortschritte, und im Jahre 1932, als sie noch keine 20 Jahre alt war nahm sie den Pionierdienst auf. Sie hat diesen Dienst bis jetzt fortgesetzt, und seit ihrer Heirat mit William Moss erfreut sie sich auch des Dienstes in Westsamoa.

Arthur Willis begann den Pionierdienst im Alter von 19 Jahren in der Nähe von Perth, und im Jahre 1932 reiste er mit einem Motorrad in den Südwesten Australiens. Im darauffolgenden Jahr schlossen sich ihm zwei Brüder an nämlich Charles Harris und George Rollston. Sie kamen auf ihrer Reise durch den Nordwesten des Staates nach Darwin der Hauptstadt des nördlichen Gebietes, und von dort aus quer durch Queensland. Damals gab es in diesem ganzen Gebiet keine Versammlungen — ein Gebiet, das sich über mehr als 3200 km erstreckte. Für diese Reise brauchten die Brüder vier Monate, und es war das erste Mal, daß die gute Botschaft in einigen Teilen dieser Gegend verkündet wurde. Später ließ sich Bruder Willis in Pingelly (Westaustralien) nieder, wo die Versammlung, die er mit aufbauen half, hauptsächlich aus Ureinwohnern Australiens bestand.

ZEUGNISTÄTIGKEIT IN RIESIGEN GEBIETEN

Aubrey Baxter, ein abgehärteter Pionier, erzählt, wie er in den Tagen, als Grammophone benutzt wurden, in einem Gebiet predigte, das sich über Tausende von Quadratkilometern im mittleren und nördlichen Teil von Queensland erstreckte:

„Wir packten unsere Grammophone in Schaumgummi und banden den Tonabnehmer fest, damit er auf den schlechten, holperigen Straßen nicht beschädigt wurde. An manchen Orten war das Zeugnisgeben sehr interessant. Einmal verbrachte ich die Nacht bei einem Känguruhjäger und schlief auf dem Lehmboden seiner kleinen Hütte, umgeben von Hunderten von riechenden Känguruhfellen. Es war nicht leicht, bei dem Geheul einer Meute von Dingos (australische Wildhunde) zu schlafen.“

Als Bruder Baxter einmal die Versammlungen in diesem Gebiet besuchte, waren die Straßen aufgrund starker Überflutungen nicht passierbar. Ein Einheimischer, mit dem sich Bruder Baxter unterhielt, machte sich wegen eines Wagens Sorgen, der einige Tage zuvor vorbeigekommen war, als das Wasser in den Wasserläufen an einigen Stellen so hoch gestiegen war, daß es bis an die Baumspitzen reichte. Bruder Baxter erkannte, daß es sich um den Wagen einer Pioniergruppe handelte, und er war sehr besorgt. Er folgte dem Wagen, und als er durch das Hochwasser der Wasserläufe aufgehalten wurde, schwamm er hindurch und ging weiter. Schließlich fand er die gescheiterte Gruppe, die außer weißem Mehl nichts mehr an Nahrungsmitteln hatte. Zusammen mit den anderen Brüdern schwamm er zurück, besorgte Nahrungsmittel und beförderte sie in einer Wanne zu den Schwestern auf die andere Seite.

Zu dieser Pioniergruppe gehörten Percy und Ilma Iszlaub, die später als Missionare in Japan tätig waren und nun dort im Zweigbüro tätig sind, sowie Norman Bellotti und seine Frau Gladys, die gegenwärtig als Missionare in Papua-Neuguinea dienen. Außerdem gehörte Beatrice Bellotti, die später Aubrey Baxter heiratete, zu dieser Gruppe. Wie in anderen Gebieten, wo hart arbeitende, unerschrockene Pioniere tätig waren, trug das Pionierwerk auch hier viel Frucht und in vielen kleinen und größeren Städten in Queensland entstanden Versammlungen des Volkes Jehovas.

IN ABGELEGENEN GEBIETEN

Schon im Jahre 1929 predigten Clem Deschamp und sein Partner Viv Pusey im gesamten Staat Südaustralien, etwa 100 km im Umkreis von Adelaide. Das Werk des Aussäens bereitete den Weg für die Gründung von Versammlungen und Verkündigergruppen, die in späteren Jahren in abgelegenen Gebieten tätig waren.

Im Jahre 1932 wurde Len Linke Pionier, und zwar aufgrund einer anfeuernden Ansprache über den Pionierdienst von Bert Horton, dem örtlichen Dienstleiter. Zusammen mit Ronald Payne, William Torrington und Stuart Keltie war er während des Jahres 1933 überall in Südaustralien als Pionier tätig. In demselben Jahr machten Bruder Torrington und Bruder Keltie eine Reise nach Alice Springs, das im Herzen Australiens liegt. Unterwegs lernten sie in William Creek, etwa 1000 km nördlich von Adelaide, einen Hotelbesitzer kennen. Dieser erste Kontakt mit der Wahrheit veranlaßte Charles Bernhardt, so hieß der Hotelbesitzer, sie anzunehmen. Er erinnert sich immer noch an den dumpfen Aufschlag von Bruder Kelties Holzbein auf den Fußboden des Hotels, als er unten im Keller beschäftigt war.

Im Alter von 72 Jahren kaufte Bruder Bernhardt ein Geländefahrzeug, das sich für die Bearbeitung im australischen Hinterland (genannt Outback) eignete, und bearbeitete dann 15 Jahre lang die entlegensten Gebiete des Landes, und zwar ganz allein. Schon bevor er sein Geschäft und sein Hotel in William Creek verkauft hatte, gab er — ungeachtet der Umstände — ein ausgezeichnetes Beispiel, indem er die Königreichsinteressen an die erste Stelle setzte.

Donald MacLean, der als Kreisaufseher dient, berichtet von seinem ersten Besuch bei Bruder Bernhardt:

„Als ich in William Creek ankam, stellte ich fest, daß, während der Zug eine geraume Zeit hielt, die Männer zu Bruder Bernhardts Bar rannten, um sich kaltes Bier zu holen. Als ich Bruder Bernhardts Bar betrat, war ich angenehm überrascht: Ein Plakat an der Wand lud die Männer ein, den Wachtturm zu lesen, der Jehovas Königreich ankündigte, die Hoffnung der Welt. Ein zweites Plakat forderte sie auf, Erwachet! zu lesen und hinsichtlich der Weltereignisse wachsam zu bleiben. Stöße von Zeitschriften, Broschüren und gebundenen Büchern bedeckten die Theke.

Als jeder schließlich zur Zufriedenheit bedient worden war, richtete Bruder Bernhardt das Wort an die Männer: ,Meine Herren, darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten? Ich lade Sie ein, Ausgaben der besten Zeitschriften, die es heute auf der Erde gibt, zu erwerben.‘ Nach diesem respektvollen, kühnen Zeugnis gab jeder der durstigen Männer seinen Beitrag für die Zeitschriften, warf sich einen Sack voll Dosenbier über die Schulter und kehrte zum Zug zurück. Es war außergewöhnlich, daß aus Achtung vor Bruder Bernhardts christlichem Ruf keine lästerlichen oder anstößigen Worte in der Bar zu hören waren.“

Nun ist Bruder Bernhardt fast 90 Jahre alt und nicht mehr in der Lage, Reisen in das australische Hinterland zu unternehmen, aber er predigt immer noch die gute Botschaft zu Haus in Adelaide.

PIONIERDIENST IM OUTBACK

Joe Bell, der im Outback als Pionier tätig war, lernte die Wahrheit von einem Pionier kennen, der mit dem Fahrrad das Landgebiet bearbeitete. Nur wenige Tage nachdem er mit der Wahrheit in Berührung gekommen war, gab er anderen Zeugnis. Er besuchte Gehöfte, die 480 km nordwestlich von Brisbane (Queensland) lagen, und berichtet von einigen Gefahren, mit denen er damals unterwegs fertig werden mußte:

„Streckenweise mußte ich mein Fahrrad tragen, weil ich fortgesetzt auf Sanddünen stieß und weil es praktisch keine Straßen gab. Einige dieser Reisen waren sehr gefährlich. Die einzigen Lebewesen, die ich auf solchen Reisen durch offenes Land zu sehen bekam, waren umherstreifende Ochsen (Herden), die gefährlich sein konnten, weil sie sehr neugierig sind. So war es manchmal notwendig, auf einem Baum Zuflucht zu suchen und zu warten, bis die Herden weiterzogen und ich meine Reise fortsetzen konnte.“

In einem besonders abgelegenen Gebiet lieh der Besitzer einer Ranch Bruder Bell ein Pferd, damit er zu der nächsten Ranch reiten konnte, die 40 km entfernt lag. Er sagte: „Mit dem Fahrrad werden Sie dort nie ankommen!“ Als er auf dem Grundstück ankam, war der Besitzer, Jack Carey, gerade dabei, seine Rinder zusammenzutreiben. Seine Frau sagte, sie werde ihrem Mann das Buch und den Katalog, den Bruder Bell zurückgelassen hatte, übergeben. Jahre später, und zwar auf einem Kongreß in Sydney, machte Jack Carey Bruder Bell ausfindig, um ihm zu sagen, daß er die Wahrheit durch das Buch, das er für ihn zurückgelassen hatte, kennengelernt habe. Er hatte das Zweigbüro um mehr Informationen gebeten und war nun ein Gott hingegebener Bruder.

EIN PIONIER UNTER PIONIEREN

Ben Brickell war für seine Ausdauer und Entschlossenheit, die Botschaft bis in den letzten Winkel des Landes zu tragen, bekannt. Jahrzehntelang bearbeitete er als alleinstehender Pionier die abgelegenen Gebiete des Landes. Bruder Brickell war 1932 aus Neuseeland gekommen und schloß sich der treuen, robusten Schar Pioniere von damals an. Bis zu seinem Tod im Jahre 1974 führte er den Vollzeitdienst durch.

Folgende Erfahrung ist typisch für das abwechslungsreiche Leben, das Bruder Brickell bis zum letzten auskostete:

„Anfang August 1932 machte ich mich auf eine 1 300 km lange Reise von Townsville (Queensland) nach Normanton am Carpentariagolf. Ich verpackte 60 gebundene Bücher, einige Broschüren sowie Zeitschriften, Kleidung zum Wechseln, zwei Wolldecken, einige Nahrungsmittel und eine kleine Wasserflasche und belud damit mein Fahrrad. Dann begab ich mich auf die erste Etappe meiner Reise, die über den Mount Fox an der Great Dividing Range führte. Der 1,6 km lange Aufstieg zum Mount Fox auf einem Pfad mit 33prozentiger Steigung bedeutete 9 Stunden Schwerstarbeit, denn ich mußte mein hochbeladenes Fahrrad mit der rechten Hand vorwärts schieben und meine linke Schulter von hinten gegen das Gepäck stemmen. Am nächsten Tag ging es auf der anderen Seite den steilen Pfad bergab, nachdem ich in der kleinen Ansiedlung auf dem Gipfel des Berges Zeugnis gegeben und das gastfreundliche Angebot, in einem der Häuser zu übernachten, angenommen hatte.“

Viele der Ureinwohner Australiens sind im Laufe der Jahre von Bruder Brickell besucht worden. „Nachdem ich einmal vor einer versammelten Menge eine Ansprache gehalten hatte“, berichtet er, „kamen alle Anwesenden nach vorn, um mir herzlich zu danken, weil ich ihnen von den Wahrheiten der Bibel erzählt hatte. Bei einer anderen Gelegenheit stellten sich 50 Ureinwohner innerhalb von fünf Minuten nach meiner Ankunft ein, um meinen Vortrag zu hören, obwohl die Siedlung schon in vollständiger Dunkelheit lag.“

LANGE TAGE IM DIENST

Selbst für diejenigen, die sich in jenen Tagen einen fahrbaren Untersatz leisten konnten, war der Pionierdienst in dem rauhen australischen Landgebiet keine leichte Sache. Alan Holtorf, der einige Jahre lang ein Glied der Bethelfamilie war, berichtet, wie es ihm mit seinem Auto im Dienst für das Königreich erging:

„Der Benzintank befand sich unter dem Vordersitz, und beim Tanken mußte der Sitz entfernt werden. Die Reifen waren von schlechter Qualität, und so gab es oft Pannen. Häufig war es notwendig, am Straßenrand Schläuche zu flicken; danach hieß es warten, bis die reparierte Stelle getrocknet war und man den Reifen wieder aufziehen konnte. An steilen Hügeln war es manchmal nötig, mit dem Auto rückwärts hochzufahren, weil der Brennstoff sonst nicht vom Tank zum Motor geflossen wäre. Einen Tag im Predigtdienst zu verbringen bedeutete nicht selten, das Haus morgens um 4 Uhr zu verlassen, damit man um 8 Uhr in der Stadt mit dem Zeugnisgeben beginnen konnte. Nach Einbruch der Dunkelheit ging es dann wieder nach Hause.“

Das Leben im rauhen australischen Busch ist gewöhnlich für Frauen nicht geeignet. Aber Netta Pusey, die Jehova schon über 50 Jahre lang als Pionier dient, nahm die Strapazen auf sich, die damit verbunden waren, auf den Farmen und in den Hütten der Schafscherer die Grammophonplatten vorzuspielen. Des öfteren sah sie sich gezwungen, einen Fluß zu durchwaten und auch noch das schwere Grammophon sowie ihre Büchertasche hindurchzutragen. Nettas Schwester Gladys liebevolle Ehefrau und Mutter der Familie Mouritz, die im Hügelland von Bowral (Neusüdwales) wohnte — zog zusammen mit ihrem einarmigen Mann ihre 7 Kinder groß, während beide im Dienst tätig blieben. Es war schön, zu sehen, wie die ganze Familie — dichtgedrängt in einem offenen „Oldtimer“ — in den Dienst fuhr. Derzeit dient einer der Söhne, Viv Mouritz, als Koordinator im Zweigbüro in Australien. Die anderen Söhne dienen in verschiedenen Versammlungen in Sydney, Australiens größter Stadt, und Douglas ist dort Stadtaufseher.

IN TROCKENZEITEN UND BEI REGEN

Eine Pioniergruppe aus Sydney machte sich, bepackt mit 31 Kartons Literatur, auf den Weg. Sie hatte es auf ein spärlich besiedeltes Gebiet abgesehen, wo Grundbesitze sich jeweils über 50 000 ha erstreckten. Der Sommer war sehr heiß und trocken, und die Brüder berichteten, daß sie 6 Wochen lang kein Bad nehmen konnten, weil es nicht genug Wasser gab. Als es dann schließlich regnete, waren die Straßen unpassierbar. Eine Woche lang blieb die Gruppe an einem Ort stecken. Als es endlich weiterging, benötigten sie 8 Tage, um 61 km zurückzulegen!

Robert Bell, ein Pionier, berichtet, daß er pro Tag 80 bis 96 km mit dem Fahrrad zurücklegte, aber nur 5 oder 6 Besuche machen konnte. Er sagt, daß Hunde und Schlangen beim Fahrradfahren die schlimmsten Gefahrenquellen darstellten. Um 7 Uhr, an einem bitterkalten Morgen, war er auf dem Weg zu seinem ersten Besuch. Der Schlamm war hart gefroren, und er brauchte 2 Stunden, um vom Briefkasten bis zum Bauernhof zu fahren. In diesen Gebieten ist es nicht ungewöhnlich, daß der Hof 32 km vom Briefkasten entfernt liegt. Nachdem er auf dem Gehöft günstig aufgenommen worden war, wagte sich Bruder Bell wieder zurück auf die Straße und stellte fest, daß nun die Sonne den Schlamm so aufgeweicht hatte, daß es unmöglich war, mit dem Fahrrad zu fahren. So mußte er das Fahrrad und die Literatur auf seinen Schultern tragen und jeweils nach einigen Schritten den Schlamm von seinen Stiefeln kratzen, weil sie beim Gehen zu schwer wurden. Er brauchte fünf Stunden, um auf die Straße zurückzukehren, und hatte nur einen Besuch gemacht.

DER „NEUE NAME“ UND WAS DANN KAM

Der neue Name, „Jehovas Zeugen“, der auf den Kongressen im Jahre 1931 angenommen worden war, leitete eine Zeit der Freude ein, aber brachte auch die Verpflichtung mit sich, dem Namen gemäß zu leben. Die Anzahl der Pioniere nahm fortwährend zu, und im Jahre 1932 waren 280 Personen im Dienst tätig.

