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Weltweiter Bericht

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Afrika

„Er sitzt in einem Hinterhalt“, schrieb der Psalmist über den Bösen, „von verborgenen Orten her wird er einen Unschuldigen töten“ (Ps. 10:8). Im Laufe der Jahrhunderte sind Anbeter Jehovas immer wieder unschuldige Opfer und Zielscheibe der Gemeinheiten böser Menschen gewesen. Das ist heute in manchen Gegenden Afrikas nicht anders.

In Liberia sind im Bürgerkrieg 33 unserer Brüder umgekommen, und viele waren gezwungen, nur mit dem, was sie auf dem Körper trugen, in die Côte d’Ivoire und nach Sierra Leone zu fliehen. Hilfskomitees in zwei Städten an der Grenze zwischen Liberia und der Côte d’Ivoire haben sich nicht nur um diese armen Flüchtlinge gekümmert, sondern auch Hilfsgüter an die notleidenden Zeugen gesandt, die in Liberia zurückgeblieben waren. Zeugen aus der Côte d’Ivoire, aus Sierra Leone und Ghana brachten Medizin, Nahrungsmittel, Geld und Tonnen von Kleidern nach Liberia. Brüder in Abidjan haben sofort ihre Hilfe angeboten und versorgen nun liebevoll eine große Gruppe von Flüchtlingen, die dringend Hilfe braucht.

Viele Brüder hatten haarsträubende, erschütternde Erlebnisse. Ein Ältester aus Monrovia, der Hauptstadt von Liberia, erzählt: „Am 27. Juli 1990 um zwei Uhr morgens wurden wir, meine Familie und ich, gezwungen, unsere Wohnung zu verlassen. Die Rebellen führten uns nach draußen, wo sich schon mehrere Hundert unserer Nachbarn befanden. Man versicherte uns, daß wir nach einer kurzen Durchsuchung der Gegend wieder nach Hause gehen dürften. Doch wir haben unser Zuhause nicht wiedergesehen. Man wollte uns zu einem großen, 50 Kilometer entfernten Flüchtlingslager bringen. Ich trug die gebrechliche Tante meiner Frau auf dem Rücken. Wir beteten ständig zu Jehova um Kraft, da wir überall verstreut Leichen liegen sahen.

Nachdem wir ungefähr eine Stunde taumelnd und verängstigt direkt vor den Rebellen hergegangen waren, fielen wir in einen Hinterhalt der Regierungstruppen. Als wir uns zu Boden warfen, sausten uns aus allen Richtungen Kugeln um die Köpfe. Viele wurden getötet; einige konnten entkommen. Plötzlich merkte ich, daß unser 14jähriger Sohn weg war. Von uns Stadtbewohnern wurden rasch 45 festgenommen und zu einer verlassenen Tankstelle geführt. Dort beschloß man, uns alle umzubringen. Ein Soldat griff zu seinem Gewehr, um mich zu erschießen, aber es hatte eine Ladehemmung. Da kam plötzlich der Kommandant und befahl, uns in die Kaserne zu bringen. An diesem Abend wurden neun Personen erschossen. Wir beteten zu Jehova um Hilfe, damit wir treu blieben.

Am nächsten Morgen sagte uns der Kommandant, wir könnten alle gehen. Er bot uns sogar an, uns in einem seiner Lastwagen mitzunehmen. Wir lehnten ab und baten statt dessen um eine Schubkarre, mit der wir die Tante meiner Frau transportieren könnten. Dann gingen wir allein los. Auf halbem Weg rasten die Armeewagen an uns vorbei. Als sie die nächste Kreuzung erreichten, zerriß der ohrenbetäubende Lärm einer Explosion die Stille. Darauf wurde fast 30 Minuten lang mit schweren Maschinengewehren geschossen. Verirrte Kugeln sausten in alle Richtungen, während wir Deckung suchten. Von dem Konvoi, der uns mitnehmen wollte, war nichts mehr übrig. Wie dankbar waren wir, daß wir das Angebot des Kommandanten nicht angenommen hatten!

Obwohl meine Frau im fünften Monat schwanger war, legte sie tapfer an einem einzigen Tag 58 Kilometer zurück. Wir wußten allerdings noch nicht, wie wir unsere Flucht fortsetzen konnten. Ein libanesischer Bruder, der von unserer Situation erfuhr, zahlte uns das Fahrgeld für das einzige Verkehrsmittel, das uns aus dem Land bringen konnte — ein alter Bus.

Schließlich kamen wir unversehrt über die Grenze zur Côte d’Ivoire. Wir waren jedoch tieftraurig, weil wir bei dem zuvor beschriebenen Angriff aus dem Hinterhalt jede Spur von unserem 14jährigen Sohn verloren hatten. Wir dachten, daß er tot sei, daß er umgebracht worden sei. Daher waren wir überglücklich, als wir sechs Monate später erfuhren, daß er überlebt hatte. Es wurde dafür gesorgt, daß er zu uns in die Côte d’Ivoire kommen konnte.“

Auch andere Zeugen machten Schlimmes durch. Clement aus Nigeria hatte 17 Jahre in Monrovia gewohnt, doch er mußte fliehen. Die Rebellen verfolgten alle Nigerianer und Ghanaer im Land. Wenn ihn die Rebellen gefaßt hätten, wäre er ein toter Mann gewesen. Zwischen Monrovia und Danané in der Côte d’Ivoire, wo er sich in Sicherheit bringen wollte, gab es etwa hundert Kontrollstellen. An den meisten konnte er sich damit herausreden, daß er ein Ausländer sei, der das Land verlassen wolle. An einer Kontrollstelle kam er mit seiner Erklärung jedoch nicht durch. Er sollte getötet werden. Clement wollte ein gutes Zeugnis ablegen, ehe er getötet würde. Er sprach mit dem Kommandanten über Gottes Königreich und zeigte ihm Ausgaben des Wachtturms und des Erwachet! Irritiert brüllte der Kommandant: „Hör zu, wir haben im Moment etwas anderes zu tun. Wenn das erledigt ist, können wir uns anhören, was du zu sagen hast. Verschwinde jetzt!“

Später, als sich Clement beruhigt hatte und über den Vorfall nachdachte, sagte er, daß er die Bedeutung von Sprüche 18:10 jetzt besser verstehe, wo es heißt, daß der Name Jehovas ein starker Turm ist. Nur weil er den Namen Jehovas gebrauchte und über das Königreich Gottes sprach, wurde er an den übrigen Kontrollstellen durchgelassen. Schließlich überschritt er die Grenze zur Côte d’Ivoire. Er war in Sicherheit! Unlängst konnten einige Mitarbeiter des Zweigbüros nach Liberia zurückkehren.

