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Teetrinken auf chinesische Art

Teetrinken auf chinesische Art

Teetrinken auf chinesische Art

WIE hättest du gern deinen Tee? In Großbritannien, wo ich aufgewachsen bin, trinkt man ihn kräftig-aromatisch mit Milch und zuweilen auch mit Zucker. Wir nahmen Mutter immer etwas hoch und sagten: „In deinem Tee kann ja der Löffel stehen.“ Den schwarzen Tee, den sie zubereitete, nannten wir indischen Tee, weil er aus Indien oder Sri Lanka stammte. Aber wir hatten auch eine Teebüchse mit Chinatee. Das war auch schwarzer Tee, schmeckte aber anders. Ich konnte mich überhaupt nicht für Tee erwärmen, wenngleich Mutter mir immer ein bisschen in meine Milch tat.

Später lernte ich eine ganz andere Art Tee kennen. Ein japanischer Freund lud mich zum Tee ein. Er servierte einen blassgrünen Tee in Schälchen, der ganz anders schmeckte als der, den ich kannte. Diesen Tee mochte ich! Als meine Begleiterin um Milch und Zucker bat, reagierte unser Gastgeber etwas erstaunt. Er erklärte, es sei nicht üblich, japanischen Tee auf diese Weise zu trinken. Später lebte ich in Japan und war begeistert, dass Freunden und Besuchern immer reichlich japanischer Tee gereicht wurde.

Als ich nach Taiwan zog, fragte ich mich, ob wohl Tee, wie meine Mutter ihn zubereitete, auch bei der Mehrheit der Chinesen auf Taiwan beliebt sein würde. Wie froh war ich, dass auch hier grüner Tee getrunken wurde, wenn er sich geschmacklich auch etwas von dem in Japan unterschied. Eine völlig andere Geschmacksnote weist Oolongtee auf, der auch sehr populär ist. Vielleicht interessiert es den einen oder anderen, wie diese drei völlig unterschiedlichen Teesorten produziert werden und wieso sie sich im Geschmack stark unterscheiden.

Ursprung des Tees

Der Teestrauch, bekannt unter dem Namen Camellia sinensis, wächst in Japan und China wild. Ein Teebaum kann bis zu 9 Meter hoch werden. Bei dem wunderschönen Kamelienstrauch (Camellia japonicus) mit seinen dunkelgrünen, glänzenden Blättern und den herrlichen rosafarbenen, roten und weißen Blüten handelt es sich, wie schon der lateinische Name verrät, um einen engen Verwandten des Tees. Der chinesische Name für Kamelie ist übrigens cha hua und bedeutet Teeblume.

Doch woher kommt eigentlich der Tee, den wir kennen? Gemäß der Encyclopedia Americana erscheint die erste zuverlässige Angabe in der Biografie eines chinesischen Beamten, der 273 u. Z. starb. Allerdings ist schon in einem Werk von Konfuzius (551 bis 479 v. u. Z.) von einer Pflanze die Rede, die man für Tee hält. In der englischen Sprache wurde Tee erstmals 1615 von R. Wickham, einem Vertreter der englischen Ostindischen Kompanie, erwähnt. Thomas Garway kaufte Mitte des 18. Jahrhunderts beträchtliche Mengen Tee ein. Er war Besitzer eines Londoner Kaffeehauses, das später als „Garraway’s“ bekannt wurde.

In seiner kultivierten Form wird Tee in vielen Ländern der Erde angebaut. Die Holländer brachten ihn 1826 nach Java und die Engländer, berühmte Teeliebhaber, führten ihn etwa um 1836 in Indien ein. Als in den 1870er Jahren dann ein Pilz fast alle Kaffeepflanzen Sri Lankas vernichtete, pflanzte man ersatzweise Teesträucher.

Teeanbau in Taiwan

Die Insel Taiwan, obwohl nicht groß, hat sich zu einem bedeutenden Teeproduzenten entwickelt. Das Hochland um Nantou ist besonders bekannt, denn in den hohen Lagen werden Spitzentees angebaut. Machen wir einfach einen Rundgang durch ein Teeanbaugebiet in der herrlich grünen Berglandschaft.

Wir besuchen eine bäuerliche Genossenschaft in LuGu (Tal der Rehe), wo es ein Teemuseum gibt. Dass sowohl Oolongtee als auch grüner Tee vor dem Trocknen gerollt wird, überrascht uns. Früher wurde Tee in einen Sack gefüllt und mit den Füßen gerollt. Heutzutage wird dieser Vorgang natürlich von Maschinen erledigt. Jetzt verstehen wir auch, wie sich eine kleine Menge Chinatee unter Einwirkung heißen Wassers sozusagen entrollt und eine Teekanne füllt. Aber als wir hören, wie teuer guter Tee ist, kommen wir aus dem Staunen kaum heraus! Man reicht uns einen köstlichen Oolongtee, der für 35 Euro das Pfund verkauft wird. Für einen teureren Tee muss man möglicherweise 45 Euro zahlen und für einen preisgekrönten Tee werden auf einer Teeauktion unter Umständen bis zu 1 100 Euro für ein Pfund geboten.

Teevielfalt

Für die meisten westlichen Teetrinker ist schwarzer Tee immer noch der beliebteste. Fernöstliche Teetrinker bezeichnen ihn wegen der Farbe als roten Tee. Dieser Tee entsteht wie folgt: Man lässt die Blätter nach dem Welken und Rollen voll fermentieren. Anschließend werden sie getrocknet.

