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Besser schlafen

Besser schlafen

Besser schlafen

SCHLAFSTÖRUNGEN sind nichts Neues. Schon im 5. Jahrhundert v. u. Z. schrieb ein Diener am Hof des persischen Königs Ahasverus, dass den König eines Nachts ‘der Schlaf floh’ (Esther 6:1).

Heute können Millionen Menschen nicht gut schlafen. Laut dem brasilianischen Schlafspezialisten Rubens Reimão leiden schätzungsweise 35 Prozent der Weltbevölkerung an Insomnie. * Dr. David Rapoport vom Zentrum für Schlafstörungen der Universität New York bezeichnete Schlafstörungen als „eine der ernst zu nehmendsten Epidemien des ausgehenden Jahrhunderts“.

Was die Sache noch verschlimmert: Viele leiden an Insomnie, ohne zu wissen, warum. Nach Angaben von Forschern der Staatlichen Universität São Paulo wird bei nur 3 Prozent der Betroffenen überhaupt eine Diagnose gestellt. Viele meinen, schlecht zu schlafen gehöre nun mal zum Leben, und finden sich damit ab, tagsüber reizbar und schläfrig zu sein.

Das nächtliche Drama

Sich die ganze Nacht hin und her zu wälzen ohne ein Auge zuzutun, während alle anderen friedlich schlummern, ist äußerst unangenehm. Allerdings ist es nicht ungewöhnlich, vorübergehend schlecht zu schlafen. Meist sind Stress oder die normalen Höhen und Tiefen des Lebens im Spiel und nach einigen Tagen schläft man wieder normal. Werden Schlafstörungen jedoch chronisch, können emotionale oder körperliche Störungen vorliegen. Dann ist es wichtig, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. (Siehe oben.)

Möglicherweise leiden wir ebenfalls an einer Schlafstörung. Wenn wir mithilfe des Fragebogens auf Seite 9 feststellen sollten, dass wir tatsächlich Schlafstörungen haben, brauchen wir nicht zu verzweifeln. Wer akzeptiert, dass er Hilfe benötigt, hat den wichtigsten Schritt zur Heilung einer Schlafstörung schon getan. Laut dem brasilianischen Neurologen Geraldo Rizzo können 90 Prozent aller Insomniepatienten geheilt werden.

Entscheidend für die richtige Behandlung ist jedoch, die genaue Ursache der Schlafstörung herauszufinden. Mithilfe eines diagnostischen Verfahrens namens Polysomnographie konnten schon zahlreiche Schlafstörungen geheilt werden. (Siehe unten.)

Einer der häufigsten Gründe für chronische Schlafstörungen bei Erwachsenen ist Schnarchen. Wer jemals neben einem Schnarcher geschlafen hat, weiß, wie unangenehm das sein kann. Schnarchen kann ein Hinweis auf ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) sein, bei dem sich die Luftröhre vorübergehend schließt und keine Luft mehr in die Lunge gelangen kann. Zu den ersten Behandlungsschritten bei OSAS zählen Gewichtsabnahme sowie der Verzicht auf alkoholische Getränke und Muskelrelaxantia. Eventuell verschreibt der Facharzt spezielle Medikamente, eine intraorale Apparatur oder eine Atemhilfe. *

In schweren Fällen kann es notwendig sein, Rachen, Kiefer, Zunge oder Nase chirurgisch korrigieren zu lassen, damit die Atemluft leichter ein- und ausströmen kann.

Auch Kinder können an Schlaflosigkeit leiden. Die Anzeichen für Schlafmangel zeigen sich möglicherweise in der Schule. Doch schlechte Leistung, Reizbarkeit und mangelnde Konzentration können auch als Zeichen von Hyperaktivität gedeutet werden, was in diesem Fall nicht zutreffen würde.