Nicht in allen Ländern ist die Lage so traurig. In Mosambik gibt es Grund zur Freude. Am 11. Februar 1991 verlieh die Regierung in Maputo der Körperschaft „Jehovas Zeugen von Mosambik“ die gesetzliche Anerkennung. Wir sind für diese Entwicklung sehr dankbar, weil nun Missionare in Mosambik wohnen können. Literatur kann ungehindert eingeführt werden. In drei Städten sind Missionarheime eingerichtet worden, die insgesamt 18 Missionare beherbergen. In allen drei Missionarheimen befindet sich ein Literaturlager der Gesellschaft.

Allerdings sehen sich Jugendliche oft der Herausforderung gegenüber, ihre Neutralität zu bewahren und in dem anhaltenden Bürgerkrieg Jehova loyal zu bleiben. Ein 12jähriges taubstummes Mädchen wurde von Rebellen, die unmoralische Absichten hatten, entführt. Ihre Eltern hatten sie jedoch gründlich über biblische Grundsätze belehrt. Als ihre Entführer sie vergewaltigen wollten, wehrte sie sich standhaft dagegen. Die junge Schwester zeigte zum Himmel, um darauf hinzuweisen, daß Unsittlichkeit gegen Gottes Gesetz verstoße. Wegen ihrer Entschlossenheit wurde sie eines Tages von ihren Entführern grausam geschlagen und dann liegen gelassen in der Annahme, sie sei tot. Es vergingen zwei Monate, bis sie in Begleitung einer Frau, die mit ihr zusammen gefangengehalten worden war, zu ihren Eltern zurückkehrte. „Ich weiß nicht, was Sie diesem Mädchen beigebracht haben“, sagte die Frau, „aber ich bin beeindruckt von ihrer Moral. Sie gab nie nach, wenn die Soldaten Druck auf sie ausübten. Sie verhielt sich außergewöhnlich! Welche Religion haben Sie?“ Die Standhaftigkeit dieser taubstummen Schwester hat die Frau veranlaßt, mit Jehovas Zeugen die Bibel zu studieren, und sie macht gute Fortschritte im Erlernen der Wahrheit.

Asien

„Dein Segen ist auf deinem Volk“, sang David in alter Zeit (Ps. 3:8). Auch heute ruht Jehovas Segen auf seinem Volk. Jehovas Zeugen, die in asiatischen Ländern leben, können das wirklich bezeugen.

In Korea wurde das Leben einer Schwester auf ungewöhnliche Weise gerettet, und zwar dadurch, daß sie das Dokument zur ärztlichen Versorgung bei sich trug. Als sie aus ihrem geparkten Wagen aussteigen wollte, wurde sie plötzlich von vier Männern angegriffen, die sie zwangen, sich hinten im Wagen auf den Boden zu legen. Die Schwester wollte ihnen ihren Ring und ihr Portemonnaie geben, damit sie sie freiließen, doch das reichte ihnen nicht. Der schreckliche Gedanke, daß sich die Männer sexuell an ihr vergehen könnten, ging ihr durch den Kopf. Sogleich schrie sie aus Leibeskräften. „Wir werden sie umbringen müssen“, murmelte einer der Männer. Sie stachen ihr ins Bein und in die Hüfte. Mit Klebeband klebten sie ihr dann die Augen zu und fesselten ihr die Füße. Verzweifelt fing sie an zu weinen; sie betete laut und gebrauchte dabei den Namen Jehova.

Plötzlich waren die Männer still. Einer fragte schließlich: „Sind Sie eine Zeugin Jehovas?“ Beim Durchwühlen ihrer Tasche waren sie auf das Dokument zur ärztlichen Versorgung gestoßen. Die Männer beschlossen, sie nicht zu töten. Statt dessen fuhren sie die Schwester in die Nähe ihrer Wohnung, ließen sie im Auto liegen und suchten schleunigst das Weite. Die Schwester betet darum, daß diese Männer bereuen und Anbeter Jehovas werden mögen.

Wie in vielen Ländern gehen auch in Japan immer mehr Frauen arbeiten. Dadurch wird es schwieriger, sie zu Hause mit der guten Botschaft zu erreichen. Eine Pionierin in der Stadt Niigata entschloß sich, die Königreichsbotschaft im Stadtzentrum zu verkündigen, dort, wo sich die Leute aufhielten. Sie ließ sich ein Gebiet geben, das sich im Geschäftsviertel befand. Dort begann sie mit dem Predigtdienst und bot den Geschäftsleuten, die sie antraf, kurz ein Bibelstudium an. Sie verwendete dabei die Broschüre „Siehe! Ich mache alle Dinge neu“. Auch wenn jemand nur sehr wenig Interesse bekundete, führte sie bei ihm einen Rückbesuch durch. Sie schlug interessierten Personen vor, während der dreißigminütigen Mittagspause im Teehaus, im Foyer eines Kaufhauses oder in einem Park zu studieren. Jedesmal, wenn sie mit jemand studiert, konzentriert sie sich nur auf einen besonderen Punkt. Auf diese Weise konnte sie in dem Geschäftsviertel mindestens acht Studien durchführen.

Über 60 000 Filipinos sind von den Philippinen auf die Insel Hongkong gekommen, um dort als Hausangestellte zu arbeiten. Die meisten sind katholisch. Eine Schwester begegnete einer dieser Angestellten in einem Aufzug und fragte sie einfach, ob sie daran interessiert sei, mehr über die Bibel kennenzulernen. Die Antwort lautete: „Ich habe immer darum gebetet, mehr über die Bibel zu erfahren.“ So schnell ging es, ein Bibelstudium einzurichten.