Für den äußerst beliebten Oolongtee wird das Pflückgut auf großen tablettähnlichen Körben ausgebreitet, wo es auf natürliche Weise fermentiert. Wenn der gewünschte Fermentierungsgrad erreicht ist, wird das Blattgut in Pfannen bei zirka 120 Grad überbrüht, wodurch die Fermentation abgebrochen wird. Der köstliche Tee wird ohne Zusatz von Zucker, Milch oder Zitrone getrunken.

Grüntee wird, wenn überhaupt, nur ganz wenig fermentiert. In Japan, Indien und Sri Lanka wird das Blattgut über Dampf keimfrei gemacht, um das Fermentieren auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Die Chinesen hingegen erreichen das Gleiche mit trockener Hitze. Grüner Tee wird so genossen, wie er aus der Kanne kommt.

Tee trinken wie die Chinesen

Wir sind bei der Familie Tsai zum Tee eingeladen. Der große Tisch besteht aus einer dicken Scheibe eines stattlichen Baumstumpfs, die auf Hochglanz poliert wurde. Vor unserem Gastgeber steht ein Tablett mit einer Warmhalteplatte und einem Kessel. „Seltsam“, denken wir, „die Teekanne ist nur etwa 7 Zentimeter hoch und zwei verschiedene Schalen stehen daneben.“ Wir wundern uns zwar, erfahren aber schon bald den Grund dafür. Kochend heißes Wasser wird über Teekanne und Schalen gegossen und läuft durch die Löcher des Tabletts ab. Dann gibt man eine entsprechende Menge Teeblätter in die Kanne, sodass der Boden bedeckt ist, und heißes Wasser kommt hinein. Dieses Wasser wird abgegossen und weggeschüttet. Das sei nötig, um die Teeblätter zu reinigen und das Aroma zur Entfaltung zu bringen, erklärt unser Gastgeber.

Jetzt wird wieder heißes Wasser in die Kanne gefüllt. Und nachdem der Tee fast eine Minute gezogen hat, schüttet unser Gastgeber den gesamten Inhalt der Teekanne in ein Servierkännchen und füllt den kochend heißen Tee in hohe zylindrische Duftbecher (2 12 Zentimeter Durchmesser). Dann stülpt er jeweils ein Schälchen über einen Duftbecher und dreht das Ganze um, sodass sich der Tee nun in den Schälchen befindet. Jetzt fordert er uns auf, einen leeren Duftbecher in die Hand zu nehmen und das Aroma zu genießen. „Welch ein Duft!“, schwärmen wir.

Ganz vorsichtig fassen wir ein Schälchen am oberen Rand — sie sind ja henkellos und heiß — und nehmen einen Schluck. „Wirklich köstlich!“, rufen wir aus. Jetzt ist uns klar, dass bei den Chinesen sowohl der Duft als auch der Geschmack eine Rolle spielen. Sobald eine Teeschale geleert ist, wird nachgeschenkt — immer und immer wieder. Nach dem sechsten oder siebten Aufguss lässt das Aroma nach und Herr Tsai wirft die Teeblätter weg. „Hätten Sie Lust, eine andere Sorte zu probieren?“, fragt er. Aber es ist fast Zeit, schlafen zu gehen, und so lehnen wir höflich ab. Tee enthält bekanntlich Koffein und kann daher ziemlich anregend sein. Nach mehreren Schälchen dieses erstklassigen Oolongtees kann es mit dem Einschlafen schon Probleme geben.

Tee in einem Teehaus

In einem Teehaus oder einer Teestube waren wir noch nie und beschließen, ein solches Tee-Erlebnis nachzuholen. Manchen Teehäusern ist ein bezaubernder Garten angeschlossen, in dem Gäste ihren Tee genießen können. Andere Teehäuser liegen eingebettet in einer malerischen Berglandschaft, was den Teegenuss noch erhöht.

Wir fahren auf einen der Berge in der Umgebung von Taipeh, wo wir unseren Tee in einem hübschen Teehaus mit echt chinesischer Atmosphäre trinken wollen. Im zweiten Stock ist ein schmaler Bach angelegt, in dem Goldfische schwimmen. Auf Trittsteinen gelangen wir zu einem kleinen Pavillon, wo wir unseren Tee serviert bekommen. Was gibt es dazu? Wir können wählen zwischen einem süßen Bohnengebäck (rote oder weiße Bohnen, in Zucker zerdrückt), Melonenkernen, Tofu (Sojaquark), Reiskuchen oder eingelegten beziehungsweise getrockneten Früchten. Wir entscheiden uns für Melonenkerne, getrocknete Mangostücke und eingelegte Pflaumen in Teeblättern. Die süßen Snacks passen gut zum Aroma des Tees. Während der Tee eingegossen wird, stellen wir uns vor, wie es im alten China zugegangen sein mag.

Vorteile des Teetrinkens

Nach Ansicht vieler Chinesen ist eine Tasse Tee zum Essen oder danach verdauungsfördernd. Das soll — so wird jedenfalls behauptet — bis zu einem gewissen Grad eine Gewichtszunahme verhindern. Wenn das zutrifft, wäre es bestimmt zu begrüßen. Nach unlängst durchgeführten Untersuchungen soll grüner Tee sogar das Krebsrisiko verringern. Ein anderer Vorteil, der sich beim Genuss von Oolong- und Grüntee ergibt, ist sein reiner Nachgeschmack — angenehm und mild.

Und noch einmal fragen wir: „Wie hättest du gern deinen Tee?“ Nachdem wir jetzt einiges über das Thema erfahren haben, fällt die Antwort nicht unbedingt leicht. Warum nicht einmal nach Art der Chinesen Tee trinken! (Erbetener Beitrag.)

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Oolongtee

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Frauen beim Teepflücken

[Bildnachweis]

Taiwan Tourism Bureau