Manche Kinder sträuben sich einzuschlafen. Lieber singen oder reden sie, oder sie lassen sich Geschichten erzählen — alles, um nur nicht schlafen zu müssen. Das kann einfach ein Trick sein, um von den Eltern beachtet zu werden. Manchmal haben Kinder aber auch Angst zu schlafen, weil sie immer wieder Alpträume haben, die durch Horrorfilme, Gewalt in den Nachrichten oder Streit in der Familie verursacht werden mögen. Eltern können derartigen Problemen vorbeugen, indem sie in ihrem Zuhause für eine friedliche und liebevolle Atmosphäre sorgen. Falls die Symptome nicht verschwinden, sollte man natürlich ärztliche Hilfe suchen. Für Kinder ist erholsamer Schlaf zweifellos genauso wichtig wie für Erwachsene.

Wie man gut schläft

Dass guter Schlaf nicht von ungefähr kommt, ist schon seit Jahrhunderten bekannt. Ob man gut schläft, hängt nicht nur davon ab, wie man mit Sorgen und Stress umgeht, sondern von einer ganzen Reihe weiterer Faktoren. Regeln und Verhaltensweisen, die einen guten Schlaf fördern, werden unter dem Begriff Schlafhygiene zusammengefasst.

Eine effektive Schlafhygiene hängt eng mit der Lebensführung zusammen. Das schließt ein, sich regelmäßig und zur richtigen Tageszeit Bewegung zu verschaffen. Etwas Sport am Morgen oder am Nachmittag kann dazu beitragen, auch wirklich müde zu sein, wenn man zu Bett geht. Vor dem Schlafengehen Sport zu treiben kann sich allerdings störend auswirken.

Auch spannende Filme oder fesselnde Bücher können stimulierend wirken. Vor dem Schlafengehen wäre es vielleicht besser, etwas Beruhigendes zu lesen, entspannende Musik zu hören oder ein warmes Bad zu nehmen.

Wie Fachleute sagen, kann man seinem Gehirn beibringen, das Bett mit Schlaf zu assoziieren, indem man sich nur dann hinlegt, wenn man wirklich vorhat zu schlafen. Wer im Bett isst, lernt, arbeitet, fernsieht oder Videospiele spielt, hat möglicherweise Schwierigkeiten einzuschlafen.

Den Körper auf eine gute Nachtruhe vorzubereiten schließt auch ein, auf seine Ernährung zu achten. Alkoholische Getränke können zwar schläfrig machen, aber auch die Schlafqualität beeinträchtigen. Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade und Kolagetränke wirken anregend und sollten abends gemieden werden. Ein wenig Mango, Süßkartoffeln, Banane, Persimone, Palmsalat, Reis, Bohnenkeimlinge oder Nüsse regen jedoch die Serotoninproduktion an und können daher schlaffördernd wirken. Noch ein Wort zur Vorsicht: Spätabends eine schwere Mahlzeit zu sich zu nehmen kann dem Schlaf genauso abträglich sein, wie mit leerem Magen zu Bett zu gehen.

Ebenso wichtig wie die Gewohnheiten vor dem Zu-Bett-Gehen ist die Umgebung, in der man schläft. Eine angenehme Temperatur, ein dunkles und ruhiges Zimmer sowie eine gute Matratze und bequemes Bettzeug sind gutem Schlaf förderlich. Bei so viel Komfort fällt das Aufstehen am Morgen allerdings nicht immer leicht. Doch auch am Wochenende gilt: Länger als nötig liegen zu bleiben, kann den Schlafrhythmus durcheinander bringen und den Schlaf in der nächsten Nacht erschweren.

Bestimmt würden wir keines unserer lebenswichtigen Organe absichtlich verletzen. Schlaf ist genauso lebenswichtig, er ist ein Teil unseres Lebens, der weder vernachlässigt noch unterschätzt werden sollte. Immerhin verbringen wir ein Drittel unseres Lebens schlafend. Können wir unsere Schlafgewohnheiten verbessern? Warum nicht gleich heute Abend damit beginnen?

[Fußnoten]

^ Abs. 3 Der Ausdruck Insomnie (Schlaflosigkeit) bezeichnet das Unvermögen, normal und ausreichend zu schlafen.