Aus Nikosia (Zypern) schrieb ein junger Verkündiger: „Ich heiße Marcos und bin zwölf Jahre alt. Meine Lehrerin hatte geplant, im Fach Religion in 3 Unterrichtsstunden verschiedene Religionen zu besprechen. Ich nahm das Buch Die Suche der Menschheit nach Gott mit. Bevor der Unterricht begann, zeigte ich es meiner Lehrerin. Sie blätterte es durch und legte es aufs Pult. Etwas später sagte sie vor der Klasse: ,Ich werde euch aus Marcos’ Buch unterrichten, denn der Stoff ist darin eingehender behandelt als in dem von der Schule vorgesehenen Buch.‘ “ Marcos fügte abschließend hinzu: „Ich möchte alle jungen Verkündiger ermuntern, in der Schule immer Literatur der Gesellschaft dabeizuhaben.“

Lucas, ein Katholik, begann in Sri Lanka, die Bibel zu studieren. Er war einer von vier Männern, die auf einem Fischerboot arbeiteten, das einem Buddhisten gehörte. Dieser wollte, daß sein Fischereigeschäft von den Meeresgöttern gesegnet würde. Deshalb bat er die vier, zu einer berühmten Anbetungsstätte zu pilgern, wo sowohl Hindus als auch Buddhisten religiöse Verehrung darbrachten. Lucas erklärte, daß er so etwas nicht tun könne, denn er glaube, daß Jehova der allein wahre Gott sei. „Entweder Sie machen mit, oder Sie werden gefeuert“, fuhr ihn der Bootsbesitzer an. Augenblicklich legte Lucas seine Arbeit nieder. Er kehrte in sein Dorf zurück, und schon einige Tage später fand er Arbeit auf einem anderen Boot. Jetzt kann er wenigstens regelmäßig studieren.

Als Bangnam, eine junge Ehefrau in Thailand, die Bibel zu studieren begann, wurden ihre Eltern krank. Sie suchten einen Medizinmann auf. Er sagte, die Geister ihrer toten Verwandten seien nicht damit einverstanden, daß ihre Tochter die Religion wechsle. Wenn die Eltern wieder gesund werden wollten, müßten sie dafür sorgen, daß ihre Tochter aufhöre, die Bibel zu studieren. Die Eltern flehten die Tochter an, das Studium einzustellen. Die Sonderpionierin, die mit Bangnam studierte, zeigte den Eltern anhand der Bibel, daß angebliche Geister der Verstorbenen keine Probleme verursachen könnten, nur Dämonen seien dazu in der Lage (Pred. 9:5, 6). Daraufhin beschlossen die Eltern, ihre Tochter weit fortzuschicken. Die Schwester erklärte ihnen jedoch, daß die Bibel Kinder lehre, ihre Eltern zu lieben; und Bangnam wolle bei ihnen wohnen bleiben, weil sie sie liebe und sich um sie kümmern wolle. Das stimmte die Mutter versöhnlich. Sie war auch damit einverstanden, mit der Schwester in die Stadt zu gehen und einen Arzt aufzusuchen. Der Arzt konnte keine Krankheit feststellen. Auf dem Nachhauseweg braute sich ein Unwetter zusammen, und da es ziemlich spät geworden war, schlug die Sonderpionierin der Mutter vor, bei ihr zu übernachten. Am nächsten Morgen wachte die Mutter körperlich erfrischt auf; sie war ganz begeistert, denn sie hatte die ganze Nacht hindurch gut geschlafen, ohne Atembeschwerden zu haben. Als der Vater erfuhr, daß sich der Gesundheitszustand seiner Frau gebessert hatte, war er bereit, alle Dinge in ihrer Wohnung, die etwas mit Spiritismus zu tun hatten, zu beseitigen. Danach wurde auch er schnell gesund. Bangnam ist jetzt getauft, und ihr Mann macht Fortschritte und strebt die Taufe an.

Than wohnt in Myanmar. Er war Soldat. Seine militärische Laufbahn endete jedoch mit bitterer Enttäuschung. Für ihn begann ein Leben der Hoffnungslosigkeit, als folgendes geschah: Bei schweren Kämpfen mit den Streitkräften der Rebellen explodierte in der Nähe eines Bunkers, in dem Than sich versteckt hatte, eine Granate. Der Bunker stürzte ein, und er wurde halb unter den Trümmern begraben. Als man ihn befreite, stellte er zu seinem Entsetzen fest, daß er seine Beine nicht mehr bewegen konnte — er war gelähmt. Bald darauf wurde er aus der Armee entlassen. In dieser trostlosen Lage begann er, über sein Elend nachzugrübeln. Er verlor jeglichen Glauben an Gott und trug sich mit Selbstmordgedanken. Etwa zur selben Zeit besuchte ein Sonderpionier regelmäßig Thans Nachbarn und führte mit ihm ein Bibelstudium durch. Als Than herausfand, wer der regelmäßige Besucher war, lud er diesen auch zu sich ein. Der Sonderpionier konnte Than aus der Bibel Trost vermitteln. Ein Bibelstudium wurde begonnen. Es dauerte nicht lange, und Than erkannte den Klang der Wahrheit. Er gab anderen begeistert Zeugnis. Auch die Zusammenkünfte im Königreichssaal, der ungefähr 8 km entfernt lag, wollte er besuchen. So besorgte er sich zwei alte Räder eines Fahrrads und baute sich einen Karren. Mit großer Entschlossenheit rollt er sich damit die Hänge hinauf und hinab bis zum Königreichssaal und wohnt regelmäßig den Zusammenkünften bei. Seine bittere Enttäuschung ist einer wunderbaren Zukunftshoffnung gewichen.

Europa

„Unsere Seele ist wie ein Vogel, der entronnen ist der Falle der Vogelsteller. Die Falle ist zerbrochen, und wir selbst sind entronnen. Unsere Hilfe ist im Namen Jehovas“ (Ps. 124:7, 8). Wie treffend beschreibt doch dieser Psalm die Situation unserer Brüder in Osteuropa!

Das vergangene Dienstjahr war ein bemerkenswertes Jahr in der Geschichte der Zeugen Jehovas in der Sowjetunion. Abgesehen von den Rekordzahlen an Verkündigern und Pionieren waren die sieben Höchstzahlen an verbreiteten Büchern und die zehn Höchstzahlen an abgegebenen Zeitschriften für unsere Brüder ein zusätzlicher Grund, sich über ihre neuerlangte Freiheit zu freuen. Diese Höchstzahlen konnten sie erreichen, weil es ihnen zum allerersten Mal möglich gewesen war, größere Literatursendungen zu empfangen.

Am Montag, den 18. März 1991 wurde im deutschen Zweig der erste Lkw mit etwa 20 Tonnen Literatur für die Sowjetunion beladen. Bis dahin hatten die Brüder ihre Literatur in kleinen Päckchen per Post bekommen. Wie kam die erste Lkw-Sendung mit Literatur an?