Jede nur mögliche Gelegenheit wurde ergriffen, um die Königreichsinteressen zu fördern und Menschen mit der Botschaft der Wahrheit in Berührung zu bringen. Als im Jahre 1932 die berühmte Hafenbrücke in Sydney dem Verkehr übergeben wurde, ergab sich eine gute Gelegenheit, das Königreich bekanntzumachen, denn große Menschenmengen aus allen Teilen Australiens strömten in der Stadt zusammen. Lilly Cattach, die sich später mit Wally Wood verheiratete, schloß sich an diesem Tag in Sydney den Scharen von Zeugen an. Sie berichtet, daß die Verkündiger schon früh in die Stadt gingen und auf den Straßen vorübergehenden Passanten Broschüren anboten. Eine eifrige Schwester ging direkt auf die Straße zu einem Verkehrspolizisten und gab ihm eine Broschüre, die er beim Regeln des Verkehrs gebrauchen sollte. Sie meinte, es würde dann bessergehen. Er lächelte und winkte mit der Broschüre, während er den Verkehr regelte. Ein kräftiger Mann, der seine goldene Uhrkette zur Schau trug und gerade aus der Straßenbahn gestiegen war, verbarg sein Gesicht in den Händen und stöhnte laut: „Ich bin gerade aus den Vereinigten Staaten gekommen, und ausgerechnet hier muß mir auch jemand von Ihnen über den Weg laufen!“

Ernest Clark, der das erste Mal während des Ersten Weltkrieges von der Wahrheit erfuhr, berichtet, wie interessant es ist, zurückzublicken und die verschiedensten Methoden zu betrachten, die im Laufe der Jahre angewandt wurden, um die Königreichsbotschaft darzulegen. „Manchmal“, sagte er, „waren wir aggressiv, manchmal milde, und dann wieder benutzten wir eine Zeugniskarte und sprachen nur wenig.“ Schmunzelnd berichtet er von der Zeit, als die Brüder angewiesen wurden, nicht zuzulassen, daß der Wohnungsinhaber den Verkündiger unterbricht, denn dies würde gewöhnlich nur zu dem Zweck geschehen, um uns mitzuteilen, daß er nicht interessiert sei. So wurde der Verkündiger also ermuntert, so lange ohne Unterlaß zu sprechen, bis der Wohnungsinhaber etwas von dem Königreich erfahren hatte. Eine Wohnungsinhaberin machte mehrere Versuche, den Redeschwall zu unterbrechen, aber gab schließlich auf. Bruder Clark fährt fort, während er sich selbst beschreibt: „Ich redete wie aufgezogen, bis ich völlig erschöpft war.“ Als er fertig war, hatte die Frau endlich die Gelegenheit, auch etwas zu sagen: „Aber Bruder, ich bin schon 16 Jahre lang in der Wahrheit!“

Im März 1932 plante die Gesellschaft einen Landeskongreß, der in Ashfield, einem Vorort von Sydney, abgehalten werden sollte. Die Brüder versammelten sich in der Stadthalle und erfreuten sich an einem erbauenden geistigen Festmahl, und alle 600 Anwesenden wurden auf die Vorzüge des Straßendienstes aufmerksam gemacht. Die nachfolgenden Jahre zeichneten sich durch eine Intensivierung des Straßendienstes aus, und außerdem trat die Benutzung von Lautsprecheranlagen in den Vordergrund. In Wangaratta, Victoria und in Tamworth (Neusüdwales) ließen sich Pöbelrotten von Priestern zum Widerstand aufwiegeln. Doch Harold Gill, der noch heute treu in England dient, führte einen furchtlosen Feldzug gegen die Aufwiegler.

BRUDER RUTHERFORD BESUCHT SYDNEY

Im Jahre 1938 besuchte J. F. Rutherford, der Präsident der Gesellschaft, Sydney anläßlich eines Kongresses, der im Leichhardtstadion stattfand. Gemäß den Plänen sollte er den öffentlichen Vortrag auf dem Sportgelände in Sydney halten, und außerdem waren Verträge unterzeichnet worden, damit seine Ansprache in einer Morgenzeitung gedruckt und über den Rundfunk im ganzen Land übertragen wurde. Damals war Bruder Rutherford wegen seiner freimütigen Äußerungen über die Tätigkeit der römisch-katholischen Kirche, besonders in Verbindung mit öffentlichen Angelegenheiten, gut bekannt. Demzufolge wollten Rundfunk und Presse seine Ansprache vor der Veranstaltung zensieren, was aber für die Brüder unannehmbar war. So wurde vereinbart, seine Äußerungen in einer Broschüre zu veröffentlichen, die unter dem Titel Freiheit oder Romanismus? erschien. Eine Million Exemplare dieser knallroten „Bombe“ wurde gedruckt und in ganz Australien verbreitet. In der Zwischenzeit wurde Bruder Rutherford sowohl bei uns als auch in den Medien zum Hauptgesprächsthema. Infolgedessen hörten fast 10 000 Personen seine Ansprache. Damals gab es nur 1 300 Zeugen in ganz Australien, und so war das Zeugnis, das gegeben wurde, tatsächlich überwältigend.

Einer der Gründe, warum Bruder Rutherford gekommen war, bestand darin, den Klagen wegen gewisser geschäftlicher Aktivitäten nachzugehen, die das australische Zweigbüro entfaltet hatte, um Brüdern Arbeit zu vermitteln. Er war froh, daß diese Dinge das Predigen der guten Botschaft nicht beeinträchtigt hatten, und lobte Bruder MacGillivray wegen seiner Initiative. Später jedoch brachte dieses Unternehmen Unannehmlichkeiten und Probleme.

LAUTSPRECHERWAGEN IM EINSATZ

Mit Hilfe vieler Lautsprecherwagen wurde die gute Botschaft in kleinen und größeren Städten sowie in abgelegenen Gebieten verbreitet. Auf dem Dach der Autos wurde ein Lautsprecher befestigt, und im Auto wurden kurze Musikstücke abgespielt, die dann von den auf Schallplatten aufgenommenen biblischen Vorträgen Bruder Rutherfords unterbrochen wurden. Nach Beendigung des Vortrages gingen die Brüder dem vorgefundenen Interesse nach, indem sie in den Häusern vorsprachen.

In Hobart (Tasmanien) hatten über 300 Fabrikarbeiter mehrere Male die Gelegenheit, die vom Lautsprecherwagen übertragenen Vorträge zu hören, während sie in einer angenehmen Umgebung bei den Kaianlagen ihr Mittagessen zu sich nahmen. Eines Tages bemerkten die Brüder, daß die Polizei in der Nähe wartete und offensichtlich beabsichtigte, die Übertragung zu verhindern, bevor sie begann.

Ein freundlicher alter Fischer, der zuvor etwas Interesse gezeigt hatte, hatte sein Boot am Kai festgemacht. Die Brüder sprachen mit ihm, und er erlaubte ihnen, ihre Lautsprecheranlage auf seinem Boot anzubringen. Das Boot war natürlich Privatbesitz, und daher konnte die Polizei nicht eingreifen. So verlief das vorgesehene Programm wie geplant. Die Arbeiter hörten die Vorträge weiter, während die Polizisten am Kai hin und her gingen und ihre Enttäuschung nicht verbergen konnten.

Ein leicht erkennbares Fahrzeug in den Städten war damals der „Rote Schrecken“, ein knallroter, holzverkleideter Wagen mit einem großen Schalltrichter auf dem Dach. Bert Horton, der abwechselnd örtlicher Dienstleiter, Zonendiener und schließlich Bethelmitarbeiter war, reiste viele Jahre lang zusammen mit seiner Frau Vi in diesem außergewöhnlichen Wagen umher. In einem Jahr hallte fast jede Straße in Melbourne von den aufrüttelnden Bloßstellungen der falschen Religion wider.

Diese Tätigkeit war Bruder Horton, der in jedem Staat des Landes liebevoll „Harmagedon-Horton“ genannt wurde, auf den Leib geschrieben. Das war auf seine anfeuernden Ansprachen zurückzuführen und darauf, daß er die Brüder ermunterte, die Königreichsinteressen in Anbetracht des sich unmittelbar nähernden Krieges von Harmagedon stets an die erste Stelle zu setzen. Bert Horton und seine Frau gaben selbst ein ausgezeichnetes Beispiel, denn sie taten genau das, wozu sie andere ermunterten, und Bert diente noch im vorgerückten Alter treu bis zu seinem Tode im Jahre 1972 im Bethel. Schwester Horton füllt weiterhin ihren Platz in der Bethelfamilie aus und verrichtet trotz ihres Alters von 78 Jahren ihre tägliche Arbeit.

VOR GERICHT UND WIEDER FREI

George Powell, der als Pionier tätig war, verbrachte mit Bert Horton eine denkwürdige Zeit, während sie mit dem Lautsprecherwagen unterwegs waren. Nachdem sie in Melbourne tätig gewesen waren, bearbeiteten sie Kleinstädte auf dem Land. In Whittlesea bot Bruder Powell einem Mann Literatur an, der ihm, ohne ein Wort zu sagen, auf seiner Fingerspitze 5 Cent für Literatur entgegenhielt. „Sie sind verhaftet“, sagte er darauf, „weil Sie ohne Erlaubnis Bücher verkauft haben!“ Es war der Ortspolizist in Zivilkleidung. Zufällig tagte an jenem Tag das Gericht, und so wurde Bruder Powell gleich mitgenommen. Der Richter sagte, er werde diesen Fall zuerst anhören. Der Gerichtssaal war voll besetzt. Alle Anwesenden erhielten ein gutes Zeugnis und waren nicht unfreundlich zu Bruder Powell.

Schließlich fragten sich die anderen Brüder, was wohl mit ihm geschehen sei. Während die Verhandlung im Gange war, spähte Bert Horton zur Tür herein und erschrak, als er seinen Partner im Zeugenstand sah. Bruder Powell wurde zu einer Geldstrafe von 10 Schillingen (was damals 2 US-Dollar entsprach) verurteilt, weil er „ohne Erlaubnis Bücher verkauft“ hatte. Er weigerte sich, die Strafe zu bezahlen, und sagte dem Gericht: „Ich habe 10 Schillinge, aber ich bin nicht bereit zu zahlen, denn ich predige das Evangelium, und dafür bezahle ich keine Strafe!“ Er wurde auf freien Fuß gesetzt, aber noch nach Jahren suchte die Polizei immer wieder seine Schwester in Melbourne auf, um sie dazu zu bringen, die Strafe zu bezahlen.

BEDROHUNG DURCH PÖBELROTTEN

In Townsville (Queensland) rotteten sich aufgebrachte Mitglieder der Heilsarmee gegen die Brüder zusammen und drohten, den Lautsprecherwagen umzustoßen. Der Widerstand gegen die Verkündigung des Königreiches nahm zu, als religiöse Führer sich bemühten, die Öffentlichkeit gegen Jehovas Zeugen aufzuhetzen. Als Matilda Marsh in Tasmanien Pionier war, versuchte eine vom Priester dazu angestiftete Pöbelrotte ihren Wohnwagen über ein Kliff ins Meer zu stoßen. Später bewarf eine zornige Menschenmenge die Pioniergruppe mit großen Steinen und beschädigte den Wohnwagen beträchtlich. Als sie in einem abgelegenen Gebiet Zeugnis gaben, wurde der Wohnwagen in ihrer Abwesenheit in Brand gesteckt und zerstört.

Die Königreichsbotschaft wurde mittels Lautsprecherwagen und von eifrigen Verkündigern in allen großen und kleineren Städten verbreitet. Oft leisteten Pöbelrotten, die von Geistlichen aufgehetzt worden waren, Widerstand. Lloyd Barry erinnert sich an die Zeit, als er und Tom Bradburne (damals Aufseher in der Versammlung Sydney und Kreisaufseher) einen Kongreß im katholischen Maitland (Neusüdwales) besuchen wollten. Im letzten Moment untersagten die örtlichen Behörden Jehovas Zeugen die Benutzung der Stadthalle. Zur Zeit des öffentlichen Vortrags parkten die Brüder den Lautsprecherwagen draußen vor der Halle und protestierten nachdrücklich, indem sie die Anerkennung der Rede und Religionsfreiheit forderten, wobei sie Gebrauch vom Mikrofon machten.

Am Schluß der Protestaktion versammelte sich eine große Pöbelrotte um das Auto und versuchte, es umzustoßen. Aber im passenden Moment erschien ein Polizist, und die Pöbelrotte, die glaubte, er werde die Brüder festnehmen, wich zurück. Der Polizist steckte jedoch den Kopf durch das Autofenster und sagte: „Jungs, wenn ihr euer Leben liebt, macht, daß ihr wegkommt!“ Bruder Bradburne ließ den Motor an, und auf wunderbare Weise bahnte sich das Auto einen Weg durch die Menge und fuhr mit zunehmender Geschwindigkeit — den Polizisten als Passagier auf dem Trittbrett — die Straße hinunter! Begebenheiten wie diese waren in den Tagen der Lautsprecherwagen-Tätigkeit nicht selten.

PÖBELROTTEN AUF KONGRESSEN BEGEGNEN

Für Bruder Barry war dies das erste von drei aufeinanderfolgenden Wochenenden, an denen er mit Widerstand gegen das Königreich fertig werden mußte. Am zweiten Wochenende war er Vorsitzender des Kongresses in Lismore (Neusüdwales), wo er zusammen mit einem langjährigen Pionier, Arthur Willis, diente. Der öffentliche Vortrag „Faschismus oder Freiheit“ war weithin bekanntgemacht worden, besonders durch einen Informationsmarsch mit Plakaten, an dem 60 ortsansässige Verkündiger teilgenommen hatten. Jedermann sprach über Jehovas Zeugen. Man sprach aber auch von einer größeren Gruppe katholischer Zuckerrohrschnitter, die aus abgelegenen Gebieten gekommen waren, um den geplanten Kongreß zu stören.

Tatsächlich hatte sich genau zu dem Zeitpunkt, als der Vorsitzende Bruder Rutherfords aufgenommenen Vortrag ankündigte, eine Pöbelrotte von etlichen Hundert stämmig aussehenden Männern im Hintergrund des Saales versammelt. Der Vorsitzende erkannte die Situation und sprach geradeheraus über die Taktiken, die die Katholische Aktion bis zu diesem Zeitpunkt verfolgt hatte, um die Versammlungen der Zeugen Jehovas zu unterbrechen. Sofort sprang der Anführer der Gruppe auf einen Stuhl und schrie: „Hören Sie auf, gegen meine Religion zu sprechen!“ Sich an einen diensthabenden Polizisten wendend, sagte der Vorsitzende: „Werfen Sie diesen Mann hinaus!“ Obwohl dieser Beamte Bruder Willis einige Tage zuvor im Straßendienst verhaftet hatte, warf er den Mann aus dem Saal.

Die nun führerlos gewordenen Männer hörten dem einstündigen Vortrag schweigend zu. Als er jedoch zu Ende war, versetzten sie die Menge in Aufruhr. Sie stießen einen Tisch mit biblischer Literatur um, und einer der Aufwiegler warf eine Stinkbombe aus Plastik auf die Bühne. Aber kurz bevor sie auf den Boden fiel, fing der Vorsitzende sie mit dem Fuß ab und beförderte sie über die Köpfe der Zuhörer hinweg in die Mitte der Aufwiegler, wo die Bombe zu ihrem Ärger explodierte. Zu diesem Zeitpunkt trafen verstärkte Polizeieinheiten auf dem Gelände ein und trennten die Aufwiegler von den Zeugen und ihren Freunden, die dann in der Lage waren, sich unter lauten Buhrufen aus dem Saal zu entfernen.

Das alles geschah an dem Wochenende (3. September 1939), als Großbritannien Deutschland den Krieg erklärte. Der Zweite Weltkrieg sollte weitere Probleme für Jehovas Zeugen bringen.

Das nächstfolgende Wochenende war durch einen Kongreß in der Stadt Toowoomba im Süden von Queensland gekennzeichnet. Auch diesmal bildete ein gewaltiger Informationsmarsch mit Plakaten den Höhepunkt. Die Polizei sorgte für Schutz vor der Pöbelrotte, die sich eingefunden hatte. Nachdem Bruder Barry und der Zonendiener (heute Kreisaufseher genannt) Douglas Begg vom Informationsmarsch zurückgekehrt waren, wurden sie in das Büro des Bürgermeisters gerufen. Er teilte den Brüdern mit, daß kurz zuvor zwei protestantische Geistliche in seinem Büro vorgesprochen und gegen eines der Plakate — „Religion ist eine Schlinge und ein Gimpelfang“ — protestiert hatten. Kurz danach sei ein junger katholischer Priester mit einer Botschaft des Bischofs erschienen, die besagte, daß die Kirche die Kriegsbestrebungen unterstütze und er ihn darum ersuche, Jehovas Zeugen die Benutzung der Stadthalle am folgenden Tag zu verweigern. Der Bürgermeister gab der Bitte nach und strich unsere Hallenreservierung.

Zur vorgesehenen Zeit stand unser Lautsprecherwagen draußen vor der Stadthalle, aber die Polizei verhinderte eine Bekanntmachung über den Lautsprecher. Die Versammlung mußte aufgelöst werden, und niemand konnte den öffentlichen Vortrag hören.

Am folgenden Abend sollte jedoch eine Versammlung des örtlichen Stadtrates abgehalten werden. Dies gab den Brüdern die Gelegenheit, einen offenen, energisch abgefaßten Brief an den Stadtrat einzureichen, in dem sie gegen die Verletzung der Redefreiheit protestierten. Am Versammlungsabend wurde der Brief vorgelesen, und die Ratsmitglieder unterhielten sich lange über den Inhalt. Etwa die Hälfte sprach sich zugunsten der Redefreiheit aus, und die andere Hälfte unterstützte den Bürgermeister. Am nächsten Morgen wurde der gesamte Ablauf der Ratsversammlung sowie der volle Text des Briefes in der örtlichen Tageszeitung veröffentlicht. Hierdurch wurde in Toowoomba und in dem angrenzenden Landgebiet ein gewaltiges Zeugnis gegeben, und viele sprachen günstig über Jehovas Zeugen.

DAS PREDIGEN DES KÖNIGREICHES IM ZWEITEN WELTKRIEG

Jehova fuhr fort, das Predigtwerk sehr zu segnen, und jedes Jahr fanden beachtenswerte Kongresse in fast allen Landeshauptstädten statt. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde es zunehmend schwieriger, Vortragssäle oder andere Räumlichkeiten für Kongresse zu mieten. Die einzige Möglichkeit, den im Juli 1940 geplanten Kongreß abzuhalten, auf dem das Buch Religion freigegeben werden sollte, bestand darin, auf dem Grundstück des Bethels in Sydney Zelte aufzustellen. So wurden neben dem Bethelheim und dem Büro, wo sich heute ein Königreichssaal und ein Parkplatz befinden, große Zelte aufgerichtet.