^ Abs. 9 Der Betreffende schläft mit einer kleinen Gesichtsmaske, über die ihm ein Luftstrom zugeführt wird. Die Maske ist über einen flexiblen Schlauch an einen Kompressor angeschlossen. Durch den Luftstrom werden die Atemwege offen gehalten, sodass der Patient normal atmen kann.

[Kasten/Bild auf Seite 8]

HAUPTURSACHEN VON SCHLAFSTÖRUNGEN

KÖRPERLICHE URSACHEN: Alzheimerkrankheit, Apnoe (Verschluss der oberen Luftwege während des Schlafs), Syndrom der unruhigen Beine, Parkinsonkrankheit, Periodic Limb Movement Disorder (periodische, von Aufwachen begleitete Bewegungen der Gliedmaßen), Asthma, Herz- und Verdauungsbeschwerden

PSYCHISCHE URSACHEN: Depressionen, Angstzustände, Panik, Zwangsneurosen, Posttraumatische Belastungsstörung

ÄUSSERE EINFLÜSSE: Licht, Lärm, Hitze, Kälte, unbequeme Matratze, unruhiger Ehepartner

WEITERE URSACHEN: Alkohol- und Drogenmissbrauch, Nebenwirkungen mancher Medikamente

[Kasten auf Seite 8]

DIE DIAGNOSE VON SCHLAFSTÖRUNGEN

Die Polysomnographie ist ein diagnostisches Verfahren. Während der Patient unter möglichst normalen Bedingungen schläft, werden verschiedene Messungen vorgenommen. Nachfolgend werden die wichtigsten für eine Beurteilung notwendigen Messungen vorgestellt.

▪ Elektroenzephalogramm (EEG): Messung der elektrischen Spannungsschwankungen im Gehirn, um Intensität und Dauer der verschiedenen Schlafphasen bestimmen zu können

▪ Elektrookulogramm: Aufzeichnung der während des REM-Schlafs beobachtbaren Augenbewegungen

▪ Elektromyogramm: Messung des Tonus der Kinn- und der Beinmuskulatur während des REM-Schlafs

▪ Elektrokardiogramm: Aufzeichnung der nächtlichen Herztätigkeit

▪ Bewegungen der Atemwege, Luftstrom: Messung des Luftstroms in Nase und Mund sowie der Bewegungen von Bauch und Brustkorb

▪ Oxyhämoglobin-Sättigung: Am Finger des Patienten wird mit einem so genannten Oximeter der Sauerstoffgehalt des Blutes gemessen

[Kasten auf Seite 9]

SCHLÄFRIGKEITSTEST

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass man in einer der unten aufgeführten Situationen einnickt? Der Gesamtwert ergibt sich aus der Summe der zutreffenden Zahlen.

0 Wahrscheinlichkeit einzunicken gleich null

1 Geringe Wahrscheinlichkeit einzunicken

2 Mittlere Wahrscheinlichkeit einzunicken

3 Hohe Wahrscheinlichkeit einzunicken

a Wenn man im Sitzen liest 0 1 2 3

b Beim Fernsehen 0 1 2 3

c Wenn man passiv in der Öffentlichkeit sitzt,

etwa im Theater oder bei einem Vortrag 0 1 2 3

d Als Beifahrer im Auto während einer einstündigen

Fahrt 0 1 2 3

e Wenn man nach dem Mittagessen

(ohne Alkohol) ruhig dasitzt 0 1 2 3

f Wenn man sich nachmittags hingelegt hat,

um sich auszuruhen 0 1 2 3

g Wenn man sich im Sitzen unterhält 0 1 2 3

h Wenn man im Stau steht 0 1 2 3

Gesamtwert: ․․․․․․․․․․

Auswertung:

1 bis 6: kein Grund zur Sorge

7 bis 8: noch durchschnittlich

9 und mehr: ratsam, den Arzt aufzusuchen

[Nachweis]

Basiert auf der Epworth-Schläfrigkeits-Skala der Stanford University (Kalifornien, USA)

[Bild auf Seite 7]

Schlafmangel kann gefährlich sein

[Bilder auf Seite 10]

Bewegung, etwas Lektüre und ein kleiner Imbiss können die Schlafqualität verbessern