Um Mitternacht erhielt ein Ältester in Lwow einen unerwarteten Anruf. Am Apparat war ein Bruder aus dem deutschen Zweigbüro, der ihm mitteilte, daß ein großer mit Literatur beladener Lkw mit einem gelben Führerhaus und einem blauen Laderaum in Richtung Sowjetunion auf den Weg geschickt werde. Man verabredete einen Treffpunkt an der polnisch-russischen Grenze. Als die Brüder aus der Sowjetunion am Mittwoch an der Grenze eintrafen, war das Wetter äußerst ungemütlich. Die Kälte und der mit Schnee vermischte Regen konnten die Brüder nicht davon abhalten, abwechselnd jeden Lkw, der sich der Grenze näherte, genauer in Augenschein zu nehmen. Ein Bruder rief aus: „Auf diesen denkwürdigen Augenblick haben wir Jahrzehnte gewartet! Wir betrachten es daher als ein Vorrecht, noch Stunden oder vielleicht Tage darauf zu warten.“

Am Freitag, den 22. März, genau um acht Uhr morgens war endlich ein Lkw zu sehen, der ein gelbes Führerhaus und einen großen, langen blauen Laderaum hatte und sich der Grenze näherte. Aus tiefem Herzen stiegen die Gebete der Brüder zum Himmel. Der Lkw passierte die Grenze und gelangte auf sowjetischen Boden. Als zwei verdutzte Zollbeamte die Menge Literatur sahen, fragten sie sich, wie sie vorgehen sollten, und besprachen die Sache miteinander. Nach Prüfung der Dokumente und der Ladung nickten die Beamten mit dem Kopf und winkten den Lkw mit einer schnellen Handbewegung weiter. „Unsere Freude war grenzenlos“, sagten die Brüder rückblickend. „Nach jahrzehntelanger schwerer Verfolgung werden unsere Brüder nun mit geistiger Speise in Hülle und Fülle versorgt.“

Die Entladung des Lkws wurde genehmigt. Über 70 Brüder hatten gespannt darauf gewartet, mit Hand anzulegen. Sie bildeten zwei „Beförderungslinien“, so daß die Literaturpakete systematisch, in einem beinahe musikalischen Rhythmus von Hand zu Hand weitergereicht werden konnten. Am Samstag, dem darauffolgenden Tag, kamen Brüder aus entfernten Gegenden dieses großen Landes, um die Literatur abzuholen. Zwei Brüder, die 3 500 Kilometer gereist waren, trafen als erste ein. „Jehova Gott hat etwas getan, was kein Mensch tun kann, und wir sind Augenzeugen dieser Ereignisse“, sagte einer von ihnen.

Aus Dresden (Ostdeutschland) wird folgende Erfahrung berichtet: „Seit langem versuchten meine Frau und ich, meine Eltern für die Wahrheit zu gewinnen, doch wir ernteten nur Gegnerschaft. Im November 1988 mußte meine Frau für 3 Wochen ins Krankenhaus, und wir sahen uns gezwungen, unsere damals eindreiviertel Jahre alte Tochter Sara bei Oma und Opa unterzubringen.

Es begann gleich am ersten Tag: Am Frühstückstisch wunderte sich Sara, daß Oma und Opa gleich aßen. Sara stieß Oma an, faltete ihre Hände und sagte: ‚Oma, beten!‘ Sie senkte ihren Kopf und kniff die Augen zu. Als Oma nicht reagierte, wiederholte sie es. Dann merkte meine Mutter, was Sara wollte, und sprach ein evangelisches Tischgebet. Abends fragte mich meine Mutter, welcher Religion wir angehörten. Sie wußte nur, daß wir aus der Kirche ausgetreten waren; alles andere hatten wir ihr bisher nicht erklären dürfen. Ich erklärte es ihr. Oma war damit einverstanden, Sara so zu erziehen, wie sie es bei uns gewohnt war. Deshalb gab ich ihr das Buch Mein Buch mit biblischen Geschichten, denn Sara war gewohnt, jeden Abend eine Geschichte daraus zu hören.

Sara überredete Oma, drei bis vier Geschichten am Abend vorzulesen. Meine Eltern waren über Saras biblisches Wissen überrascht, denn sie unterbrach ab und zu die Vorlesung und erzählte die Geschichten zu Ende. Meine Mutter fing an, sich für das, was sie Abend für Abend Sara vorlas, zu interessieren. Im Mai 1990 begannen wir, mit meinen Eltern die Bibel zu studieren. Bald traten sie aus der Kirche aus und besuchten mit uns die Zusammenkünfte. Ein Jahr später, im Mai 1991, wurde meine Mutter ein ungetaufter Verkündiger, und nun bereitet sie sich auf die Taufe vor. Auch mein Vater macht gute Fortschritte. Wir danken Jehova, daß er unsere kleine Tochter Sara und das Geschichten-Buch benutzte, um etwas zu bewirken, was wir zuvor lange Zeit vergeblich versucht hatten.“

In Österreich treten viele junge Menschen standhaft für die wahre Anbetung ein, so zum Beispiel die 11jährige Melanie. Aufgrund familiärer Umstände wurde das Sorgerecht ihrer Mutter entzogen und auf ihre Stiefschwester übertragen. Die Stiefschwester und ihr Mann studierten unter Anleitung von Zeugen Jehovas die Bibel, und auch Melanie wohnte diesem Studium bei. Sie alle machten gute Fortschritte. Melanie wollte aus der katholischen Kirche austreten. Doch nach österreichischem Recht ist das erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres möglich. Fand sich Melanie damit ab? Nein. Sie ging zum Leiter des zuständigen Sozialreferats der Bezirkshauptmannschaft und trug ihren Wunsch vor. Nach einem Gespräch mit diesem Herrn erhielt sie von ihm einen Brief, in dem es unter anderem hieß: „Ich möchte Dir nach reiflicher Überlegung nun mitteilen, daß ich Deinem Austritt aus der Katholischen Kirche zustimme. ... Aufgrund des bereits erwähnten Bundesgesetzes über die religiöse Kindererziehung ist es nun noch notwendig, daß auch das Bezirksgericht ... dieser Entscheidung zustimmt.“ Somit mußte Melanie ganz allein vor dem Richter erscheinen und begründen, warum sie die Kirche verlassen wollte. Am 21. September 1990 wurde ihr der positive Entscheid des Bezirksgerichts zugestellt. Welch ein schöner Sieg für eine 11jährige! Melanie beteiligt sich jetzt freudig als ungetaufte Verkündigerin am Predigtwerk.