Damals spielten Informationsmärsche eine wesentliche Rolle bei der Bekanntmachung des Königreiches, und es wurde beschlossen, dieses Mittel der Bekanntmachung auf besonders intensive Weise während dieses Kongresses einzusetzen. Die Kongreßleitung hatte jedoch nicht bemerkt, daß sich Polizisten heimlich von der Straßenseite her den Zelten genähert hatten. Sie hörten aufmerksam zu, als die Predigtdienstbekanntmachungen gegeben wurden, und notierten sich Einzelheiten hinsichtlich der vorgesehenen Treffpunkte an den Straßenecken in Sydney und in den Einkaufszentren der Vororte. Dorthin sandte man dann Polizisten, die nur darauf warteten, die Brüder, sobald sie sich ihre Plakate umhängten, zu verhaften.

Ein Bruder erinnert sich, daß er und sein Partner sich versehentlich an der falschen Straßenecke aufgestellt hatten. So trugen sie nichtsahnend ihre Plakate. Als sich ihnen aber keine weiteren Verkündiger anschlossen, wurde ihnen klar, daß sie am falschen Platz standen. An der richtigen Straßenecke angekommen, lächelte der wartende Polizist sie an und fragte: „Was hat Sie zurückgehalten?“ Er nahm ihnen die Plakate und Spruchbänder, die sie getragen hatten, ab und bat sie, ihn und die anderen Brüder, die schon früher gekommen waren, zur Polizeiwache zu begleiten. Das Ganze glich einem „Umzug“ und lenkte ziemlich viel Aufmerksamkeit auf sich; zehn bis zwölf Brüder folgten zwei Polizeibeamten, die die Plakate so trugen, daß sie ohne Schwierigkeit von allen Passanten gelesen werden konnten. Tatsächlich war auf diese Weise die Wirkung größer, als wenn es den Brüdern gestattet gewesen wäre, ihre Plakate ungestört zu tragen.

NEUANKÖMMLINGE

Im Dezember 1940 trafen Wallace Baxter sowie Percy und Madge Dunham im Bethel in Strathfield ein. Bruder Baxter hatte sich seit 1930 um die Belange des Zweigbüros in Reval (Estland) gekümmert, und Bruder und Schwester Dunham hatten im Zweigbüro von Lettland gedient. Als der Zweite Weltkrieg tobte, riet der Präsident der Gesellschaft Bruder Baxter und den Dunhams, die britische Staatsbürger waren, zu versuchen, in irgendein englischsprachiges Land einzureisen. Der reiche Erfahrungsschatz dieser Brüder wurde von denen, die in diesen schwierigen Jahren in Australien dienten, sehr geschätzt.

Noch etliche Jahre nach seiner Ankunft in Australien setzte Bruder Baxter seinen Vollzeitdienst in Brisbane und Melbourne fort, wo die Gesellschaft Literaturlager besaß. Im Jahre 1948 kehrte er ins Bethel zurück und dient dort immer noch als Glied des Zweigkomitees im Alter vom 85 Jahren.

Bruder und Schwester Dunham wurden sofort von der Bethelfamilie willkommen geheißen, und Bruder Dunhams väterliche Art, seine mit Weisheit ausgewählten Bibelworte sowie seine langjährige Lebenserfahrung wurden von vielen jungen Brüdern, die damals im Bethel dienten, sehr geschätzt. Er starb im Juli 1951, aber Schwester Dunham dient weiterhin im Bethel, und obwohl sie schon 78 Jahre alt ist, schafft sie das Tagespensum.

GEPLANTES VERBOT WIRD VORZEITIG BEKANNT

Da die Schlacht um England im Gange war und australische Truppen in Nordafrika kämpften, war es nicht verwunderlich, daß die Kriegshysterie zunahm. Die Geistlichkeit der Christenheit nutzte den Umstand, daß sich die öffentliche Meinung immer mehr gegen Jehovas Zeugen wandte, und übte mit Hilfe der Politik und durch die Presse Druck aus mit dem Ziel, ein Verbot der Zeugen Jehovas zu erwirken. In den verschiedenen Landesparlamenten forderten Politiker die Bundesregierung wiederholt zum Handeln auf. Generalstaatsanwalt W. M. Hughes widerstand zunächst dem Druck und sagte, daß die Nation einen Kampf für die Freiheit kämpfe, und er beabsichtige nicht, dieses Ziel zu vereiteln, indem er einigen Bürgern die Freiheit entziehe.

In jenen Tagen besaß die Gesellschaft in Australien vier eigene Radiostationen. Eine Zeitung, die kurz danach ihr Erscheinen einstellte, verbreitete verschleierte Andeutungen, daß diese Radiostationen heimlich wertvolle Informationen für die Nationalsozialisten ausstrahlen würden. Dieser Anklage gingen die Gerichte niemals nach, denn es gab dafür nicht den geringsten Beweis. Man ging eher von der alten Regel aus „Wenn man jemand mit Schmutz bewirft, bleibt auch etwas hängen“. Aber abgesehen von der Kriegshysterie schien dies noch den Ausschlag gegeben zu haben.

Im Januar 1941 wurde ein königlicher Erlaß bekanntgegeben, der besagte: „Jede Gruppe, ob gesetzlich eingetragen oder nicht, ... die sich gegen die Verteidigung des Staatenbundes oder der wirksamen Kriegführung ausspricht, wird hiermit als ungesetzlich erklärt.“ Nationale Sicherheitsbestimmungen sahen vor, daß etwaige Gruppen aufgelöst und ihr Besitz von der britischen Krone eingezogen wurde. Mitgliedern wurde weder erlaubt, sich zum Studium oder zur Anbetung zu versammeln, noch Bücher oder sonstige Literatur ihrer Organisation zu drucken, zu besitzen oder in Umlauf zu setzen.

Ausgestattet mit einer solchen Befugnis, nahmen die Behörden des Staatenbundes am Samstag, dem 18. Januar 1941, das Zweigbüro, die Fabrik und das Lagerhaus der Gesellschaft in Strathfield in Besitz.

Wegen mangelnder Koordination zwischen Generalstaatsanwalt Hughes und Premierminister Menzies erfuhren die Brüder tatsächlich schon viele Stunden im voraus von dem bevorstehenden Verbot. Diese Zeitspanne erlaubte es den Brüdern im Bethel, private Bürounterlagen verschwinden zu lassen. Ein Militärsachverständiger bemerkte zu dieser Verwirrung in Regierungskreisen in der Zeitung Morning Herald (Sydney) vom 18. Januar 1941 folgendes: „Das Verbot hätte nicht stümperhafter erlassen werden können. Niemand kann, nachdem er 18 Stunden im voraus öffentlich bekanntgegeben hat, daß er jemandes Grundstück durchsuchen wird, erwarten, noch etwas Interessantes vorzufinden, wenn er eintrifft.“

Verantwortliche Brüder im Zweigbüro glaubten, daß es sich hierbei um die Führung der Engel gehandelt habe. Aufgrund dieser im voraus gegebenen Bekanntmachung waren die Brüder im Büro in der Lage, Akten und Unterlagen vom Grundstück zu entfernen. Mehrere Lastwagenladungen Königreichsliteratur wurden aus dem Bethel in verschiedene Teile Sydneys transportiert und dort versteckt.

Als dann am nächsten Tag frühmorgens ein halbes Dutzend schwarze Regierungslimousinen auf das Grundstück fuhren, war alles leer. Praktisch die gesamte Literatur, die die Brüder so dringend benötigten, war aus der Versandabteilung weggeschafft und an anderen Orten sicher versteckt worden.

In der folgenden Woche kamen 5 Bethelmitarbeiter wegen der Neutralitätsfrage für 6 Monate ins Gefängnis. Das Gericht hatte ihr Gesuch, als Religionsdiener anerkannt zu werden, abgelehnt.

DIENST UNTER VERBOT

Alle Abteilungen der Gesellschaft wurden geschlossen und verriegelt mit Ausnahme des Wohnbereichs, in dem die Bethelfamilie weiterhin bleiben durfte. Bewaffnete Wachtposten waren Tag und Nacht im Dienst, um sicherzugehen, daß nichts von dem Besitz der Gesellschaft, der nun von der britischen Krone beschlagnahmt worden war, entfernt wurde. Taschen, die mit auf das Grundstück gebracht oder beim Verlassen mitgenommen wurden, wurden auf ihren Inhalt untersucht, und außerdem durfte kein Besucher das Bethel betreten, bevor er nicht den Grund seines Anliegens erklärt hatte.

Die Büroausstattung, zu der auch Schreibmaschinen gehörten, wurde von den Sicherheitsbeamten mit einem Siegel versehen. Nachts jedoch konnten Bethelmitarbeiter über das Dach in das Büro eindringen, einiges von der Ausstattung mitnehmen und es durch Holzblöcke ersetzen, so daß es den Anschein hatte, die Maschinen seien noch am selben Platz. Die Funktion des Zweigbüros konnte unbemerkt auf dem Dachboden fortgesetzt werden, wo die Mitarbeiter ihre Untergrundtätigkeit eine geraume Zeit ausübten, während unten auf dem Grundstück die Wachtposten auf und ab gingen. An verschiedenen Stellen des Grundstücks wurde ein Warnsystem installiert, das durch einen Summton sich nähernde Wagen oder Sicherheitsbeamte ankündigte. Manchmal spülten Schwestern nur zum Schein stundenlang Geschirr, während sie aufpaßten, ob sich irgendein verdächtiger Besucher näherte.

Nach dem Verbot wurde die gesamte Literatur einschließlich der Bibeln und eines großen Papiervorrates entweder beschlagnahmt oder im Bethel versiegelt. Kurz vor dem Verbot war eine umfangreiche Literatursendung am Kai von Sydney eingetroffen, unter anderem das Buch Religion, die Broschüre Herrschaft und Friede sowie Aufnahmen der neusten biblischen Vorträge von Bruder Rutherford. Aufgrund der dunklen Wolken, die sich damals über Jehovas Zeugen zusammengezogen hatten, ließen die Zollbehörden nicht zu, daß die Literatur ins Land gelangte. So blieb sie einfach dort liegen.

Nachdem das Verbot erlassen worden war, wurde den Behörden offensichtlich klar, daß irgend jemand die Kaigebühren zahlen mußte. Sie selbst wollten es aber nicht tun und deshalb brachten sie die Literatur und die Schallplatten ins Bethel und lagerten alles in der großen Versandabteilung. Das Wissen um den Wert der Literatur, des Druckmaterials sowie der großen Stapel von Druckpapier, das schwer erhältlich war, machte die Bethelfamilie erfinderisch.

Vier bewaffnete Wachtposten patrouillierten auf dem Bethelgrundstück, und die Versandabteilung sowie die Druckerei waren versiegelt worden. Die Rückwand der Versandabteilung jedoch stieß an ein kaum benutztes Eisenbahnrangiergleis. Methoden, die an Hesekiel 12:5-7 erinnern, kamen den Brüdern in den Sinn, und so stiegen sie nachts durch diese Wand, nachdem sie einige Steine entfernt hatten. Dann gelang es ihnen, ohne das Siegel zu beschädigen, die Türen zum Garten von innen zu öffnen. Nun war alles fertig für das ‘Herausbringen des Gepäcks’.

Unter diesen Verhältnissen begann der Betheldienst nach Mitternacht und dauerte bis etwa 4 Uhr morgens — eine Zeitspanne, in der die Wachtposten es an Aufmerksamkeit mangeln ließen. Die verschiedenen Bethelgebäude waren durch eine geheime Telefonanlage miteinander verbunden die ein Bruder bediente, der alle vier Bewacher auf ihren Posten beobachten konnte. Während sie schliefen, achtete er darauf, daß das Signal „Alles in Ordnung!“ durchgegeben wurde. Bei der geringsten Bewegung der Bewacher gab er sofort eine Warnung, und die Türen des Gebäudes wurden leise geschlossen, bis jegliche Gefahr vorbei war.

Als Bruder MacGillivray einmal mit dem Auto nach Hause kam, war der Mann, der gewöhnlich den Eingang bewachte, nicht auf seinem Posten. Er stieg aus und ging ein paar Schritte. Da stürzten zwei Bewacher aus dem Büro und gaben zwei Schüsse auf ihn ab. Ein Schuß durchbohrte seine Schulter. Man half ihm, mit der stark blutenden Wunde ins Bethel zu gelangen. Bruder MacGillivray erholte sich zwar gut, starb dann aber sechs Monate später.

ANDERE ASPEKTE DER UNTERGRUNDTÄTIGKEIT

Zweieinhalb Jahre lang setzten die Brüder die Untergrundtätigkeit fort. Während der gesamten Verbotszeit fiel nicht eine Ausgabe der Zeitschrift Der Wachtturm aus. In dieser Zeit wurden Zehntausende von gebundenen Büchern, Zeitschriften, Traktaten sowie andere Veröffentlichungen hergestellt. Die Druckqualität war in etwa vergleichbar mit den Originalen, die aus den Vereinigten Staaten kamen. Während des Verbots brauchte Jehovas Volk auf keine einzige neue Veröffentlichung zu verzichten, auch das Jahrbuch kam regelmäßig heraus.

Die gesamte Literatur, die im Untergrund gedruckt und herausgegeben wurde, trug die Aufschrift: „Druck: George Gibb, Wohnsitz ...“ Dies genügte den gesetzlichen Anforderungen, die besagten, daß in allen Veröffentlichungen der Wohnsitz des Herausgebers angegeben sein mußte. Die Polizei suchte Bruder Gibb überall, konnte ihn jedoch nirgends finden, obwohl er sich an dem angegebenen Wohnsitz aufhielt. Bruder Gibb wurde im ganzen Land bekannt, und seit 1928 ist er ein sehr beliebter Bethelmitarbeiter. Er dient mit seinen 85 Jahren immer noch in der Druckerei des Zweigbüros.

Da außer der Literatur auch das Zusammenkommen in größeren Gruppen verboten war, trafen sich die Brüder regelmäßig in Privatwohnungen. Die Haus-zu-Haus-Tätigkeit wurde fortgesetzt, allerdings nur mit der Bibel. Wo echtes Interesse vorgefunden wurde, machte man Rückbesuche und bot Literatur an.

Eine Schwester, die regelmäßig in Melbourne Zeugnis gab und dabei nur die Bibel benutzte, berichtete, daß die Wohnungsinhaber des öfteren die Polizei anriefen. Sie verwickelten sie dann so lange in ein Gespräch, bis sie den Polizisten kommen sahen. Dann verabschiedete sich der Wohnungsinhaber, und beim Weggehen lief die Schwester dem Polizisten geradewegs in die Arme. Dann folgte wieder dieselbe alte Prozedur: Der Polizist schaute in ihre Tasche, erkundigte sich nach ihrer Tätigkeit und suchte nach verbotener Literatur. Aber natürlich fand er nichts als die Bibel! Häufig notierte die Polizei Namen und Adresse der Verkündiger, konnte aber weiter nichts tun. Unsere Schwester erinnert sich wenigstens an zwei Polizisten, die in etwa zu ihr sagten: „Sie brauchen keine Angst zu haben, aber es wäre vielleicht besser, wenn Sie jetzt in ein anderes Gebiet gingen, einige Straßen weiter. Ich sage Ihnen, es gibt mehr Polizisten, die Ihnen gut gesinnt sind, als solche, die gegen Sie sind!“

TROTZ VERBOT — EIN KONGRESS IM JAHRE 1941!

Ein Landeskongreß im Jahre 1941 — das war genau das, was sich die Brüder in Australien wünschten. Aber wie sollte dies unter dem Verbot möglich sein? Wir waren gespannt, ob Jehova während des Verbots einen Kongreß ermöglichen und segnen würde. Der Kongreß sollte vom 25. bis 29. Dezember dauern, und als Muster sollte derjenige dienen, der früher in jenem Jahr in Saint Louis (Missouri) stattgefunden hatte. Weil es unmöglich war, irgendwo eine passende Räumlichkeit zu finden, entschieden sich die Brüder für ein Stück Land, das der Gesellschaft gehörte, und zwar in Hargreave Park, etwa 29 km von Sydney entfernt.

Aus allen Teilen Australiens strömten die Brüder herbei, meistens mit dem Zug, denn Benzin war rationiert. Die Regierung in Westaustralien weigerte sich jedoch, Eisenbahnwagen für unsere Kongreßteilnehmer zur Verfügung zu stellen, und schuf dadurch eine scheinbar ausweglose Situation für Brüder, die fast 4 800 km entfernt wohnten.

Die beherzten Brüder im Westen rüsteten ihre Autos mit einem Holzvergaser (Kleingenerator für Holzgas) aus. Bis zur Abfahrt am 11. Dezember hatten sie insgesamt 9 Autos und Lastwagen für die strapaziöse Reise, bei der sie hin und zurück 9 600 km zurücklegen mußten, so ausgerüstet. Eine Königreichsfarm im Westen Australiens lieferte der Wagenkolonne Holzkohle, damit sie die 1 160 km lange Strecke auf der unbefestigten Wüstenstraße von Norseman nach Penong in Südaustralien bewältigen konnte. Von da an gab es wenigstens eine gute Straße und einige Städte.

Die gesamte Reise nach Sydney nahm zwei Wochen in Anspruch. Die Brüder mußten eine ganze Woche lang mit den Härten der Nullarborebene (Nullarbor bedeutet „kein Baum“) fertig werden. Feiner Sand setzte sich in Haar und Kleidern fest, und beim Waschen verwandelte er sich in Schlamm, weil das wenige Wasser, das uns zur Verfügung stand, brackig war und einen hohen Mineralanteil aufwies. In Abständen von 80 Kilometern mußten die Autos anhalten und Holzkohle nachfüllen. Langsamer fahrende Fahrzeuge waren 24 Stunden lang in Gang, wobei die Fahrer abwechselnd am Steuer saßen bzw. aßen und schliefen, während die Wagenkolonne durch die Wüste dahinschlich.

Das Militär, die Polizei und die Beamten der zuständigen Behörde bewiesen durch ihr Verhalten, wie niederträchtig die Bürokratie sein kann, als sie die Benzinration in der letzten Stadt vor der Wüste sperrten. Das bedeutete, daß die Brüder jeden Morgen das erste Auto etwa drei bis fünf Kilometer anschieben mußten, bis es mit dem Holzkohlenkraftstoff starten konnte. Dann mußte dieses Auto die anderen anschleppen, bis auch sie ansprangen. Aber welche Freude war es, als die Wagenkolonne pünktlich zu Beginn des Kongresses eintraf! Die Presse, die sich zuvor so abfällig geäußert hatte, und zwar als sich die Kolonne durch die Nullarborebene bewegte, hüllte sich nun in ungewohntes Schweigen, als die gesamte Gruppe der Kongreßteilnehmer gesund und munter in Sydney angekommen war.

Ein Höhepunkt des Kongresses war die Freigabe des in Australien gedruckten Buches Kinder. Dieses Buch war erst vier Monate früher in Saint Louis freigegeben worden. Als Bruder MacGillivray ein Exemplar dieses Buches erhielt, ordnete er an: „Druckt das Kinder-Buch!“ Es schien unmöglich, daß die Untergrundfabrik in der Lage war, diesen Auftrag zu erfüllen. Selbst unter normalen Verhältnissen hatte das Zweigbüro in Australien bis zu diesem Zeitpunkt noch nie ein gebundenes Buch produziert. Unter der ausgezeichneten Aufsicht von Druckermeister Malcolm Vale, der ein furchtloser Organisator war, ging jedoch die Untergrundorganisation an die Arbeit!

Die damit beauftragten verschiedenen Druckereien führten zum Schein auch andere Druckarbeiten aus, und wenn Polizeibeamte hin und wieder zur Inspektion kamen, war das alles, was sie sahen. Aber um Mitternacht packte man das aus, was man für das Druckobjekt der Gesellschaft benötigte, und bis zum Morgengrauen waren eine Menge Druckbogen fertig.

Eines der größten Probleme war das Binden der Bücher. Die Brüder mieteten ein leerstehendes Lagerhaus und beförderten die Buchbindereiausrüstung nachts dorthin. Brüder und Schwestern arbeiteten Tag und Nacht und stellten nach dem Brooklyner Muster Bücher her. Manchmal wurden die Nachbarn nach ein paar Tagen neugierig und wollten wissen, was dort vor sich ging. Auch die Polizei am Ort wurde hellhörig. Das war das Zeichen dafür, die gesamte Buchbindereiausrüstung mitten in der Nacht zu verpacken, auf Lastwagen zu verladen und in ein anderes gemietetes Lagerhaus zu transportieren. Und so wurden auf diese Weise Woche um Woche Bücher hergestellt. Die Buchbinderei mußte 16mal ihren Standort wechseln. Aber die Brüder wurden belohnt, denn auf ihrem Kongreß wurde eine beträchtliche Anzahl Bücher freigegeben.

Da die Literatur der Gesellschaft verboten war, mußte auch die Freigabe des Buches unauffällig erfolgen. An einem Tag während des Vormittagprogramms wurden die Kongreßteilnehmer in verschiedene Privatwohnungen von Zeugen Jehovas geleitet. Dort wurde dann das Buch freigegeben. Der Bericht des Zweigaufsehers im nächsten Jahrbuch besagte: „Angesichts der überwältigenden Schwierigkeiten kann man sagen, daß die Drucker etwas vollbrachten, was nur durch hingebungsvolle Arbeit und in der Kraft des Herrn möglich war. Jedes Kind erhielt sein Geschenk, und 20 000 Bücher sind nun in ganz Australien in Umlauf.“ Trotz des Verbots besuchten 6 000 Personen den Kongreß!

ÄNDERUNGEN IM ZWEIGBÜRO

Am 8. Mai 1942 — nicht lange nach dem Kongreß — erhielt die Bethelfamilie einen Räumungsbefehl mit der Aufforderung, das Grundstück innerhalb von 24 Stunden zu verlassen. Das Gelände wurde von der Armee besetzt. Die Bethelfamilie wurde in nahe gelegenen Häusern untergebracht.

Kurz nach Bruder Rutherfords Tod — am 8. Januar 1942 — starb auch Bruder MacGillivray, und zwar am 22. Juli 1942. Es war Philip Rees, der nun die Aufsicht über den Zweig übernahm. Zu diesem Zeitpunkt war Bruder Rees 26 Jahre alt, aber im Bethel war er schon seit seinem 15. Lebensjahr. Er war mit der Arbeit im Zweigbüro vertraut, denn er hatte die Entwicklung praktisch miterlebt. Gegenwärtig sind er und seine Frau Maudie Mitarbeiter im Londoner Bethel.

Vor seinem Tod hatte Bruder MacGillivray damit begonnen, beim Obersten Bundesgericht von Australien durch ein legales Verfahren die Richtigkeit des Verbots anzufechten. Zur gleichen Zeit ging bei den verschiedensten Beamten eine Flut von Protestbriefen und Gesuchen ein.

Angefacht durch diesen Freiheitskampf und die allgemeine Publizität des Werkes, wurde die Tätigkeit der Verkündiger im Laufe der Zeit immer mehr begünstigt. Wegen der Unterbrechung des Postdienstes jedoch waren Zeit und harte Anstrengung erforderlich, damit die Organisation wieder so effektiv wie früher arbeiten konnte. Aber mit Jehovas Hilfe gelang es einige Monate später.

SCHWIERIGKEITEN WÄHREND DES VERBOTS

Zufolge des Verbots mußten die Brüder gewisse Schwierigkeiten und Belastungen ertragen. Alex Miller erinnert sich noch daran, wie einmal während eines Schulungsprogramms für die „Diener für die Brüder“ (Kreisdiener) die Zusammenkunft von der Polizei unterbrochen wurde. Als jedoch der erste Polizist, der auf die Zusammenkunft aufmerksam wurde, zurückging, um seinen Kollegen Mitteilung zu machen, verließen die Brüder das Gebäude und entkamen sicher über eine Eisenbahnböschung.

Später bat die Gesellschaft Bruder Miller, nach Brisbane zu gehen, um sich dort um die Versammlungen zu kümmern. Aber wie sollte er dorthin kommen? Das Reisen mit der Eisenbahn war nur auf Militärpersonal beschränkt und auf solche Personen, die im Auftrag der Regierung reisten. Bruder Miller dachte eine Weile nach und entschied dann, sich als Priester zu verkleiden! Er hatte Erfolg und bekam eine Fahrkarte. Mit zwei großen Koffern voll Jahrbüchern, die im Untergrund gedruckt worden waren, bestieg er den Zug. Auf diese Weise erhielten die Brüder in Queensland ihr Jahrbuch für 1943.

Aubrey Baxter griff zu einer anderen List, um die Brüder mit Literatur zu versorgen. In Brisbane packte er Exemplare des Buches Kinder ein und reiste mit dem Zug in den hohen Norden des Staates. An jedem Ort, wo es eine Versammlung gab, verließ er den Zug mit einem Karton voll Literatur. Außen an dem Karton befestigte er jedesmal das Blatt einer Kreissäge. Die Polizei durchsuchte zwar regelmäßig die Züge und kontrollierte die Fahrgäste, aber unser Bruder mit dem Sägeblatt kam stets unbehelligt davon.

Bruder Baxter berichtet von dem Verdacht, der durch die Kriegshysterie bei den Behörden aufkam: „Eines Tages kamen Polizisten und Soldaten in zwei Wagen an und stürmten auf die Königreichsfarm in North Queensland. Sie wollten wissen, wo der Scheinwerfer war, den wir angeblich zum Nutzen des Feindes gebraucht hatten. Was geschehen war, ist leicht erklärt: Wir hatten einige Nächte lang unter Scheinwerferlicht an einem Damm gearbeitet. Außerdem beschuldigte man uns, den Mais auf einem Feld in einer Art Geheimschrift angepflanzt zu haben, die vom Feind aus der Luft gelesen werden konnte. Auch diese lächerliche Behauptung erwies sich natürlich als falsch.“

KONGRESSERFAHRUNGEN

Bruder Lloyd Barry, der später als Missionar und Zweigaufseher in Japan diente und heute als Glied der leitenden Körperschaft in New York tätig ist, erinnert sich gern an jene schwierigen, aber ereignisreichen Zeiten. Er berichtet, daß 1942 der Kongreß in Privatwohnungen stattfinden mußte. In jenem Jahr diente er als Kongreßvorsitzender in Melbourne, und er denkt noch an die gewaltigen Anstrengungen, die die Brüder unternommen hatten, um das Programm darzubieten.

Einen großen Kongreß abzuhalten war völlig ausgeschlossen, und so mußten sich die Kongreßteilnehmer, die aus allen Teilen Victorias gekommen waren, auf 12 Wohnungen von Brüdern verteilen. Etwa 50 bis 60 Personen waren täglich in einigen dieser Wohnungen anwesend. Jeder Redner hielt in allen Wohnungen seinen halbstündigen Vortrag, was bedeutete, daß er ihn 12mal halten mußte. Obwohl die Brüder die Kongreßvorträge nicht in der richtigen Reihenfolge hörten, waren sie doch in der Lage, sich am gesamten Programm zu erfreuen, und zwar aufgrund der besonderen Anstrengungen dieser Redner.

Während des Kongresses hielt sich Bruder Barry im Pionierheim in Hawthorne auf. Am ersten Tag ging alles glatt, aber am nächsten Morgen gegen 5 Uhr rief jemand von der Straße her: „Polizei!“ Es handelte sich um eine Polizeirazzia am frühen Morgen!

Bruder Barry hatte in seiner Mappe das ausführliche Kongreßprogramm und bis ins einzelne gehende Beschreibungen, wie z. B. bei einer Razzia vorgegangen werden sollte. Nun war er mit seinen „gefährlichen“ Unterlagen im Hinterzimmer des Hauses in eine Falle geraten!

Die Polizei ging durchs Haus, riß Schubladen heraus und kehrte das Unterste zuoberst. Zuerst versuchte Bruder Barry die Mappe unter eine Matratze zu stecken, aber es war klar, daß man sie dort sehen würde. Er ging zum Fenster, und tatsächlich stand an jeder Hausecke ein Polizist in Zivil.

Als Bruder Barry einen Moment später wieder zum Fenster hinausschaute, sah er, wie der Polizist gerade in diesem Moment seinen Posten verließ. Er öffnete das Fenster und warf die Mappe im hohen Bogen in den Gemüsegarten. Welch ein herrlicher Anblick war es, sie mitten in einem Kohlbeet landen zu sehen, wo die Kohlblätter sie zudeckten! Unmittelbar darauf stand die Polizei im Schlafzimmer, durchwühlte alles und stellte bohrende Fragen. Aber sie gelangten nicht in den Besitz unserer wertvollen Kongreßunterlagen.

WEITERE BESCHRÄNKUNGEN VEREITELT

Die verschiedenen Bethelabteilungen waren dezentralisiert worden, und die Brüder arbeiteten nun in verschiedenen Teilen Sydneys in Untergrundbüros. Die Zeugen waren in der Lage, von Haus zu Haus zu arbeiten, jedoch nur mit der Bibel. Das hatte zur Folge, daß viele Heimbibelstudien eingerichtet werden konnten, und zwar bei Personen, die schon bei den ersten Besuchen echtes Interesse gezeigt hatten. Das Werk des Predigens und Jüngermachens nahm trotz des Verbots ständig zu.

Als die Behörden bemerkten, daß das Königreichswerk weiterhin Fortschritte machte, versuchten sie um so mehr, es zu zerschlagen. Allen Brüdern, die bekannt waren und die man ausfindig machen konnte, gingen Anordnungen zu, die ihre Bewegungsfreiheit einschränkten. Diese Anordnungen verlangten von jedem betroffenen Bruder, in eine abgelegene Stadt oder in ein abgelegenes Dorf zu ziehen. Unter Androhung einer Gefängnisstrafe wurde ihm verboten, sich außerhalb eines Umkreises von 8 km zu bewegen.

Die Behörden beschränkten den Aufenthalt des australischen Zweigaufsehers Philip Rees auf die Stadt Picton, wo er unter Polizeiaufsicht stand. Glücklicherweise lag die Stadt nur 110 km von Sydney entfernt. Obwohl es Bruder Rees nicht gestattet war, Picton zu verlassen, bestand doch keine Beschränkung für andere Brüder, ihn zu besuchen. Brüder, denen keine Einschränkungen auferlegt worden waren und die das Werk aufrechterhielten, fuhren mit ihren mit Holzkohle betriebenen Autos 2mal wöchentlich abends nach Picton, um sich in einer einsamen Schlucht mit Bruder Rees zu treffen.

GERICHTSVERHANDLUNG, DIE ZUR AUFHEBUNG DES VERBOTS FÜHRT

Zur gegebenen Zeit kam die Klage der Gesellschaft gegen den Staatenbund vor das Oberste Bundesgericht Australiens. Der Prozeß gründete sich auf Absatz 116 der Verfassung, der ein Verbot der freien Religionsausübung untersagte. Da es unter den Brüdern keine Anwälte gab, sah sich die Gesellschaft gezwungen, die hohen Anwaltskosten zu akzeptieren, um sich die besten Rechtsanwälte des Landes leisten zu können, und tatsächlich führten sie einen ausgezeichneten Rechtskampf. Der Hauptanwalt der Gesellschaft sagte den Brüdern, das ganze Verfahren habe ihm — entgegen seinen Erwartungen — so gut gefallen und er sei von der Aufrichtigkeit der Brüder so beeindruckt, daß er den Wunsch habe, seine Honorarforderung herabzusetzen.

Die gerichtliche Untersuchung ergab, daß der Erlaß, der zu dem Verbot geführt hatte, eine Verletzung der Verfassung darstellte. Das Oberste Bundesgericht Australiens ist vergleichbar mit dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, und der Fall kam vor den Richter der ersten Instanz. Für Richter Starke war es nicht schwierig, das Unrecht zu erkennen, das durch das Verbot begangen worden war. Die gegnerischen Anwälte versuchten aufgrund der Dinge, die die Gesellschaft über die symbolischen Tiere der Offenbarung im Buch Licht (Band 1 und 2) gesagt hatte, den Fall hochzuspielen. Nachdem der Richter sich die Argumente einen ganzen Vormittag angehört hatte, gähnte er, schaute auf die Uhr und bemerkte: „Die Tiere sehen hungrig aus — lassen Sie uns eine Mittagspause einlegen.“

Nach Ansicht von Richter Starke war das über Jehovas Zeugen verhängte Verbot „willkürlich, unlauter und schikanös“. Er empfahl die Aufhebung des Verbots. Da es sich aber um einen so wichtigen Fall handelte, übergab er ihn dem Obersten Bundesgericht, das aus fünf Richtern bestand, zur endgültigen Entscheidung. Das Untersuchungsergebnis fiel zugunsten der Gesellschaft aus, und das Urteil wurde am 15. Juni 1943 verkündet, einen Tag nachdem in der Fahnengrußfrage in den Vereinigten Staaten auf bemerkenswerte Weise zugunsten der Zeugen Jehovas entschieden worden war. So jubelten die Brüder in Australien zur gleichen Zeit wie ihre amerikanischen Brüder über die großen theokratischen Siege! Schließlich erhielt die Gesellschaft ihren gesamten Besitz von der Regierung zurück.

Richter Brennan, ein Richter des Obersten Gerichts von Queensland, faßte seine Beobachtungen über das Verbot des Werkes und seine zweieinhalb Jahre danach erfolgte Aufhebung mit folgenden von Herzen kommenden Worten zusammen:

„Für einige Zeit nach dem Ausbruch der gegenwärtigen Weltkatastrophe existierte in unserem öffentlichen Leben ein Zustand der Hysterie. Als es sich zeigte, daß unsere Existenz wahrscheinlich durch die Invasion einer fremden Macht unmittelbar bedroht war, wurde die Hysterie zur Panik. Jehovas Zeugen als Organisation wurden verfolgt und schließlich verboten. Als die Gemüter sich etwas beruhigt hatten, hob das Oberste Bundesgericht von Australien in seiner traditionellen britischen Gelassenheit das Verbot der Organisation auf und stellte das verfassungsmäßige Recht der Religionsfreiheit für Jehovas Zeugen wieder her.“

Während der Verbotszeit hatte sich die Zahl der Königreichsverkündiger merklich erhöht. Von etwas mehr als 2 500 Verkündigern im Dienstjahr 1940 hatte sich die Zahl schon einen Monat nach der Aufhebung des Verbots auf 4 328 erhöht. Dies war nur möglich, weil die theokratische Organisation weiter funktionierte, und zwar im Untergrund.

FAHNENGRUSS UND NEUTRALITÄT WERDEN ZU STREITFRAGEN

Nicht lange nach dem Sieg beim Obersten Bundesgericht diskutierte man in den Zeitungsartikeln die Fahnengrußfrage. Ende Juli 1943 waren im Staate Victoria 50 Kinder von den Schulen verwiesen worden, weil sie sich weigerten, die Fahne zu grüßen. Später kam man mit den Behörden des Staates Victoria zu einer Übereinkunft, die darin bestand, daß Kinder von Zeugen Jehovas montags morgens eine kurze Erklärung abgeben sollten, die besagte, daß sie bereit seien, den Gesetzen des Landes zu gehorchen, wenn sie in Harmonie mit dem Gesetz Gottes seien.