Eine Frau aus Finnland wurde bei einem Autounfall schwer verletzt. Als sie im Krankenhaus lag, fragte sie sich: „Wäre für immer alles aus und vorbei gewesen, wenn ich gestorben wäre?“ Nach ihrer Entlassung suchte sie in der Bibel nach einer Antwort, doch erfolglos. Seufzend betete sie: „Lieber Gott im Himmel, hilf mir bitte, den Sinn des Lebens kennenzulernen. Ich weiß, daß darüber etwas in der Bibel stehen muß. Ich bitte dich aufrichtig, hilf mir, das zu verstehen.“ Es vergingen kaum zehn Minuten, als es klingelte. Wer stand wohl vor der Tür? Eine freundlich lächelnde Zeugin Jehovas. „Ich war schockiert“, sagte die Frau. „Mein erster Gedanke war: ‚O nein! Mußte es ausgerechnet eine Zeugin Jehovas sein?‘ Aber ich nahm mich zusammen und bat sie herein. Von da an habe ich die Bibel immer besser verstanden.“

Lateinamerika

„Ich werde Jehova lobpreisen nach seiner Gerechtigkeit, und ich will dem Namen Jehovas, des Höchsten, Melodien spielen“ (Ps. 7:17). Dieser Psalm Davids bildete im vergangenen Dienstjahr das Leitmotiv für die Verkündiger in Lateinamerika.

Sollte dem Thema Schöpfung im Unterricht nicht ebensoviel Zeit eingeräumt werden wie der Evolutionslehre? Das ist eine häufig gestellte Frage in Ecuador. Ein Lehrer in der Hafenstadt Guayaquil beschloß, mit seinen 104 Schülern den Stoff aus dem Buch Das Leben — Wie ist es entstanden? Durch Evolution oder durch Schöpfung? zu behandeln. Am Ende des Schuljahres — im Januar letzten Jahres — stellte er seinen Schülern einige Fragen. Eine lautete beispielsweise: „Wenn ihr alle im Unterricht besprochenen wissenschaftlichen und biblischen Beweise berücksichtigt, wie ist dann eurer Meinung nach das Leben entstanden?“ Die überwältigende Mehrheit der Antworten fiel zugunsten der Schöpfung aus. Ein Schüler erklärte: „Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß die Erde und alles auf ihr das Werk eines vollkommenen Schöpfers sein muß. Es muß jemanden sehr Liebevollen geben, der mit den Menschen etwas vorhatte. Es ist völlig abwegig, zu glauben, daß so etwas Kompliziertes wie der Mensch durch Zufall entstanden sein könnte. Der Mensch ist nicht dazu in der Lage, etwas so Komplexes wie das Leben zu erschaffen.“

Die biblische Wahrheit machte auf den Lehrer einen so tiefen Eindruck, daß er sich im Dezember 1990 taufen ließ. Zweiundvierzig seiner Schüler kamen zu dem Kreiskongreß am Ort, um die Taufe mitzuerleben. Nebenbei bemerkt, studierten 31 dieser Schüler in Guayaquil ebenfalls mit Zeugen Jehovas die Bibel.

Tief im Innern von Guyana, unweit des Flusses Moruka, wird mit einer Interessierten ein Studium brieflich durchgeführt. Sie wollte unbedingt bei der Feier zum Gedenken an den Tod Jesu mit Jehovas Zeugen in der wahren Anbetung vereint sein. Mit großem Kostenaufwand mietete sie einen Einbaum und paddelte mit ihrem 13jährigen Sohn und der 12jährigen Tochter 21 Stunden lang zur nächstgelegenen Versammlung in Charity. Die Reise ging im Boot auf dem Moruka flußabwärts bis zum Atlantischen Ozean und dann landeinwärts auf dem Pomeroon. Sie machte sich um 21.30 Uhr auf den Weg und war um 18.20 Uhr am darauffolgenden Tag am Ziel — und das bei nur einer Stunde Rast. Nach dem Gedächtnismahl mußte sie sogleich wieder aufbrechen, weil der Einbaum zu einem Tagessatz gemietet war. Diese Frau ist eine ungetaufte Verkündigerin und zur Zeit des Gedächtnismahls war sie im 4. Monat schwanger.

Letztes Jahr im März kam ein katholischer Priester in das Zweigbüro in Venezuela und bat um Literatur. Auch äußerte er den Wunsch, mit jemandem über Lehrpunkte zu sprechen. Als er sich vorstellte, erwähnte er, er habe die 65 überschritten und sei seit 37 Jahren als Priester tätig. Seine Ausbildung als Geistlicher habe er in Rom erhalten. In den vergangenen vier Jahren habe er sich mit den Konzilien der katholischen Kirche befaßt, und das Ergebnis seiner Nachforschungen habe ihn in Erstaunen versetzt. Er erklärte: „Die Kirche ist von der Wahrheit weit entfernt.“

„Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viel in der Bibel gelesen wie in diesen Tagen“, bemerkte er. „Ich bin völlig durcheinander. Die Lehren der Kirche stimmen mit der Bibel nicht überein. Ich unterrichte zwar, doch mein Gewissen erlaubt mir nicht, Lügen zu lehren. Ich suche nach einem Ausweg aus diesem Dilemma. Mein ganzes Leben habe ich in den Dienst der Kirche gestellt; jetzt bin ich ein alter Mann. Was bleibt mir noch in meinem Alter? Wo würde ich Arbeit finden? Ich habe ein schönes Zuhause, einen Luxuswagen und Geld auf der Bank. Wenn ich der Kirche den Rücken kehre, verliere ich das alles. Ich weiß nicht, was ich tun soll.“

Anhand einiger Bibeltexte erklärte ihm der Bruder, daß Jehova niemanden im Stich läßt, der ihm dient. Da der Bruder davon ausgehen konnte, daß der Priester Griechisch studiert hatte, zeigte er ihm aus der Kingdom Interlinear Translation of the Greek Scriptures den Text aus Matthäus 10:28. Erregt rief der Priester aus: „Das ist doch so deutlich, so klar — die Seele ist sterblich! Eine weitere Lüge also!“

Nachdem sie sich eine Zeitlang unterhalten hatten, fragte der Bruder den Priester, warum er zum Zweigbüro gekommen sei. Seine Antwort war äußerst interessant. Ein 14jähriger Verkündiger betrat eines Tages seine Kirche in Caracas und fragte eine betende Frau, wo der Priester sei. „Dort hinten“, erwiderte sie. Der junge Bruder fand den Geistlichen im Nebenraum der Kirche. „Was möchtest du?“ fragte ihn der Priester. Der junge Verkündiger erklärte, er sei gekommen, um sich mit ihm über die Bibel zu unterhalten. Er sagte dem Priester, Babylon die Große werde vernichtet und falls er die falsche Religion nicht verlasse, würde die Vernichtung auch ihn treffen. Der Priester war derart überrascht, daß ein 14jähriger Junge ihm — einem älteren Mann — so mutig all diese Dinge darlegte, daß es ihm die Sprache verschlug. Von diesem jungen Verkündiger hatte er die Anschrift des Zweigbüros erhalten.

Nach einem etwa zweistündigen Gespräch verabschiedete sich der Priester. Wir hoffen, daß er seinen Vorgesetzten mutig gegenübertritt und die Wahrheit annimmt.

Nordamerika und die karibischen Inseln

Jehovas Zeugen in Nordamerika und auf den karibischen Inseln stimmen in die Worte des Psalmisten David ein: „Segne Jehova, o meine Seele, ja alles in mir seinen heiligen Namen. Segne Jehova, o meine Seele, und vergiß nicht alle seine Taten“ (Ps. 103:1, 2).

Manchmal sind interessierte Personen der Meinung, sie seien für einen Religionswechsel zu alt. Eine ältere Dame in Britisch-Kolumbien (Kanada) teilte diese Ansicht allerdings nicht. Als Lehrerin an einer Kunstschule und als überzeugte Anhängerin der anglikanischen Kirche war sie in ihrer kleinen Gemeinde gut bekannt. Sie hatte das Geld für den Altar der Kirche gespendet und las bei Gottesdiensten vor. Wegen ihres Interesses an der Bibel hatte diese Dame schon jahrelang die Zeitschriften von Zeugen Jehovas am Ort entgegengenommen, aber darüber hinaus keine Fortschritte gemacht. Vor etwa 5 Jahren zog ihre Tochter mit ihrem Mann zu ihr, angeblich um der betagten Mutter zu helfen. Die beiden waren jedoch gegenüber Jehovas Zeugen gegnerisch eingestellt und drängten die Mutter, in ein Altersheim zu gehen. Sie selbst aber war auf keinen Fall dazu bereit. Während die Tochter und der Schwiegersohn im Urlaub waren, zog die Mutter daher in einen Wohnwagen.

Schließlich wandte eine unserer Schwestern die Direktmethode an und zeigte der Dame, wie wir die Bibel studieren. Dann fragte sie sie, ob sie an einem Bibelstudium interessiert sei. Ihre Antwort lautete: „Ich habe mich schon gefragt, wann sie mir das wohl anbieten würden.“ Da sie immer aufrichtig an die Bibel geglaubt hatte, begriff sie die Grundwahrheiten schnell und erklärte: „Wenn es in der Bibel steht, muß es stimmen.“ Sie ging jedoch weiter in die Kirche, weil sie der Meinung war, auf diese Weise anderen Kirchgängern helfen zu können.

Nachdem sie eineinhalb Jahre die Bibel studiert hatte, erfuhr sie, daß ein Erzbischof der anglikanischen Kirche Kirchengelder veruntreut und dann mit seiner Sekretärin einen Urlaub in der Karibik verbracht hatte, obwohl er verheiratet war. Sie erfuhr außerdem, daß der Erzbischof versucht hatte, die Schuld für die Unterschlagung einem Diakon der Kirche in die Schuhe zu schieben. Die ganze Sache kam im Verlauf einer offenen, hitzigen Diskussion in der Kirche ans Licht. In der Diskussion nannte diese Dame den Erzbischof einen „alten Heuchler“. Daraufhin verließ sie die Kirche und schlug die Tür hörbar hinter sich zu — entschlossen, nie mehr zurückzukehren.

Als sie zum erstenmal eine Zusammenkunft im Königreichssaal besuchte, bemerkte sie: „Ich bin erstaunt über die vielen Männer hier und darüber, wie beschäftigt sie mit all den Versammlungsangelegenheiten sind. Die paar Männer, die in meiner Kirche zum Gottesdienst kamen, saßen nur da und schliefen.“ Am 29. September 1990 ließ sie sich im Alter von 87 Jahren taufen.

Ein Kreisaufseher rief nach seinem letzten Besuch auf Grönland freudig aus: „Das Wunder geht weiter! Und das ist nur die Spitze des Eisbergs.“ Viele Neue kommen zu den Zusammenkünften, Bibelstudien werden eingerichtet, neue Verkündiger gehen mit in den Predigtdienst und lassen sich taufen.

Manche haben einen langwierigen Kampf aufgenommen, um von Jehova anerkannt zu werden und ein Verhältnis zu ihm aufzubauen. Andy (Name wurde geändert) war z. B. Mitte Dreißig und lebte mit Eunice (Name wurde geändert) zusammen; er war Alkoholiker und hatte schlechten Umgang. Dieser Umstand belastete die Beziehung der beiden, und aufgrund seines schuldbeladenen Gewissens kam es manchmal zu unschönen Szenen. Doch dann stimmte Eunice einem Bibelstudium zu. Nach und nach wurde ihr klar, daß sie ihr Leben in Ordnung bringen müßte, um von Jehova anerkannt zu werden. So trennte sie sich von Andy.

Dadurch wurde Andy klar, in welcher Situation er sich befand: Er hatte sich für den Alkohol entschieden, sie dagegen für einen christlichen Lebensweg. Eunice machte weitere Fortschritte und ließ sich taufen. Sie ist nun eine eifrige Schwester.