Im Juni 1943 wurde der Sonderpionier Frank Grundy zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil er sich weigerte, den von Wehrpflichtigen geforderten Eid zu leisten. Seine Begründung, daß er als Religionsdiener nicht verpflichtet sei, den Eid zu leisten, wurde von den Amtsrichtern nicht akzeptiert. Es wurde Berufung eingelegt. In dem schriftlichen Urteil des Obersten Bundesgerichts hieß es schließlich, daß Bruder Grundy ein „Religionsdiener“ im Sinne des Verteidigungsgesetzes sei. Das Ganze galt dann als Präzedenzfall und war von unschätzbarem Wert, als es darum ging, Anerkennung für andere Vertreter der Gesellschaft zu erlangen.

Diese günstigen Entscheidungen waren die Vorläufer einer beachtlichen Sinnesänderung der Amtsrichter bei Verhandlungen mit jungen Zeugen Jehovas, die als Religionsdiener Befreiung vom Militärdienst forderten.

FELDZUG IN GLENELG

Selbst als der Zweite Weltkrieg zu Ende war, wirkte sich Voreingenommenheit — angefacht durch Superpatrioten und ihre religiösen Verbündeten — weiter ungünstig aus. Für die Zeit vom 27. bis zum 29. April 1945 wurden in 14 Städten Australiens Kongresse geplant, die sich durch den öffentlichen Vortrag „Die Sanftmütigen ererben die Erde“ besonders auszeichneten. In den meisten Städten wurden die Kongresse ohne Störungen durchgeführt. In Glenelg, einem Vorort von Adelaide (Südaustralien), war es jedoch anders. Gerade als Hubert Clift den Redner Bill Carnie der später als Zweigaufseher in Hongkong diente, einführte betrat ein großer Trupp Soldaten den Saal. Sie verursachten einen Aufruhr und verlangten, das Programm müsse mit der Nationalhymne beginnen. Eine Gruppe stürzte sich auf die Lautsprecheranlage. Doch der Bruder, der die Anlage bewachte, war früher ein bekannter Boxer gewesen. Er warnte die Männer und sagte ihnen, daß er die Anlage beschützen werde, falls sie versuchen würden, das Eigentum der Gesellschaft zu beschädigen. Nachdem zwei von ihnen die Warnung ignoriert hatten, wichen die anderen schnell zurück und riefen: „Wir dachten, sie würden sich nicht wehren!“ Doch der Tumult hielt an. Es war unmöglich, die Unruhestifter in Schach zu halten, und die Zusammenkunft mußte abgebrochen werden.

Es war jedoch wichtig, die Botschaft der Bevölkerung von Adelaide genauso zu übermitteln, wie dies in den 13 anderen bedeutenden Städten Australiens der Fall war. So flogen dann drei Brüder, und zwar Philip Rees, Lloyd Barry und Norman Barnett, von Sydney nach Adelaide, um einen weiteren Feldzug und eine Zusammenkunft zu organisieren.

Bruder Barnett erzählte, daß er im Ersten Weltkrieg der 4. Soldat war, der sich freiwillig zur australischen Armee gemeldet und in Übersee gedient hatte Kapitän Barnett hatte sich während der Anzaclandung in Gallipoli im April 1915 ernsthafte Schrapnellverletzungen zugezogen. Später jedoch wurde er ein tapferer Kämpfer für die Königreichsinteressen. Seine Tätigkeit im Feldzug von Adelaide bestand darin, die verschiedenen Heimkehrertreffen zu besuchen, sich selbst als „Anzac Nr. 4“ vorzustellen und dann auf vernünftige Weise mit den Soldaten über ihre Einstellung zu Jehovas Zeugen zu sprechen. Auf diese Weise war es ihm möglich, ein äußerst wirksames Zeugnis zu geben.

Zur gleichen Zeit stellten die anderen Brüder eine Sonderausgabe der Königreichs-Nachrichten zusammen. Den Text übermittelten sie per Telefon nach Sydney. Jedesmal, wenn ein Absatz geschrieben war, wurde er an denjenigen weitergeleitet, der die Setzmaschine bediente. Innerhalb von Stunden waren diese Königreichs-Nachrichten nicht nur geschrieben, gesetzt und gedruckt, sondern auch schon als Luftfracht auf dem Weg nach Adelaide. Es standen fünfundzwanzigtausend Exemplare zur Verfügung, die die Verkündiger in Südaustralien an dem Samstag, der dem öffentlichen Vortrag vorausging, verbreiten sollten Dieses Mal jedoch sollte der Vortrag im Königreichssaal der Zeugen Jehovas in Adelaide gehalten werden.

Während der Verbreitung der Königreichs-Nachrichten in Glenelg (Vorort von Adelaide) wurden drei Brüder — zwei von ihnen waren aus Sydney — von einem großen Trupp lärmender Soldaten auf der Straße belästigt. Diese Raufbolde entrissen den Brüdern die Büchertaschen und warfen die Zeitschriften auf die Straße. Dann verlangten sie von ihnen, sich die Hemdsärmel hochzukrämpeln und zu kämpfen. Die Brüder hielten sich die Männer etwa eine Stunde lang vom Leibe, indem sie versuchten, anhand der Bibel vernünftig mit ihnen zu reden. Aber plötzlich verschwand die Pöbelrotte, als hätte sie sich in Luft aufgelöst. Was war geschehen? Als die überraschten Brüder die Straße hinunterblickten, sahen sie jemanden von der nächsten Ecke auf sich zukommen. Es war niemand anders als der ehemalige Boxer, der anläßlich der ersten Versammlung die Lautsprecheranlage der Gesellschaft so gut beschützt hatte. Die Pöbelrotte wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Die durch diese Erfahrung etwas mitgenommenen Brüder kehrten mit der Straßenbahn zum Königreichssaal zurück. Dort stand Norman Barnett auf den Stufen vor dem Königreichssaal, und als er sie sah, winkte er ihnen mit einer Zeitung zu. Als sie einen Blick auf die Zeitung warfen entdeckten sie zu ihrer Freude, daß die Abendausgabe der Adelaide News, die eine Auflage von 75 000 Exemplaren hatte, das meiste der Königreichs-Nachrichten Wort für Wort auf der ersten Seite abgedruckt hatte, und zwar ohne Kommentar. Die Brüder verstanden den Fingerzeig und erreichten, daß Radiostationen, die sich bis zu diesem Zeitpunkt geweigert hatten, öffentliche Vorträge gegen Bezahlung bekanntzumachen, nun ganz offen im Rahmen der Nachrichten die weiteren Vorträge ankündigten.

Am Sonntagmorgen waren die Verkündiger wieder im Predigtdienst tätig und freuten sich, die Königreichs-Nachrichten zu verbreiten und zu dem Vortrag „Die Sanftmütigen ererben die Erde“ einzuladen, der am Nachmittag gehalten werden sollte. Man erfreute sich unzähliger schöner Erfahrungen. Diejenigen, die anfangs gegnerisch eingestellt waren, wurden auf die am Abend zuvor erschienene Adelaide News aufmerksam gemacht. Viele änderten auf der Stelle ihre Einstellung und nahmen gern ein Exemplar der Königreichs-Nachrichten entgegen. Am Sonntagnachmittag wurde dann — trotz Gewaltandrohungen — der angekündigte Vortrag vor über 500 Personen in einem überfüllten Königreichssaal gehalten. Viele standen auf der Straße und hörten zu, und das begeisterte Publikum sparte nicht mit Applaus. Auf diese Weise bewirkte Jehova, daß ein weit größeres Zeugnis gegeben wurde, als wenn die gegnerischen Superpatrioten den anfänglich geplanten Vortrag in Glenelg nicht unterbrochen hätten.

ERNSTHAFTE SCHWIERIGKEITEN AUF GEISTIGEM GEBIET

Es zeigte sich, daß mit dem Werk in Australien nicht alles in Ordnung war und der Segen Jehovas nicht mehr in vollem Maße darauf ruhte. Das erste Anzeichen dafür war ein Rückgang der Zahl der Verkündiger von durchschnittlich 3 898 im Jahre 1944 auf 3 532 im Jahre 1945. Zunächst gab man den Ereignissen der Zeit dafür die Schuld. Aber als es im folgenden Jahr weiter bergab ging und nur noch 3 294 Verkündiger berichteten, machte man sich ernstlich Sorgen. Nach Beendigung des Krieges gab es in den meisten Ländern erfreuliche Zunahmen. Die Serie der gewonnenen Rechtskämpfe hätte die Brüder zu größerem Eifer und mehr Begeisterung anspornen sollen.

Bruder Philip Rees brachte seine Sorge in einem Bericht, der für das Jahrbuch von 1946 vorgesehen war, wie folgt zum Ausdruck: „Während der schweren Jahre der Anfeindung, besonders 1943 und 1944, wurde ein größeres Zeugnis von mehr Verkündigern gegeben, die mehr Stunden einsetzten, als es im Dienstjahr 1945 der Fall gewesen war. Obwohl es schwer zu verstehen ist, hat sich die Vision einiger getrübt, und sie sind unregelmäßig oder in einigen Fällen sogar untätig geworden. Wenn man sich mit diesen Geschwistern unterhält, sind sie gewöhnlich auch der Meinung, daß es viel zu tun gibt und daß eine Verantwortung auf ihnen ruht. Weil der heilige Geist aber sozusagen betrübt ist, legen sie nur langsam ihre Lethargie ab.“

Die geschäftliche Tätigkeit in den vorangegangenen fünf Jahren begann nun ihren Tribut zu fordern. In den Kriegsjahren und während der Verbotszeit war es dadurch möglich gewesen, viele frühere Vollzeitdiener zu unterstützen, die den Pionierdienst wegen des Verbots nicht fortsetzen konnten. Die Organisation war jedoch zu weit gegangen, indem sie geschäftliche Unternehmen gegründet hatte. Dies hatte viele Brüder beunruhigt.

DER SEGEN JEHOVAS IM ZWEIGBÜRO WIEDER ZU VERSPÜREN

Sobald Bruder Rees dazu in der Lage war, unternahm er Schritte, um die Unternehmen aufzulösen. Aber es war ein sehr schwieriger Prozeß, der das Leben vieler berührte, die diese Art Dienst zur Unterstützung der Organisation angenommen hatten. Die Änderungen wurden jedoch vorgenommen, und als Bruder Rees 1946 eine Einladung zum Besuch der Wachtturm-Bibelschule Gilead erhielt, waren alle Geschäftsunternehmen vollständig liquidiert.

Nichtsdestoweniger waren im Laufe der Jahre Fehler gemacht worden, und es mußte etwas geschehen, um die Atmosphäre zu entspannen. Erst dann könnten alle Brüder wieder ganzherzig vorwärtsdrängen und das überaus wichtige Königreichspredigtwerk durchführen. Die Gelegenheit bot sich, als der Präsident der Gesellschaft, Nathan Knorr, im März 1947 zum erstenmal Australien besuchte.

Bruder Knorr ging offen und entschieden in dieser Angelegenheit vor. Begleitet vom damaligen Zweigaufseher, Bruder Laurie Wills, besuchte er alle Provinzhauptstädte der australischen Staaten. Er sprach mit den Brüdern in aller Klarheit über die frühere Situation. Dann legte er ihnen eine Resolution vor.

Nachstehend folgt der genaue Auszug aus der Resolution, die von den versammelten Brüdern in Perth, Adelaide, Melbourne, Launceston, Brisbane und Sydney angenommen worden war:

„Damit wir mit reinen Händen und Herzen die gesegneten Dienstvorrechte der Nachkriegszeit ergreifen können, deren sich unsere Geschwister in allen andern Ländern erfreuen, wollen wir eine gebührende Verantwortung für diese Abnahme in der Zahl der Verkündiger des Reiches Gottes und in der Verkündigung der Königreichsbotschaft nicht von uns abwälzen.

DESHALB möchten wir nun — damit uns keine verborgenen Fehler anhaften — vor Jehova Gott und seinem König Jesus Christus bekennen, daß wir während des Zweiten Weltkrieges unsere Hände auf verschiedene Weise nach dem Unrecht dieser kriegführenden Welt ausstreckten. Wir gebrauchten mehrere Besitztümer des geweihten Volkes Gottes zu etwas, was wir jetzt als einen Teil der Kriegsbestrebungen und propaganda erkennen, und dadurch verletzten wir die wahre Neutralität aller Fußstapfennachfolger Christi Jesu, die wohl in der Welt sind, aber nicht ein Teil von ihr sein dürfen. Wie uns dies jetzt ganz klar erscheint, hat Jehovas Segen nicht darauf geruht. Es hat Schmach auf seinen Namen gebracht und zu Mißverständnissen hinsichtlich seiner Sache geführt und hat die Geschwister beunruhigt und geschwächt. Wir möchten die Schuld für dieses Verhalten nicht einer Einzelperson oder mehreren Personen zuschieben, sondern wünschen demütig zu bekennen, daß wir für diese Sache hier in Australien zusammen verantwortlich sind.

DESHALB bekennen wir, Jehovas Zeugen auf diesem großen Kontinent, hiermit unsere Sünden und Fehler und Mängel öffentlich und gemeinsam vor Gott und bitten ihn um Vergebung und Barmherzigkeit durch Jesum Christum, damit er unsere Übertretungen tilgen möchte. In dem Vertrauen, daß er uns gnädiglich seine Gunst wieder zuwende, tun wir unser Vorhaben kund, in dieser Nachkriegszeit sorgfältiger zu wandeln, indem wir uns von aller Weltlichkeit abwenden und fortan unsere Lauterkeit von der Welt unbefleckt zu erhalten suchen.“

Freudentränen füllten die Augen von Männern und Frauen, denn endlich hatten die australischen Brüder die Gelegenheit, gemeinsam Jehova um Vergebung anzuflehen.

Während seines Besuches in Australien erkannte Bruder Knorr, daß ein Wechsel in der Leitung nötig war, und so ernannte er Floyd Garrett, der ein Jahr zuvor aus den Vereinigten Staaten nach Australien gekommen war, zum Zweigaufseher. Bruder Garrett war in der ersten Klasse der Gileadschule und im Hauptbüro in Brooklyn geschult worden. Schon bald hatte er die Zuneigung der Bethelfamilie und der übrigen australischen Brüder gewonnen.

Zusammen mit Bruder Garrett kam Benjamin Mason, der ebenfalls die erste Klasse der Gileadschule absolviert hatte. Bruder Mason wurde zum Bezirksaufseher ernannt. Der Dienst dieser Brüder war äußerst wirkungsvoll, denn sie waren hinsichtlich der neuen Vorkehrungen der Gesellschaft für die Nachkriegszeit ausgezeichnet geschult worden.

NACHKRIEGSORGANISATION

Im Februar 1947 begann man halbjährliche Kreiskongresse abzuhalten, und der erste fand in Perth statt. Überdies waren die Bezirkskongresse — beginnend mit dem Jahr 1948 — wichtige Meilensteine auf dem Weg des geistigen Fortschritts. Ein Kreisaufseher der Nachkriegszeit, an den sich noch viele erinnern, war Adrian Thompson, der alle Gebiete Australiens bereiste, bevor er im Jahre 1947 mit der ersten Gruppe von 17 Personen, die die Gileadschule besuchen sollten, das Land verließ. Später wurde er zum ersten Kreisaufseher Japans ernannt.

Zu Beginn des Jahres 1948 wurden drei weitere Kreisaufseher im australischen Feld eingesetzt. Diese Brüder, John Cutforth, Donald MacLean und Robert Smart, stammten aus Kanada und waren in der Gileadschule unterwiesen worden.

Bevor diese drei Brüder das Bethel in Brooklyn verließen, um ihre Schiffsreise nach Australien anzutreten, rief Bruder Knorr sie in sein Büro und erklärte ihnen den besonderen Grund für ihre Zuteilung nach Australien. Ihr Ziel sollte es sein, hart zu arbeiten, um der gedrückten Stimmung entgegenzuwirken, die wegen der Ereignisse im Zweiten Weltkrieg und der Fehler, die damals gemacht worden waren, unter vielen Brüdern herrschte. Durch Ermunterung und Erbauung der australischen Brüder sowie durch eine vorbildliche Führung in der Haus-zu-Haus-Tätigkeit konnte viel Gutes bewirkt werden. Zweifellos hat der treue Dienst und das gute Beispiel dieser drei Brüder sehr zum geistigen Fortschritt in den darauffolgenden Jahren beigetragen.

KREISDIENST

Damit Bruder MacLean in dem ihm zugeteilten Kreis, der sich über Hunderte von Kilometern erstreckte, die Versammlungen besuchen konnte, benutzte er ein Motorrad. Dieses Transportmittel erwies sich auf manchen australischen Landstraßen Ende der 40er Jahre als ziemlich gefährlich. Wir werden ihn einige seiner ersten Eindrücke von diesem neuen und fremdartigen Land berichten lassen:

„Für uns Neuankömmlinge gab es einige faszinierende Augenblicke, während wir durch abgelegene Gebiete reisten. Meine erste Begegnung mit einer Schar Emus [große straußenähnliche Laufvögel] war interessant, aber nervenaufreibend. Als ich mit meinem Motorrad im australischen Busch unterwegs war, stieß ich auf eine Emufamilie, die mir den Weg versperrte. Es sind ausgesprochen neugierige Vögel. Das Blitzen des Chromspiegels und der Lenkstange in der Sonne faszinierte sie anscheinend. Weil ich nicht wußte, wie man sich Emus gegenüber verhält, zögerte ich, einfach durch die Schar hindurchzufahren, um nicht mein Leben aufs Spiel zu setzen. So hielt ich an. Als die großen Vögel nach einer geraumen Zeit immer noch nicht daran dachten, Platz zu machen, entschied ich mich, etwas zu unternehmen.