Daraufhin bat Andy um ein Bibelstudium. Er machte Fortschritte im Glauben und freute sich über das Gelernte, doch er verfiel immer wieder in seine alten Gewohnheiten. Er besuchte nur hin und wieder die Zusammenkünfte und konnte den schlechten Umgang nicht aufgeben. 1989 besuchte Andy den Bezirkskongreß. Das brachte die Wende. Nun war er davon überzeugt, das Problem in den Griff zu bekommen, und er bat seinen Hausarzt um Hilfe. Er ließ sich ins Krankenhaus einweisen, und als er entlassen wurde, war die Versammlung bereit, ihm weiterhin zu helfen. Er sagte: „Damals hatte ich das Gefühl, eine wesentlich bessere Grundlage zu haben, um mich mit geistigen Dingen zu befassen. Ich war ,trocken‘, und mein Leben war nicht mehr unbeständig wie zuvor. Anstelle meiner ehemaligen Freunde erhielt ich neue in der Versammlung. Mein Verhältnis zu Jehova wurde enger, und erst dann hatte ich das Gefühl, mich ihm im Gebet nahen zu können. Seither hat das Gebet für mich einen hohen Stellenwert erlangt. Sooft ich auch zu Jehova gebetet habe, hat er mich erhört. Immer dann, wenn die Versuchung übermächtig wurde und mein Verlangen, etwas Unrechtes zu tun, mich fast übermannte, traf ich jemand aus dem Königreichssaal, der mich ermunterte, an meinem neuen Lebensweg festzuhalten.

Seit drei Jahren hat Andy keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken. Gottes Wort, sein Geist und seine Organisation haben ihm geholfen. Er hat den Predigtdienst aufgenommen und sich im August auf dem Bezirkskongreß „Freiheitsliebende Menschen“ in Godthaab (Nuuk) taufen lassen.

Wenn jemand entschlossen ist, Jehova zu dienen, ist Körperbehinderung kein Hindernis. Kenwyn beispielsweise ist jetzt 17 Jahre alt; er wohnt auf der Insel Grenada. Ein Sturz im Alter von vier Jahren hatte eine schwere Gehbehinderung zur Folge. Mit zunehmendem Alter fiel ihm das Gehen immer schwerer. Mit 15 Jahren konnte er sich nur noch mit Hilfe von Holzkrücken fortbewegen. Eine Operation, der er sich mit 17 Jahren unterzog, sollte Erleichterung bringen, war aber erfolglos.

Etwa zu diesem Zeitpunkt richtete ein Missionar der Zeugen Jehovas bei Kenwyn ein Bibelstudium ein. Dieser machte gute Fortschritte, was das Annehmen der biblischen Wahrheit betraf, zögerte jedoch, als er ermuntert wurde, seine Erkenntnis im Haus-zu-Haus-Dienst anderen zu vermitteln. Kenwyn scheute sich davor wegen seiner Körperbehinderung und meinte: „Wenn ich soweit bin, laß ich es euch wissen.“ Er wurde ermuntert, Erfahrungen aus den Zeitschriften Erwachet! und Der Wachtturm nachzulesen, in denen von Zeugen Jehovas berichtet wird, die trotz Körperbehinderung von Haus zu Haus predigen. Nachdem er diese Anregung befolgt hatte, erklärte er dem Missionar: „Jetzt bin ich soweit.“

Und so war es! Im ersten Monat seiner Predigttätigkeit verbrachte er 19 Stunden damit, anderen Zeugnis zu geben. Im darauffolgenden Monat berichtete er 63 Stunden, und im März 1991 ließ er sich taufen. Schon im nächsten Monat bewarb er sich um den Hilfspionierdienst. Nun kann man Kenwyn mit seinen Krücken über das hügelige Gelände seines Gebiets gehen sehen. Welch ein wunderbares Vorbild und eine Quelle der Ermunterung er für alle in der Versammlung ist! Da Hügel für ihn kein Hindernis in seinem Predigtdienst darstellen, nennen ihn die Brüder liebevoll „Vierradantrieb“.

Pazifische Inseln

In Psalm 72:8 wird vorhergesagt: „Er wird Untertanen haben von Meer zu Meer und von dem STROM bis zu den Enden der Erde.“ Diese Worte haben sich bewahrheitet, denn der größere Salomo, Christus Jesus, hat auf der ganzen Erde Untertanen, auch auf den pazifischen Inseln.

Die Bewohner der kleinen Inseln und Atolle des westlichen Pazifiks, die unter der Aufsicht des Zweigbüros in Guam stehen, erhalten weiterhin ein Zeugnis in vielen Sprachen. In zahlreichen Wohnungen ist das Buch Du kannst für immer im Paradies auf Erden leben zu finden. Von einer Insel kommt folgende Erfahrung: Eine Frau, die ein Exemplar des Buches entgegengenommen hatte, beobachtete, wie ihr Vater, der Pastor ihrer Kirche, bei seiner Predigt von der Kanzel das rote Buch benutzte. Sie sah, wie er es nach Beendigung der Predigt heimlich in seiner Aktentasche verschwinden ließ, damit die anderen es nicht sahen. Ihr war es aber nicht entgangen. Nach dem Gottesdienst fragte sie ihn: „Papa, warum benutzt du das rote Buch?“ Er antwortete: „In dem Buch steht die Wahrheit.“ Sie wollte wissen, woher er es habe. „Es ist dein Buch“, sagte er. Daraufhin studierten sie und ihr Mann mit Hilfe der Zeugen Jehovas am Ort eifrig die Bibel. Eines Tages begannen ihre Nachbarn, sie zu verspotten, weil sie den Zeugen erlaubte, mit ihr zu studieren. Ihr Vater sei schließlich ein Pastor. Als der Pastor jedoch davon erfuhr, wies er die Nachbarn mit den Worten zurecht: „Sagt nichts gegen sie [die Zeugen], denn sie sind Gottes Volk und bringen uns die gute Botschaft.“

Das Zweigbüro in Papua-Neuguinea erhielt folgenden Brief aus dem Distrikt Morobe: „Wir hier in Lengbati wohnen im tiefsten Busch. Die Berge sind hoch, und es gibt keine Straßen. Wir haben zwar einen behelfsmäßigen Flugplatz, aber ein Flugzeug landet nur selten. Im Jahre 1987 gab es hier nur einen Zeugen Jehovas, der Predigtdienst verrichtete und Bibelstudien durchführte. Gerade zu der Zeit, als uns der Kreisaufseher mit seiner Frau besuchte, leistete man uns Widerstand. Feinde des Königreiches wollten unserem Werk Einhalt gebieten, und vor den Augen des Kreisaufsehers steckten sie den Königreichssaal in Brand. Was war die Folge dieser Gegnerschaft? Wir sind jetzt sieben Verkündiger und versammeln uns in einem neuen Königreichssaal, den wir gebaut haben. Die Tätigkeit für das Königreich macht uns sehr glücklich, genauso wie alle unsere Brüder und Schwestern, die an anderen Orten dasselbe Werk verrichten.“