Ich hupte und ließ den Motor aufheulen. Die Emus kamen näher, und ihre Neugier nahm zu. Die Sache wurde beängstigend, und ich wich etwas zurück. Dann hupte ich wieder und ließ den Motor erneut aufheulen. Aber die Emus kamen immer näher. Ich entschloß mich, alles auf eine Karte zu setzen, und gab Gas. Selbst dann noch wichen sie nur langsam zur Seite und ließen mich durch. Dann begannen sie, neben mir auf der Landstraße herzulaufen. Erst als ich meine Geschwindigkeit auf 64 Kilometer erhöhte, konnte ich die riesigen Vögel abhängen. War das eine Erleichterung!“

Die Tage, in denen Bruder MacLean mit dem Motorrad unterwegs war, liegen natürlich lange in der Vergangenheit. Im Jahre 1951 heiratete er eine australische Schwester, und seither haben er und seine Frau June treu im Kreis und Bezirksdienst gestanden. Sie waren überall in Australien tätig.

Gegen Ende des Jahres 1948 wurde Benjamin Mason aus dem Bezirksdienst ins Bethel gerufen, und Bruder Cutforth wurde damit beauftragt, sich um die Arbeit des Bezirksaufsehers zu kümmern. Damals gab es im ganzen Land nur einen Bezirk, der aus 14 Kreisen bestand. So mußte der Aufseher viele tausend Kilometer zurücklegen, um zweimal im Jahr die Kreiskongresse zu bedienen. In den neun Jahren, die Bruder Cutforth in diesem Dienst verbrachte, wurde er überall in diesem riesigen Land bekannt und geschätzt. Man erinnert sich noch an seine lebendige, bilderreiche Sprache und an seine Veranschaulichungen sowie an seine gütige Art, sich der Probleme der Brüder und Schwestern aller Altersgruppen anzunehmen, ungeachtet des ausgefüllten Zeitplans. Im Jahre 1957 verließ Bruder Cutforth Australien und begab sich nach Papua-Neuguinea, wo er immer noch trotz seines fortgeschrittenen Alters und seiner schlechten Gesundheit dient.

Bruder Cutforth erzählte einmal von einem Kreiskongreß in Westqueensland: „Einige hundert Brüder aus Queensland reisten Hunderte von Kilometern westwärts nach Goondiwindi, um unseren ersten Kreiskongreß dort zu erleben. Da kein Saal zur Verfügung stand, errichtete man auf einem unbebauten Grundstück ein großes Zelt, das man aus Brisbane mitgebracht hatte. Etwa zu Beginn der Woche hatte es stark geregnet. Am Samstag kam es dann zu wolkenbruchartigen Regenfällen, und unser Kreiskongreß drohte ins Wasser zu fallen. Am Sonntag ließ der Regen nach, und während des öffentlichen Vortrags kam sogar die Sonne hinter den Wolken hervor. Aber die Bewohner der Stadt wußten, daß die Folgen dieser schweren Niederschläge noch nicht abzusehen waren. Der Fluß in der Nähe würde ständig weitersteigen, und das Wasser würde in wenigen Stunden die Stadt erreichen. Tatsächlich drang Hochwasser in unser Zelt und im Handumdrehen reichte es uns bis zu den Knien. Das Wasser führte Schlamm, Schlangen und allerlei Geröll mit. In den Geschäften der Stadt lief es zur Eingangstür hinein und zur Hintertür wieder hinaus. Unsere Cafeteria stand unter Wasser. Welch eine Arbeit es für den Cafeteriadiener doch war, einige hundert Personen bis zum darauffolgenden Mittwoch zu versorgen, als das Wasser endlich so weit zurückgegangen war, daß es allen möglich war, sicher nach Hause zurückzukehren!“

Die Kreisaufseher betonten die Notwendigkeit, persönlich zu studieren und Heimbibelstudien mit interessierten Personen durchzuführen. Aufgrund der Zunahme der Bibelstudien gab es mehr Verkündiger, was dazu führte, daß sich die Tätigkeit im ganzen Land ausdehnte. Ein Auszug aus dem Bericht über das Dienstjahr 1949 lautet: „Die starke Beteiligung von Menschen guten Willens an den Kreisversammlungen und an den öffentlichen Vorträgen der Gruppen zeigt, daß in diesem Lande kein Mangel an interessierten Menschen ist. Viele wünschen die Wahrheit kennenzulernen und dem wahren Gott, Jehova, zu dienen. ... Nachdem sich als Folge des vermehrten Bibel und Wachtturm-Studiums ihr Blickfeld jetzt erweitert hat, beginnen sie zu erkennen, daß ,die Ernte wirklich groß ist‘.“

BELEBENDER FORTSCHRITT IN DEN 50ER JAHREN

Als sich zu Beginn des Jahres 1951 der zweite Besuch von Bruder N. H. Knorr und Bruder M. G. Henschel näherte, machte sich zunehmend freudige Spannung bemerkbar. Dieses Mal herrschte bei der Begrüßung der Gäste aus Brooklyn eine ganz andere Atmosphäre. Es bestand ein scharfer Gegensatz zu dem Besuch vier Jahre zuvor, als es nötig gewesen war, schwerwiegende Probleme zu erörtern. Zweifellos hatte Jehova das Werk seiner Diener gesegnet, da sie mit neuem Eifer und reinem christlichen Gewissen an die Arbeit gingen, nachdem sie die Resolution, die Bruder Knorr ihnen vorgelegt hatte, angenommen hatten.

Der Höhepunkt dieses 10tägigen Besuches war ein Landeskongreß, der auf der Rennbahn des Moorefield Parks in Sydney stattfand. Das Besondere auf diesem Kongreß war die Gedächtnismahlfeier, die unter freiem Himmel auf dem Kongreßgelände durchgeführt wurde. Als Bruder Knorr sprach und auch später, als die Symbole, bestehend aus ungesäuertem Brot und Rotwein, von einem zum anderen gereicht wurden, stand ein leuchtender, klarer Vollmond am wolkenlosen Himmel über der Botany-Bucht.

Inzwischen war Floyd Garrett in die Vereinigten Staaten zurückgekehrt, und Roy Moyle hatte die Arbeit des Zweigaufsehers übernommen, noch bevor Bruder Knorr im März 1951 eintraf. Während dieses Besuches erhielt Bruder Moyle eine Einladung für die 18. Klasse der Gileadschule. Er kehrte später nach Australien zurück, wo er immer noch als Ältester in einer der Versammlungen in Brisbane dient.

Nicht lange danach wurde Bruder Theodore Jaracz als Zweigaufseher nach Australien gesandt. Sein Eifer für theokratische Ordnung und sein ausgezeichnetes Beispiel im Predigtdienst stellte für die Brüder im ganzen Land eine große Ermunterung dar. Nicht selten ergriff er die Gelegenheit, bei Kreiskongressen, die nicht zu weit vom Zweigbüro entfernt stattfanden, die Aufgaben des Bezirksaufsehers zu übernehmen. Nach fünfjähriger Tätigkeit im australischen Zweig kehrte Bruder Jaracz in die Vereinigten Staaten zurück, wo er und seine Frau jetzt im Hauptbüro der Gesellschaft dienen. Bruder Jaracz ist ein Glied der leitenden Körperschaft.

ABGELEGENES GEBIET ERREICHEN — EINE SCHWERE AUFGABE

Die regelmäßige Bearbeitung von nichtzugeteiltem Gebiet begann im Jahre 1952. Wahrscheinlich gibt es nur wenige Länder in der Welt, die, was das Predigen betrifft, eine so große Herausforderung darstellen wie Australien mit seinen riesigen entlegenen Gebieten im Landesinnern. Jahrelang hatte man sich Gedanken darüber gemacht, wie man diese abgelegenen Teile des Landes regelmäßig mit der Königreichsbotschaft erreichen könnte. Treue Brüder hatten in den 30er und 40er Jahren diese einsamen Regionen bearbeitet, aber sie hatten, was das Werk des Predigens und Jüngermachens betrifft, sozusagen von einer riesigen Aufgabe nur einen Bruchteil bewältigt.

Mit Begeisterung machten sich die Brüder an diese Tätigkeit. Lastwagen, Autos, Motorräder und Campingausrüstungen sowie große Mengen an Literatur wurden für diese Reisen bereitgestellt, die in Gebiete in der Nähe führten und auch in Gebiete, die Hunderte von Kilometern entfernt lagen. Eine Versammlung bat um ein Gebiet, das 1 600 km von ihrem Heimatort entfernt war. Ein Lastwagen (Ladekapazität drei Tonnen), der ein Motorrad, einige Fahrräder und sonstige Versorgungsgüter geladen hatte, stand für die Reise bereit. Mehrere Autos folgten dem Lastwagen, und so bearbeitete man mehrere Monate lang das zugeteilte Gebiet.

Eine kleine Versammlung hatte sich ein persönliches Gebiet besorgt, das sich über 960 km erstreckte. Als ein Bruder eines Tages in einem Haus vorsprach, erinnerte er sich, daß er im Jahre 1933 dort Literatur zurückgelassen hatte. Nach einer kurzen Unterhaltung erinnerte sich auch der Hausherr an den damaligen Besuch. Er nahm die neusten Veröffentlichungen entgegen und abonnierte unsere beiden Zeitschriften. Nachdem der Bruder auch dem Dienstpersonal, das zu den Ureinwohnern gehörte, Zeugnis gegeben hatte, begleiteten ihn der Hausherr und seine Frau bis an die Pforte, und mit einem vielsagenden Lächeln bemerkten sie: „Hoffentlich vergehen bis zum nächsten Besuch keine 19 Jahre!“

In einigen Regionen war das Gebiet nicht Versammlungen, sondern Gruppen von allgemeinen Pionieren und Sonderpionieren zugeteilt. Diese Brüder lebten oft unter primitiven Verhältnissen, aber der Geist, den sie offenbarten, erinnerte an den Pioniergeist der frühen 30er Jahre.

Eine dieser Gruppen im Nordwesten von Neusüdwales wohnte in einem alten verlassenen Haus. Die Brüder legten bei ihren Besuchen mit dem Fahrrad viele Kilometer zurück, während sie von Gehöft zu Gehöft Zeugnis gaben. Manchmal hatten sie wenig zu essen, und gewöhnlich reagierten die Leute in solchen Gebieten nur langsam auf die Wahrheit, aber dies dämpfte ihren Eifer nicht. Als Bruder John Wilson, der damalige Kreisaufseher, die Gruppe besuchte, empfahl er jedem, alle Personen, die Interesse gezeigt hatten, wieder zu besuchen, selbst wenn es den Anschein hatte, daß das Interesse erloschen war.

Die Tätigkeit der Pioniere und der Feldzug in nichtzugeteiltem Gebiet bewirkte, daß in ganz Australien ein ausgezeichnetes Zeugnis gegeben wurde. In Kleinstädten auf dem Land entstand eine Versammlung nach der anderen.

WACHSTUM HÄLT AN

Durch den Film „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit“ wurden die Brüder zum erstenmal anhand eines Films auf die internationale Bedeutung der Organisation Jehovas aufmerksam gemacht. Die Präzision, mit der in den Fabriken, in den Büros und den sonstigen Einrichtungen der Weltzentrale alles ablief, half den Brüdern, sich enger mit der „Mutter“organisation verbunden zu fühlen. Dieser Film wurde im ganzen Land in überfüllten Sälen in kleinen und in großen Städten gezeigt.

Im Jahre 1954 stieg der Landesdurchschnitt der Verkündiger auf 6 874. Die Zahl der Kreise erhöhte sich auf 21, und es gab 3 Bezirke. Donald MacLean wurde der zweite Bezirksaufseher, und ein anderer Bruder diente nur zeitweise als Bezirksaufseher.

Als Bruder Knorr im März 1956 seinen dritten Besuch in Sydney machte, fand auf demselben Gelände (Sports Ground), das während des Besuches von Bruder Rutherford im Jahre 1938 benutzt wurde, ein Landeskongreß statt. Der Kongreß im Jahre 1956 zog 8 149 Besucher an.

Im November 1956 übernahm ein neuer Zweigaufseher, Douglas Held aus Kanada, die Aufsicht in Australien. Er leitete das Werk sieben Jahre lang. In der letzten Hälfte der 50er Jahre dehnte sich das Werk unaufhaltsam aus. Die 10 000er Grenze wurde zum erstenmal im Jahre 1957 mit einer neuen Höchstzahl von 10 290 Verkündigern überschritten. Nur zehn Jahre früher belief sich die Zahl der Verkündiger auf 3 516.

Jahr für Jahr wanderten Zehntausende von Europäern ein, wodurch auch die Zahl derer stieg, die an einem Bibelstudium interessiert waren. So erging ein dringender Ruf an die Brüder in Westaustralien, zu überlegen, ob sie in den östlichen Staaten dienen konnten, wo sich die meisten Einwanderer niederließen und somit Hilfe not tat.

In Westaustralien war die Zahl der Verkündiger im Verhältnis zur Bevölkerung stets höher als in anderen Staaten. Als Bruder Theodore Jaracz Zweigaufseher war, machte er einmal anläßlich eines Bezirkskongresses in Perth eine Bemerkung, die fast sprichwörtlich werden sollte. Er wandte sich direkt an die Westaustralier, die sich der geistigen Wohlfahrt und des Wachstums erfreuten, und sagte: „Ihr macht sie, und wir nehmen sie!“ Dieser Aufruf verfehlte nicht seine Wirkung, denn Brüder und Schwestern aus allen Teilen Westaustraliens reagierten auf wunderbare Weise auf diesen Hilferuf. Einige von denen, die damals den Ruf ‘Komm herüber und hilf uns!’ (Apg. 16:9) befolgten, sind noch immer in verantwortlichen Stellungen in kleineren und größeren Städten im Osten tätig, wo die Versammlungen sozusagen auf „unberührtem Boden“ entstanden.

In den zehn Jahren von 1950 bis 1960 stieg die Zahl der Verkündiger von 4 502 auf 12 746, und die Höchstzahl belief sich auf 14 090.

Im Laufe der Jahre verringerten sich die Probleme, die auf die schlechten Verkehrsverbindungen in dem weiten Land zurückzuführen waren. Immer mehr Orte konnten regelmäßig mit dem Flugzeug, der Eisenbahn und den Bussen erreicht werden, und die Straßen wurden ständig besser. Zum erstenmal in der australischen Geschichte reisten 1961 Brüder aus verschiedenen Teilen Australiens in die abgelegene Stadt Darwin, um einen Bezirkskongreß zu besuchen. Aus allen Landesteilen waren Brüder zu diesem Kongreß eingeladen worden. Von Adelaide im Süden, Sydney im Südosten und Queensland im Osten setzten sich gemietete Busse in Bewegung. Es war das erstemal, daß man mit Autobussen versuchte, Tausende von Kilometern bis zur nördlichsten Stadt Australiens zurückzulegen. Zuvor waren Eisenbahn und Flugzeug die einzigen Transportmittel. Nach dem erfolgreichen Kongreß und der nicht minder erfolgreichen Busreise ließen zwei Busgesellschaften regelmäßig ihre Busse auf diesen Strecken verkehren.

Kongresse sind im Leben aller Zeugen Jehovas herausragende Ereignisse, ob in Australien oder in anderen Ländern der Welt. Ein solcher Kongreß wurde im Jahre 1963 im Wintermonat August in Melbourne abgehalten und zwar im Rahmen der weltweiten Kongreßserie „Ewige gute Botschaft“. Zeitungsberichte meldeten folgendes über den Kongreß: „Melbourne hat schon manch wunderbare Tagung erlebt ..., aber ich glaube nicht, daß wir schon so etwas wie den Kongreß ,Ewige gute Botschaft‘ der Zeugen Jehovas erlebt haben. ... Als F. W. Franz, der [damalige] Vizepräsident der Watch Tower Society, seinen Vortrag ,Wenn Gott König ist über die ganze Erde‘ hielt, hatten sich über 12 000 Personen in der riesigen Schafhalle [Melbourne Showground] zusammengedrängt.“ Insgesamt waren 13 142 Personen anwesend einschließlich der 682 Kongreßteilnehmer, die den Vortrag in Deutsch, Griechisch und Italienisch hörten.

PREDIGTEXPEDITION

Zu Beginn des Dienstjahres 1964 gab es im ganzen Land 15 045 Diener Jehovas. Die 385 Versammlungen waren in 29 Kreise und 3 Bezirke aufgeteilt. In demselben Jahr unternahmen zwei junge Pionierbrüder eine Reise in ein Gebiet, das niemals zuvor bearbeitet worden war.

Die beabsichtigte Predigtexpedition sollte quer durch die Nullarborebene (eine baumlose Wüstenlandschaft) führen, die sich von Südaustralien nach Westaustralien über ein Gebiet von 1 160 km erstreckt. Nachdem sie die Wüste durchreist hätten, sollten sie sich nach Norden wenden, um das Zentrum der Wüste Westaustraliens zu durchqueren, bis sie die Nordwestküste Australiens erreichen würden. Dann sollte es an der Küste entlang bis nach Darwin weitergehen. Vierunddreißig Jahre zuvor hatten Bruder Bert Horton und Bruder Frank Rice mit ihrem Fahrzeug dieses unwirtliche Gebiet auf ihrem Weg nach Sydney bereist und in allen Siedlungen an der unbefestigten Straße Zeugnis gegeben. Seither hatten Pioniere gelegentlich diese Wüstenebene durchquert und entlang des Weges Zeugnis gegeben. Keine dieser Expeditionen jedoch war der Eisenbahnlinie gefolgt, sondern der allgemeinen Landstraße. Die Brüder, die im Jahre 1964 unterwegs waren, wollten die Männer erreichen, die an der Eisenbahnlinie arbeiteten.

Zwei Pionierbrüder aus dem Nordwesten von Queensland wurden vom Zweigbüro beauftragt, das Gebiet in Richtung Sydney zu bearbeiten. Von dort aus sollten sie dann die Nullarborebene nach Kalgoorlie (Westaustralien) durchqueren und sich dann nordwärts nach Port Hedland, Broome Derby, Wyndham begeben und dann weiter nach Mount Isa in Queensland, wo sie im Oktober 1964 den Bezirkskongreß miterleben wollten. Bruder Frank Lambert und Bruder Terry Reynolds brachen im Juni in Richtung Sydney auf.

Zwischen Mount Isa und Sydney legten sie eine gefährliche Strecke von über 800 km auf dem berüchtigten Birdsville Track zurück, einer öden, unbefestigten Wüstenstraße. Einige Monate zuvor war eine ganze Familie auf dieser unwirtlichen Strecke ums Leben gekommen. Ihr Auto hatte einen Defekt, und weil sie nicht genügend Wasser bei sich hatten, starben alle. Die Pioniere waren froh, als sie die kleine Stadt Bourke im Westen von Neusüdwales sicher erreicht hatten, und auf dem Weg nach Sydney gaben sie überall Zeugnis.

Im Bethel überholte man den Landrover, und Bruder Lambert machte sich mit einem neuen Partner, nämlich mit Bruder Harold Burkett, auf den Weg, um Australien zu durchqueren.

Am 15. Juli verließen sie Port Augusta (Südaustralien) und damit die „Zivilisation“. Dann fuhren sie in Richtung Westen entlang der Eisenbahnlinie nach Kalgoorlie. Manchmal waren nicht einmal Spuren einer Straße zu erkennen. Auf einem Gehöft wurden sie mit den Worten begrüßt: „Es gibt nur eine Religion, für die ich Zeit habe — nämlich Jehovas Zeugen!“ Selbstverständlich waren die Brüder hellauf begeistert. Es wurden Vorkehrungen getroffen, das Bibelstudium wiederaufzunehmen, und zwar brieflich, denn die Leute hatten die Wahrheit aus den Augen verloren, nachdem sie auf diesen abgelegenen Hof gezogen waren. Einen ganzen Abend lang unterhielten sie sich über die Bibel, und am nächsten Tag brachen die Pioniere wieder auf. Beschenkt mit dem Fleisch eines Schafes, das man am Vortag für sie geschlachtet hatte, und mit vollen Benzintanks ging es weiter. Manchmal führte sie ihr Weg kilometerweit durch Sanddünen, was bedeutete, ständig mit Vierradantrieb zu fahren. Auf einer besonders schwierigen Wegstrecke knallte es plötzlich unter dem Auto, so daß sie heftig zusammenfuhren. Eine Untersuchung ergab, daß das Antriebskegelrad und das Ritzel im Differential gebrochen waren. Bruder Lambert machte sich auf den Weg zur nächsten Kleinstadt. Als er etwa 8 km neben den Schienen zurückgelegt hatte, sah ihn ein Streckenwärter in einem kleinen Schienenwagen, der ihn für den Rest des Weges mitnahm. Nachdem die Ersatzteile telegrafisch angefordert worden waren, mußten sie 8 Tage warten, und diese Zeit verwandten sie darauf, in der kleinen Eisenbahnerstadt ein gründliches Zeugnis zu geben.

Schließlich kamen die beiden Pioniere am 11. August in Kalgoorlie an, wo die Versammlung sie herzlich willkommen hieß. Die Reise von Port Augusta nach Kalgoorlie hatte wegen der Panne fünf Wochen in Anspruch genommen. Sie hatten 2 245 km zurückgelegt und insgesamt 426 Stunden im Predigtdienst verbracht. Außerdem hatten sie bei den Arbeitern und ihren Familien 606 Zeitschriften, 48 Bücher und 15 Broschüren verbreitet sowie 16 Abonnements aufgenommen und zwei Zusammenkünfte für die Öffentlichkeit durchgeführt.

Nachdem sie Kalgoorlie hinter sich gelassen hatten und nach Norden weitergezogen waren, um die Wüstenregion im Zentrum von Westaustralien zu durchqueren, ging alles reibungsloser. Ohne größere Schwierigkeiten erreichten die beiden Brüder schließlich Mount Isa, gerade zur rechten Zeit, um bei dem Bezirkskongreß im Oktober 1964 dabeizusein. Beide waren sehr dankbar für die Erfahrungen, die sie auf dieser interessanten Reise gemacht hatten, denn sie waren weit in das einsame Innere Australiens vorgedrungen.

VERÄNDERUNGEN IM ZWEIGBÜRO UND ANSPORNENDE KONGRESSE

Am 3. Januar 1964 reiste der Zweigaufseher Douglas Held in die Vereinigten Staaten, um die Gileadschule zu besuchen. Später diente er wieder in seinem Heimatland Kanada. Bruder John Wilson, der in Melbourne geboren wurde und acht Jahre im reisenden Dienst verbracht hatte wurde nun zum Zweigaufseher ernannt.

Interessanterweise wurde eine ganze Anzahl der Brüder, die in Australien als Kreisaufseher oder in anderen Positionen gedient hatten, später zu Zweigaufsehern (oder Koordinatoren) in verschiedenen Teilen der Welt ernannt: Zum Beispiel diente Maxwell Lloyd in Paraguay, Donald Clare auf den Fidschiinseln, Douglas King auf Sri Lanka, Harvey Logan auf Taiwan, William Carnie und Kenneth Gannaway in Hongkong, Ronald Jacka in Indonesien, Norman Bellotti in Singapur, Joseph Jenkins auf Zypern, Keith Young in Pakistan, Alfred Wicke in Malaysia, Lloyd Barry in Japan, James Smith in Papua-Neuguinea und Glenn Finlay auf den Salomoninseln.

Der Bezirkskongreß „Gottes Söhne der Freiheit“, der 1966 stattfand, bewirkte eine Zunahme bei den Pionieren. In jenem Jahr waren es 758, und die Zahl erhöhte sich ständig, bis im Jahre 1970 eine Gesamtzahl von 1 946 erreicht wurde.

Als das Jahr 1969 gekommen war, beschäftigten sich die Brüder mit zwei Ereignissen, und zwar erstens mit dem internationalen Kongreß, der in Melbourne abgehalten werden sollte, und zweitens mit einem erneuten Besuch Bruder Knorrs. Eine so große Anzahl von Brüdern war noch auf keinem Kongreß in Australien zusammengekommen. Sechs Sonderzüge und 40 Busse kamen aus verschiedenen Teilen des Landes, und viele Flugzeuge waren gechartert worden. Im Jahre 1963 waren am Eröffnungstag des internationalen Kongresses fast 7 000 Personen anwesend gewesen; aber 1969, nur sechs Jahre später, waren es dreimal so viele. Die Höchstzahl der Anwesenden betrug 26 075. Dies spiegelte den ausgezeichneten Geist der Brüder wider, zumal viele von ihnen Tausende von Kilometern gereist waren.

EINTRITT IN DIE 1970ER JAHRE

Die 70er Jahre brachten für das ganze Land große Veränderungen mit sich — sowohl im theokratischen als auch im wirtschaftlichen Bereich. Zu Beginn des Jahrzehnts gab es knapp 20 000 Verkündiger, und am Ende des Jahrzehnts waren es über 30 000.

Im Nordwesten des Kontinents waren praktisch über Nacht neue Städte entstanden, was auf einen wirtschaftlichen Aufschwung in Verbindung mit den Bergwerken zurückzuführen war. Bald wurde auch in diesen Städten gepredigt. Der Verwalter eines Eisenerzbergwerks sagte über die Bewohner der Stadt: „Den meisten geht es wie mir, sie sind nicht in Australien geboren. Ich lebe zum Beispiel 17 Jahre in diesem Land, wurde aber in Deutschland geboren. Wir sind ein Schmelztiegel, und das ist gut.“ Städte wie Port Hedland, Dampier, Exmouth und Nhulunbuy auf der Halbinsel Gove, die jahrelang als rückständig galten, entwickelten sich nun, nachdem man Mineralvorkommen entdeckt hatte, auf erstaunliche Weise. Diese Entwicklung brachte sozusagen eine Verschiebung des Lebensraumes der Bevölkerung mit sich, und so wurden Pioniere eingesetzt um die Menschen dort zu erreichen.

Hohe Löhne und die Möglichkeit, sich schnell materielle Güter zu erwerben, erschweren es in diesen Bergwerksstädten, Interesse für geistige Dinge zu wecken. Jedoch werden hier und da interessierte Personen gefunden. Bruder Donald MacLean, der Bezirksaufseher, berichtet von einer begeisternden Erfahrung:

„Mein Partner und ich empfanden das Predigen in diesem Teil des Gebiets, in dem die meisten Menschen gleichgültig waren, als besonders schwierig. Als wieder einmal ein Wohnungsinhaber negativ reagierte, sagte ich nur: ,Im Grunde genommen suchen wir nur nach aufrichtigen Menschen, die von diesem gottlosen System genug haben und sich nach Gottes Königreich sehnen.‘ Zu unserem Erstaunen sah mir die Frau direkt in die Augen, und nach einer kurzen Pause sagte sie mit fast gebieterischem Ton: ,Kommen Sie herein! Nehmen Sie Platz! Ich möchte Sie etwas fragen.‘

Ziemlich verblüfft, traten wir ein, worauf sie uns mit fünf Fragen bombardierte, die hauptsächlich mit Themen zu tun hatten, die die meisten denkenden Menschen heute beschäftigen. Die Beantwortung dauerte nicht länger als 25 Minuten. In dieser kurzen Zeit erkannte die aufrichtige junge Ehefrau die Wahrheit! Sie berichtete, sie habe einige Tage vor unserem Besuch über Gott nachgedacht und im Gebet gewissermaßen zum Ausdruck gebracht, daß sie, falls niemand ihre Fragen beantworte, den Glauben an Gott, die Bibel und die Religion aufgeben werde. Wir waren überwältigt, und gleichzeitig betrachteten wir es als ein Vorrecht, von Jehova auf so wunderbare Weise gebraucht worden zu sein. Die Antwort auf ihr Gebet kam sozusagen umgehend.

Als nächstes wollte sie ihren Mann mit der guten Botschaft bekannt machen. Er war Kanadier und Bergwerksingenieur. Da ich aus Kanada stammte, aber nach Abschluß der Gileadschule nach Australien gekommen war, dachte ich mir, was könnte besser sein, als einem Landsmann Zeugnis zu geben! Bald fand ich heraus, wie falsch diese Annahme war. Nach einer ziemlich langen, erfolglosen Unterhaltung stapfte er ungehalten aus dem Zimmer, weil ihm gesagt worden war, daß wir uns alle — als Söhne des unvollkommenen Adam — von Geburt an in einem verurteilten Zustand befinden.

In der darauffolgenden Woche reisten meine Frau und ich ab, um den nächsten Kreiskongreß zu besuchen. Die Rückbesuchsadresse wurde einem jungen Pionierehepaar übergeben, das erst kurz zuvor mit dem Vollzeitdienst begonnen hatte. Der Bruder war nicht sehr gebildet und sprach langsam. Er kam aus dem Gebiet der Zuckerrohrfelder in Nordqueensland und unterschied sich sehr von dem kanadischen Ingenieur. Wir fragten uns, ob er bei diesem stolzen Intellektuellen Erfolg haben würde. Wiederum erwies sich die unumstößliche Wahrheit, daß ‘Gott es ist, der es wachsen läßt’, als zutreffend (1. Kor. 3:7). Die Herzlichkeit und das frohe Gemüt des Pionierbruders bewirkten allmählich, daß der rauhe Kanadier zugänglich wurde. Er war mit einem regelmäßigen Heimbibelstudium einverstanden und nahm schließlich die Wahrheit an.“

EIN JAHRZEHNT THEOKRATISCHER VERÄNDERUNGEN

Diese zehn Jahre von 1970 bis 1980 brachten für den theokratischen Bereich tiefgreifende Veränderungen mit sich. Gegen Ende 1971 und zu Beginn von 1972 wurde die besondere Vorkehrung in Verbindung mit den Ältesten und Dienstamtgehilfen eingeführt. Wenn man die Ereignisse dieser zehn Jahre Revue passieren läßt, erkennt man den großen Gewinn auf geistigem Gebiet, der allen Versammlungen wie auch den einzelnen Verkündigern zugute gekommen ist.

Später wirkte sich diese Vorkehrung auch auf die Zweigbüros günstig aus, da die Verantwortung nun von e i n e m Mann auf eine Gruppe reifer, erfahrener Ältester übertragen wurde. Hier in Australien wurde Bruder John Wilson zum Zweigkoordinator ernannt, und die anderen vier Brüder des Zweigkomitees waren: Wallace Baxter, Maxwell Lloyd, David Madzay und Ronald Walters.

KONGRESS-SÄLE

Außerdem wurden in den 70er Jahren Kongreßsäle gebaut bzw. erworben. In Sydney kaufte man im Juli 1974 eine Textilfabrik, die geschlossen worden war, und Ende September desselben Jahres war sie in einen geschmackvollen Kongreßsaal umgebaut worden, in dem 1 600 Personen Platz finden.

Im Dezember 1975 wurde ein wunderschöner Kongreßsaal in Ridgehaven, einem malerischen Vorort von Adelaide, der Bestimmung übergeben. Der Saal befindet sich auf einem Grundstück von über 20 000 m2. Nur zwei Jahre später wurde der dritte Kongreßsaal auf einem Gelände von über 40 000 m2, nur 16 km vom Zentrum der Stadt Perth entfernt, in Welshpool fertiggestellt. Dieser Kongreßsaal befindet sich ebenfalls in einer schönen Landschaft, durch die sich ein Fluß schlängelt.

Im Jahre 1982 entstand ein weiterer Kongreßsaal in Melbourne. Es ist der größte der vier Säle, die bis jetzt gebaut worden sind. Das Fassungsvermögen beträgt 3 000 Personen, und die etwa 162 000 m2 des Geländes lassen für die kommenden Jahre viel Freiheit für Landschaftsgestaltung und Verschönerung.

EINWANDERER BRINGEN ABWECHSLUNG UND BEWIRKEN THEOKRATISCHES WACHSTUM

Jahrzehntelang hat die australische Regierung ihr Einwanderungsprogramm in dem Glauben vorangetrieben, daß dieser spärlich besiedelte Inselkontinent dringend mehr Bewohner benötige. Mitte der 70er Jahre waren etwa 40 Prozent der australischen Bevölkerung entweder in Übersee geboren worden oder waren Nachkommen von Ausländern. Unter ihnen befanden sich auch viele Zeugen Jehovas, die mit der englischen Sprache noch auf Kriegsfuß standen. Der Zuzug so vieler Menschen aus anderen Ländern führte dazu, daß viele fremdsprachige Gebiete entstanden.

In den Jahren 1974 und 1975 wurden 14 fremdsprachige Versammlungen gegründet, und diese Zahl hat sich inzwischen auf 52 erhöht. Gegenwärtig gibt es Versammlungen, in denen Arabisch, Finnisch, Griechisch, Ungarisch, Italienisch, Maltesisch, Polnisch, Portugiesisch, Spanisch, Türkisch und Serbokroatisch gesprochen wird. Die Zusammenkünfte werden ausnahmslos in der entsprechenden Sprache abgehalten. In jüngster Zeit haben sich kleine chinesische, französische und vietnamesische Gruppen gebildet. Ein beträchtlicher Teil der in den letzten Jahren verzeichneten Zunahme ist auf die fremdsprachigen Versammlungen und Gruppen zurückzuführen. Es entstanden Kreise, die nur aus griechischen und italienischen Versammlungen zusammengesetzt waren. Infolgedessen wird das Programm auf Kreis und Bezirkskongressen nicht nur in Englisch, sondern auch in all den zuvor aufgeführten Sprachen dargeboten.

ERWEITERUNG DES ZWEIGBÜROS

Etwas, woran das Wachstum in Australien mit am deutlichsten zu erkennen war, ging in den 70er Jahren vor sich. Es handelte sich um die Erweiterung des Bethelheimes, der Büros und der Fabrik um das nahezu Vierfache der vorherigen Größe. Sämtliche Bauarbeiten, mit denen 1972 begonnen wurde, wurden von freiwilligen Helfern unter der Aufsicht von Roy Battle ausgeführt, einem Bruder, der im Bauwesen Erfahrung hat.

Die Brüder trugen auf wunderbare Weise zur Deckung der Baukosten bei. Ein Bruder überreichte dem Zweigaufseher ein altes Spielkartenkästchen, und als man es öffnete, kamen sage und schreibe 1 000 Dollar zum Vorschein. Ein älterer Pionierbruder verkaufte ein Haus und übergab der Gesellschaft 10 000 Dollar als Spende, und weitere 10 000 Dollar stellte er als Darlehn zur Verfügung.

Durch den neuerstandenen dreistöckigen Bau wurde unserem ursprünglichen Gebäude, daß über 750 m2 hatte, 3 000 m2 Grundfläche hinzugefügt. Die Bestimmungsübergabe des neuen Gebäudes fand im Januar 1973 statt.