Kinder können viel dazu beitragen, daß andere Kinder ebenfalls die Wahrheit kennenlernen. In Australien wurde die neunjährige Linda von ihrer Lehrerin gebeten, sich neben Rebecca, die allein saß, zu setzen. Linda freundete sich mit Rebecca an und sprach mit ihr über das Königreich. Schließlich begann sie mit ihr ein Bibelstudium. Sie führte es in der Mittagspause durch und verwendete dabei das Buch Auf den Großen Lehrer hören. Beide sprachen dann mit einer anderen Schülerin, Ebony, und sie nahm ebenfalls am Studium teil. Später kam Sarah, eine weitere Schülerin, dazu und fragte, ob sie bei dem Spiel, das sie gerade spielten, mitmachen könne. Linda erklärte, daß es kein Spiel sei, sondern daß sie die Bibel studieren würden. So schloß auch Sarah sich ihnen an. Noch ein anderes Mädchen fragte, ob es sich am Studium beteiligen könne. Jetzt müssen die Mädchen manchmal zwei Gruppen bilden, um das Buch Auf den Großen Lehrer hören zu studieren; Linda nimmt sich der einen Gruppe an und Rebecca der anderen. Schließlich wurde die Lehrerin neugierig und wollte wissen, was da vor sich ging. Linda zeigte ihr also das Buch Auf den Großen Lehrer hören, und die Lehrerin erklärte sich mit dem, was die Mädchen taten, einverstanden.

Länder, in denen das Werk verboten ist

„Befreie mich von meinen Verfolgern, denn sie sind stärker als ich“, rief David zu Jehova, seinem Retter (Ps. 142:6). Auch heute erhofft sich Gottes Volk in den Ländern, in denen das Zeugniswerk eingeschränkt ist, Rettung von Jehova. Und er hört das Flehen seiner Diener und tröstet sie.

In einem Land in Asien hatten Jehovas Zeugen im vergangenen Dienstjahr, dem 15. Jahr unter Verbot, viel zu tun, und sie verspürten großen Segen. Es wurde eine neue Verkündigerhöchstzahl erreicht — eine neunprozentige Zunahme. Aber noch immer ist Vorsicht geboten. Eine Versammlung zum Beispiel kommt in der Wohnung eines Ältesten zusammen. Die Nachbarn begannen, sich ohne offensichtlichen Grund über das Abhalten der Zusammenkünfte zu ärgern. Sie warfen Backsteine und andere Steine auf das verzinkte Dach des Hauses. Einige Brüder, die bei der Zusammenkunft zugegen waren, wurden wütend und wollten sich die Täter vorknöpfen. Der Älteste konnte jedoch beruhigend auf die Brüder einreden und sie davon überzeugen, daß es besser ist, auf Jehovas Geist zu vertrauen, als Gewalt anzuwenden. Die Nachbarn, die direkt neben dem Ältesten wohnten, hoben an der Außenseite der Mauer, die sein Grundstück umgab, einen 1 m tiefen und 1⁄2 m breiten Graben aus in der Hoffnung, daß die Mauer einstürzen würde und deshalb keine Zusammenkünfte mehr stattfinden könnten. Der Älteste wartete geduldig auf Jehova. Etwa einen Monat später wurde der Mann, der alles angezettelt hatte, krank. Als er ins Krankenhaus fahren wollte, landete er plötzlich in dem Graben, der an der Mauer des Bruders ausgehoben worden war. Die Nachbarn halfen ihm zwar aus dieser mißlichen Lage heraus, aber niemand konnte etwas an seinem schlechten Gesundheitszustand ändern. Er wurde immer schwächer und starb kurz danach. Statt ihren Verfolgern mit gleicher Münze heimzuzahlen, waren die Brüder geduldig und machten die lehrreiche Erfahrung, daß Befreiung von Verfolgern auf unerwartete und ungewöhnliche Weise kommen kann.

In einem Land in Afrika werden Jehovas Zeugen von Angehörigen einer Jugendorganisation der Regierungspartei noch immer grausam behandelt, weil sie sich weigern, Parteikarten bei sich zu tragen. Die Verfolgung dauert nun seit 24 Jahren ununterbrochen an. In all den Jahren ist Jehovas Volk den obrigkeitlichen Gewalten untertan gewesen. Es hat sich ihnen gegenüber nie beleidigend verhalten oder versucht, Rache zu üben (Röm. 13:1).

Durch das standhafte Eintreten dieses Volkes für biblische Grundsätze hat es sich die Achtung einiger seiner Gegner verschafft. Ein Bruder wurde beispielsweise vor etwas mehr als einem Jahr festgenommen und ins Gefängnis gesteckt. Der verantwortliche Polizeibeamte sagte: „Endlich haben wir Sie!“ Die Polizei hatte zwar genau über seine theokratischen Aktivitäten Bescheid gewußt, hatte aber nichts gegen ihn unternommen, bis er mit einem Auto, das mit einer Menge biblischer Literatur beladen war, in einen Verkehrsunfall verwickelt wurde. An diesem Unfall war auch ein Polizeifahrzeug beteiligt. Obgleich der Bruder verurteilt wurde, behandelte man ihn im Gefängnis gut.

Der Bruder, der als Besitzer des Fahrzeugs eingetragen ist, mußte ebenfalls auf der Polizeiwache erscheinen. Er sollte erklären, wieso sein Fahrzeug mit sogenannter verbotener Literatur beladen war. Während des Verhörs stellte man ihm die Frage: „Sind Sie ein Zeuge Jehovas?“ Er antwortete: „Schon vor dem Verbot wurde ich ein Zeuge Jehovas. Seitdem habe ich meine Religion nicht gewechselt. Meine Familie und ich, wir beten zu Hause und stören niemand. Was ist nun Ihre Meinung?“ Erstaunlicherweise wurden alle Anklagen gegen ihn fallengelassen, und er durfte das Auto nach Hause fahren. In all den Jahren sind Jehovas Zeugen ihrem Gott treu geblieben. Jehova hat sie dafür mit Wachstum gesegnet und ihnen die Kraft verliehen, nicht aufzugeben.