ZUNAHME DER KÖNIGREICHSVERKÜNDIGER

Im Dienstjahr 1976 berichteten 29 101 Königreichsverkündiger — eine neue Höchstzahl. Einige waren vielleicht enttäuscht, weil in jenem Jahr dramatische Ereignisse, die sie erwartet hatten, ausblieben. Dadurch wurden unsere Beweggründe für den Dienst Jehovas geprüft, und das mag ohne weiteres dazu beigetragen haben, daß die zuvor erwähnte Verkündigerhöchstzahl über drei Jahre lang nicht mehr erreicht wurde. Aber dann, im Jahre 1979, erreichten wir eine neue Höchstzahl von 29 247 Verkündigern. Glücklicherweise konnte seither unter denen, die Jehova öffentlich preisen, ein ständiges, gesundes Wachstum beobachtet werden. So berichteten im Jahre 1980 über 30 000 Personen, und im August 1981 wurde eine Höchstzahl von 31 898 erreicht, und nach fünf weiteren Höchstzahlen im Dienstjahr 1982 stieg die Zahl der Verkündiger im April auf 33 982.

EINE NEUE BEGEISTERNDE VERGRÖSSERUNG — EIN VÖLLIG NEUER BETHELKOMPLEX

Im Februar 1977 freuten wir uns über den Besuch von Bruder Milton Henschel von der leitenden Körperschaft, der als Zonenaufseher zu uns kam. Über 14 000 Personen hörten die beiden Vorträge, die er in Brisbane und Sydney hielt. Während seines Besuches wurde der Vorschlag unterbreitet, das Zweigbüro weiter zu vergrößern.

Etwa 32 km südwestlich des derzeitigen Zweigbüros in Strathfield befindet sich die Königreichsfarm der Gesellschaft. Sie liegt auf den Höhen von Ingleburn bei Denham Court und erstreckt sich über etwa 40 Hektar Land, das als begehrter Baugrund gilt. Es handelt sich um ein schönes Gelände auf einer Anhöhe in einer ländlich anmutenden Gegend, jedoch nicht weiter als 48 km vom Zentrum Sydneys mit seinem geschäftigen Hafen entfernt. Könnte man sich einen besseren Platz für ein neues, größeres Bethel vorstellen? Der geplante Neubau sollte dreimal so groß werden, wie der gegenwärtige Gebäudekomplex in Strathfield.

Ebenso wie beim Erweiterungsbau in Strathfield im Jahre 1972 waren die Brüder und Schwestern auch jetzt wieder bereit, ihre Zeit und Talente auf vorbildliche Weise zur Verfügung zu stellen. Wer nicht persönlich mithelfen konnte, unterstützte das Werk finanziell und auf andere Weise.

Über ein Jahr lang war regelmäßig eine Baufamilie, die aus 130 Personen bestand, am Bethelbau beschäftigt. Viele Brüder — einige waren erfahrene Bauarbeiter — konnten nicht ihre ganze Zeit für das Projekt einsetzen. So wurden im Rahmen einer besonderen Vorkehrung jeweils Gruppen, die aus 50 Personen bestanden, aus allen Ländern des Staatenbundes eingeladen, für etwa zwei Wochen auf der Baustelle zu arbeiten. Für Obdach und Nahrung wurde ebenfalls gesorgt. Einige Busse kamen aus dem 4 000 km entfernt gelegenen Perth, und diese Gruppen blieben jeweils drei oder vier Wochen. Als Teile der Fabrik und der Büros fertiggestellt waren, wurden sie in provisorische Schlafräume für die Brüder umgebaut. Die meisten von ihnen waren ohne Frau und Kinder gekommen. Ein Bruder des Baukomitees sagte: „Ich halte dieses zweiwöchige Programm für einen Höhepunkt unseres Arbeitseinsatzes. Es war eine großartige Unterstützung, und alles lief reibungslos ab.“

Eine Gruppe von 20 Brüdern aus Perth mietete einen Kleinbus mit einem Gepäckanhänger. Drei Brüder wechselten sich beim Fahren ab, so daß sie die lange Reise in drei Tagen hinter sich brachten. Eine andere Gruppe von 40 Personen kam in einem größeren Bus, der von einem Busunternehmen gemietet worden war. Auf ihrem Weg hielten sie dort, wo es Versammlungen gab, und die Brüder versorgten sie mit Erfrischungen, Mahlzeiten sowie mit Unterkünften und sorgten auch dafür, daß sie duschen konnten. An christlicher Liebe und aufrichtigem Interesse mangelte es nicht.

Nach langen Reisen trafen die Busse natürlich nicht immer fahrplanmäßig ein. Einmal hatten die Brüder morgens um 5 Uhr das Frühstück zubereitet und warteten dann im Königreichssaal. Der Bus kam jedoch erst um 10.15 Uhr. Aber keiner zeigte seine Enttäuschung, sondern vergnügt und freudig ging man daran, für die müden Reisenden zu sorgen, die einige Wochen ihre Zeit verwenden wollten, um in Verbindung mit dem Bethelneubau heiligen Dienst zu verrichten.

Ein Bruder, der im Namen einer Gruppe sprach, mit der er die Reise von Westaustralien gemacht hatte, berichtet: „Nach unserem Zeitplan sollten wir bei einem Bruder und seiner Frau auf einer Farm, die etwas abgelegen von Minnipa in Südaustralien lag, zu Mittag essen. Das Bauernhaus diente gleichzeitig als Königreichssaal, denn es gab in der Versammlung nur vier Verkündiger. Die Entfernungen in diesem Gebiet sind sehr groß — die Farm des Bruders erstreckte sich zum Beispiel über 1 620 Hektar. Wie dankbar waren wir daher, daß diese wenigen Brüder für uns — und wir waren 40 — eine wunderbare Mahlzeit zubereitet hatten!

Als wir in Port Pirie angekommen waren, gingen wir in den Königreichssaal, wo man quer durch den Saal eine Reihe Tische gedeckt hatte, beladen mit vielen Köstlichkeiten, die uns zum Zugreifen einluden. Wir konnten nur die Hälfte von alldem essen, und so gab man uns Obst und das Übriggebliebene als Wegzehrung mit.

Es war 21.30 Uhr, als wir den Königreichssaal in Adelaide erreichten. Hier sollten wir über Nacht bleiben. Man führte uns zu zwei Reihen frisch gemachter Betten; sogar an Kissen und Handtücher war gedacht worden. Welch ein willkommener Anblick nach einer Nacht und zwei Tagen, die wir im Bus verbracht hatten! Nach einem erquickenden Schlaf und einem schmackhaften Frühstück packten wir alles zusammen, und um 7.15 Uhr verabschiedeten wir uns. Die einheimischen Brüder hatten für all unsere Bedürfnisse gesorgt. Einige waren von weit her gekommen, und andere waren schon um 3.30 Uhr morgens aufgestanden, um einen Beitrag zu unserem Wohl zu leisten. Wo sonst als in Jehovas Organisation würden wir eine solch große Liebe finden?“

In allen Teilen des Landes leisteten Brüder durch selbstlosen Einsatz und durch materielle Güter einen hervorragenden Beitrag. Hoch im Norden von Queensland fällten Brüder Bäume; sie sägten das Holz selbst und ließen es dann mit einem Sattelschlepper, der viermal fahren mußte, abtransportieren. Das so zubereitete Holz wurde dann der Gesellschaft als Spende übergeben. Die Großzügigkeit der Brüder kann man erst dann in etwa ermessen, wenn man sich vor Augen führt, daß sie für jede Tour (hin und zurück) 6 400 km zurücklegen mußten. Am Ort hätte man für das Holz gemäß Schätzungen zwischen 60 000 und 70 000 Dollar zahlen müssen.

In vielerlei Hinsicht trugen Tausende von Brüdern und Schwestern zum Gelingen des Gesamtprojekts bei. Daß alle bereit waren zu helfen, zeigte sich, als die Gesellschaft die Gelegenheit hatte, eine Tonne frischen Fisch günstig zu kaufen, und zwar in Batemans Bay, einer Stadt an der Südküste von Neusüdwales, die 290 Kilometer von der Baustelle entfernt lag. Die Brüder der Ortsversammlung kamen zusammen und machten sich daran, die Fische zu säubern, bevor sie sie nach Ingleburn schafften.

Im zuletzt fertiggestellten Teil des Neubaus war der Speisesaal, die Küche und der Wohnbereich der Bethelfamilie. Im Februar 1982 zog die Familie aus ihrem vorherigen Heim aus, rechtzeitig, um für die neuen Besitzer in Strathfield Platz zu machen.

Als einige ältere Glieder der Familie, wie zum Beispiel George Gibb und Maude Johnston, die schon seit 1929 im Bethel wohnten, nachdem es von Melbourne nach Strathfield verlegt worden war, dem alten Haus Lebewohl sagen mußten, überkam sie ein Hauch von Wehmut. Andere wie Wallace Baxter, Charles Randall (der im Alter von 87 Jahren am 18. Mai 1982 starb), Madge Dunham, Vi Horton, Linda Moir und Melva Wieland, die 40 und mehr Jahre zur Familie gehört hatten, konnten sich ebenfalls einer gewissen Traurigkeit nicht erwehren, als sie das Haus verlassen mußten, das sie in all den Jahren so liebgewonnen hatten. Aber welch eine Begeisterung erfaßte diese älteren Brüder, als sie zusammen mit allen anderen der Bethelfamilie in die gemütlichen Räume des wunderschönen neuen Bethelheims in Ingleburn einziehen konnten! All diejenigen, die schon viele Jahre lang zur Bethelfamilie gehören, sind sehr dankbar, daß sie diese wunderbare Ausdehnung, die sie Jehova verdanken und durch die der Neubau erforderlich wurde, noch erleben konnten.

WEITERER FORTSCHRITT UND VERÄNDERUNGEN

Der Umzug in die neuen Räumlichkeiten in Ingleburn (Denham Court) brachte noch weitere Veränderungen. Um mit der weltweiten Drucktechnik der Gesellschaft mithalten zu können, wurde in dem neuen Fabrikgebäude eine Heidelberg-Offsetdruckpresse aufgestellt. Die gesamte Arbeit, die zuvor mit der Bleisetzmaschine ausgeführt wurde, wird nun mit einem IBM Composer (elektronische Schreibmaschine für den Fotosatz) verrichtet. Die Ausrüstung für die fotografische Abteilung, für die Plattenherstellung und andere Einrichtungen, die in der Reproduktionsabteilung zur Vorbereitung des Offsetdruckens benötigt werden, wurden installiert. All dies wird schließlich die alten Methoden der Bleisatz und Bleiplattenherstellung ersetzen, die für den Buchdruck erforderlich waren.

Ein weiterer Wechsel in der Verwaltung des Zweigbüros vollzog sich am 1. September 1981, als Bruder Harold V. (Viv) Mouritz und seine Frau Ann eintrafen. Bruder Mouritz hatte als junger Mann vor seiner Heirat im australischen Bethel gedient, und zwar zu Beginn der 1950er Jahre. Bevor er im Jahre 1959 die 33. Klasse Gileads besuchte, war er als Vollzeitdiener unter anderem auch als Kreisaufseher tätig gewesen. Vom Jahre 1959 an dienten Bruder und Schwester Mouritz dann im Bethel in Finnland. Auf die Einladung der leitenden Körperschaft hin schlossen sie sich wieder der Bethelfamilie in Australien an, wo Bruder Mouritz als Koordinator im Zweigkomitee arbeitet.

Die kleine Gruppe von Brüdern, die sich damals im Jahre 1904 — als das Zweigbüro eingerichtet wurde — überall in Ekklesias im Land versammelten, ist heute, im Jahre 1982, auf etwa 34 000 Verkündiger angewachsen. Monat für Monat nimmt auch die Zahl der Pioniere zu. Im April 1982 versammelten sich 67 724 Personen, um die Feier zum Gedenken an den Tod Jesu Christi zu begehen. Das Werk in diesem Teil der Erde ist offensichtlich noch nicht beendet. Solange Jehova Gott seinem Volk noch Zeit einräumt, fährt es fort, mit Entschlossenheit zu predigen, indem es sich auf seine unverdiente Güte und seine Kraft stützt.

Unter den Männern, die das Vorrecht hatten, das Zweigbüro zu leiten, mißbrauchten zwei das ihnen entgegengebrachte Vertrauen. Sie bewirkten, daß viele, die zu Beginn des Werkes mit ihnen verbunden waren, ihren Glauben verloren. Aber weitaus die Mehrheit der Brüder hat sich gegenüber Jehova und seiner Organisation als loyal erwiesen. Das Ergebnis ist eine starke Bruderschaft im ganzen Land.

Die Pioniere, ob alt oder jung, die vielen Kreisaufseher, Bezirksaufseher und die Brüder, die im Laufe der Jahre in Gilead geschult worden sind, haben ebenfalls einen Anteil am Fortschritt des Werkes in diesem Land.

Ungeachtet der Faktoren, die zur Entwicklung des Predigtwerks von Jehovas Zeugen unter der Aufsicht des australischen Zweiges beigetragen haben, steht doch eine ewigwährende Wahrheit fest: „Der Segen Jehovas — der macht reich, und keinen Schmerz fügt er ihm hinzu“ (Spr. 10:22). Das hat sich bestimmt in diesem riesigen Land als wahr erwiesen, wo sich Jesu Worte auf besondere Weise erfüllt zu haben scheinen: „Ihr werdet Zeugen von mir sein ... bis zum entferntesten Teil der Erde“ (Apg. 1:8).

[Fußnote]

[Übersicht auf Seite 121]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

Zunahme an Verkündigern

35 *

1982

30

1978

25

20

15

10 1958

5

1938

0 1918

[Fußnote]

^ Abs. 320 Verkündiger in 1 000

[Karten auf Seite 39]

(Genaue Textanordnung in der gedruckten Ausgabe)

Australien

ASIEN

PAZIFISCHER OZEAN

INDISCHER OZEAN

[Karte]

TIMORSEE

ARAFURASEE

CARPENTARIAGOLF

KORALLENMEER

GROSSES BARRIERERIFF

TASMANSEE

GROSSE AUSTRALISCHE BUCHT

INDISCHER OZEAN

Normanton

Townsville

Mount Isa

Brisbane

Toowoomba

Lismore

Goondiwindi

Bourke

Tamworth

Maitland

Newcastle

Sydney

Bathurst

Yass

Batemans Bay

Melbourne

Adelaide

Port Pirie

Port Augusta

Minnipa

Penong

William Creek

Alice Spring

Norseman

Kalgoorlie

Denmark

Donnybrook

Pingelly

Perth

Exmouth

Dampier

Port Hedland

Broome

Derby

Wyndham

Darwin

Nhulunbuy

TASMANIEN

Launceston

Hobart

[Bild auf Seite 47]

William („Daddy“) Johnston, der von 1918 bis 1930 als Zweigaufseher diente

[Bild auf Seite 56]

15 Jahre lang war Charles Bernhardt in den entlegensten Gebieten Australiens als Pionier tätig.

[Bild auf Seite 57]

Solche Fahrzeuge benutzten Pioniere für die Tätigkeit im australischen Hinterland.

[Bild auf Seite 58]

Ben Brickell, ein hervorragender Pionier in der theokratischen Geschichte Australiens

[Bilder auf Seite 65]

J. F. Rutherford, der 1938 zu Kongreßteilnehmern im Leichhardtstadion (Sydney) sprach, und A. MacGillivray, der von 1930 bis zu seinem Tod im Jahre 1942 als Zweigaufseher tätig war

[Bilder auf Seite 66]

Bert Hortons rothaarige Frau Vi und der rote Lautsprecherwagen wurden liebevoll die beiden „Roten Schrecken“ genannt.

[Bild auf Seite 73]

Eine Gruppe Zeugen im Jahre 1940 kurz vor einem Informationsmarsch in Dubbo (Neusüdwales)

[Bild auf Seite 82]

Teil der Wagenkolonne, die 1941 den weiten Weg von Westaustralien zum Kongreß nach Sydney zurücklegte und deren Fahrzeuge mit Holzvergaser ausgerüstet waren

[Bild auf Seite 89]

Philip Rees, der sich nach dem Tod von Bruder MacGillivray als befähigter Zweigaufseher erwies und später dessen Tochter Maudie heiratete

[Bild auf Seite 103]

Floyd Garrett, der die erste Klasse der Gileadschule absolvierte, wurde 1947 — als Bruder Knorr Australien besuchte — zum Zweigaufseher ernannt.

[Bild auf Seite 105]

Theodore Jaracz wurde 1951 zum Zweigaufseher ernannt und trug sehr zur Ermunterung der Brüder bei.

[Bilder auf Seite 114]

Doug Held, der das Königreichswerk in Australien von 1956 bis 1963 leitete, und seine Frau Helen

John Wilson, der — beginnend mit dem Jahr 1964 — 17 Jahre lang als Zweigaufseher diente, und seine Frau Beverley

[Bilder auf Seite 119]

Eine Fabrik in der Gegend von Sydney wurde in einen Kongreßsaal umgebaut.

Großer Kongreßsaal für das Gebiet von Melbourne, der im Jahre 1982 fertiggestellt wurde

[Bilder auf Seite 127]

Neues Foto des ehemaligen Bethels in Strathfield (Sydney)

Die Erweiterung 1972

Das gegenwärtige Bethel in Ingleburn

[Bild auf Seite 128]

Langjährige Bethelmitarbeiter in der Anmeldung des neuen Bethels (von links nach rechts): Wallace Baxter, Vi Horton, Maude Johnston und George Gibb

[Bild auf Seite 129]

Harold V. (Viv) Mouritz, der seit 1981 als Zweigkoordinator dient, und seine Frau Ann